Griechenland Brände als Anlass für rechte Hetze gegen Migranten
Vielerorts in Griechenland wüten weiterhin Feuer. Im Land kursieren Gerüchte, dass Migranten Schuld an den Bränden seien. Beweise dafür gibt es nicht. Doch rechte Gruppen hetzen gegen Geflüchtete.
Das Video ist menschenverachtend. Aufgenommen wurde es von einem Pick-Up-Fahrer im Nordosten Griechenlands, nahe der türkischen Grenze. Dort, wo die Wälder seit fast einer Woche in Flammen stehen. Er geht um sein Fahrzeug herum. Hinten an dem Auto hängt ein länglicher grauer Anhänger mit Tür.
"25 Stück hab ich hier in meinem Anhänger", sagt er, als ob es sich um Vieh handle. Als sich die Tür öffnet, fällt der Blick auf zwei der festgehaltenen Migranten. Einer blickt verängstigt nach draußen. "Die werden uns alle verbrennen!", ruft der Urheber des Videos. Der ganze Berg sei voll. Dann ruft er dazu auf, sich zu organisieren und alle Migranten zusammenzutreiben.
In den Wäldern im Nordosten Griechenlands, unter anderem im Dadia-Nationalpark, verstecken sich immer wieder Migranten, die illegal über die Türkei nach Griechenland gekommen sind. Auch die 18 Toten, die am Dienstag gefunden worden sind, waren höchstwahrscheinlich Geflüchtete. Wie viele sich im Wald aufgehalten haben, als die Feuer am Montag ausgebrochen sind, ist nicht bekannt.
Keinerlei Beweise
Im Gegensatz zur Darstellung rechter Gruppen gibt es keinerlei Beweise dafür, dass Migranten an den Waldbränden Schuld sein könnten. Stattdessen gehen die Behörden von Blitzeinschlägen als Ursache aus. Der Wald-Beauftragte der griechischen Regierung, Evangelos Goudoufas, sagt: "Was den Dadia-Nationalpark betrifft, so will ich nochmal auf die Bedingungen eingehen, unter denen das Feuer ausgebrochen ist. Ich betone: Es hat an einem Ort begonnen, an dem es keinerlei menschlichen Aktivitäten gab."
Zu dem Zeitpunkt hat ein lokaler TV-Sender allerdings schon anders berichtet: Nämlich, dass die Polizei zwei Migranten wegen Brandstiftung festgenommen habe. Eine Falschmeldung, wie sich später herausstellt - die aber bereits in der Welt ist.
Der Urheber des Videos ist festgenommen worden. Aber rechte Gruppen nutzen den Moment und machen weiter Stimmung. Über den Kurznachrichten-Dienst Viber rufen sie dazu auf, rauszufahren und "alle zu verprügeln". Man solle die Migranten nicht der Polizei übergeben, sonst würden sie freigelassen und die Arbeit sei umsonst.
Kyriakos Velopoulos sitzt mit seiner rechten Partei "Griechische Lösung" im Parlament. Im Zuge der Brände ruft er jetzt dazu auf, Milizen zu bilden. Jeder Bürger habe das Recht, sein Zuhause zu verteidigen.
Brandstiftung spielt eine Rolle
Auch bei Athen wird im Rahmen der Brände Stimmung gegen Minderheiten gemacht. Westlich der Stadt hat ein Industriegebiet gebrannt. Der Bürgermeister der Gemeinde, Nikos Meletiou, glaubt zu wissen, wer Schuld ist: "Ich will Ihnen nicht vorenthalten, was mir ein Bürger erzählt hat: Er hat Roma dabei beobachtet, wie sie Autoreifen und Kabel verbrannt haben." Beweise gibt es keine.
Zur Wahrheit gehört auch: Bei den mehr als 200 Feuern der vergangenen Tage gab es immer wieder den Verdacht der Brandstiftung - und Festnahmen. Gerade erst wurde bei einem Feuer auf der Halbinsel Chalkidiki ein 48-jähriger Grieche festgenommen, der schon öfter als Brandstifter aufgefallen war.
Auch bei dem großen Brand unmittelbar am westlichen Stadtrand Athens könnte Brandstiftung eine Rolle gespielt haben. Der Minister für Klima- und Bürgerschutz, Vassilis Kikilias, spricht von neun Brandversuchen am Hausberg Parnitha, der grünen Lunge der Stadt. Ein silberfarbenes, landwirtschaftliches Fahrzeug stehe in Zusammenhang damit.
"Feuerwehr, Polizei und griechischer Geheimdienst werden auf jeden Fall alles tun, um die Brandstifter zu verhaften", so Kikilias. Die Taten sind aber meist schwer nachzuweisen. In den meisten Fällen bleibt unklar, ob Brandstifter Bauland gewinnen wollten, einfach nur unachtsam oder notorische Zündler waren.