Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Bei Ukraine-Hilfen "aufs Ganze gehen"
Für Christoph Heusgen geht der Westen bei der militärischen Unterstützung für die Ukraine nicht weit genug. Der Krieg gegen das Land fußt aus Sicht des Chefs der Münchner Sicherheitskonferenz auf einer Fehleinschätzung Putins.
Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat die westlichen Staaten aufgefordert, ihre militärische Unterstützung für die Ukraine auszubauen. In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" kritisierte der frühere Berater von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel die bisherigen Rüstungshilfen als "zu zögerlich".
In dem Beitrag sprach Heusgen von einem "gegenwärtigen Niveau schrittweiser und zögerlicher militärischer Unterstützung". Diese könne aber nur ein "Patt auf dem Schlachtfeld bewirken". Stattdessen müsse der Westen bei seiner militärischen Hilfe "aufs Ganze gehen". Die Ukraine brauche "Panzer, Raketen längerer Reichweite und Kampfflugzeuge", mahnte der Vorsitzende der Sicherheitskonferenz.
Den Gastbeitrag verfasste er zusammen mit James Jones, dem ehemaligen Berater des früheren US-Präsidenten Barack Obama, dem früheren NATO-Oberbefehlshaber für Transformation und französischen Militär-Berater Stéphane Abrial sowie dem italienischen Ex-Berater Stefano Stefanini und Simon McDonald, Ex-Staatssekretär im britischen Außenministerium.
Polen geht bei Kampfjet-Lieferung voran
Die ukrainische Regierung unter Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt vor allem auf die Lieferung von Kampfjets immer vehementer gedrängt.
In der EU kam der Vorstoß von Polen, das am vergangenen Donnerstag bei der Bundesregierung die Zustimmung beantragte, die einst von der Bundesrepublik erhaltenen "MiG 29"-Kampfjets an die Ukraine liefern zu dürfen. Insgesamt will Polen der Ukraine "seine gesamte Flotte" dieser Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen. Deutschland stimmte noch am selben Tag der Auslieferung zu.
Sieg der Ukraine keinesfalls vorprogrammiert
Eine umfassendere Unterstützung des Westens durch Rüstungslieferung sei für die Ukraine notwendig, "um im Verbund dieser Waffensysteme eine erfolgreiche Gegenoffensive zu unternehmen, die den Weg frei macht zu einem ukrainischen Sieg und erfolgreichen Verhandlungen für einen Frieden zu akzeptablen Bedingungen", heißt es im "Tagesspiegel"-Gastbeitrag weiter.
Heusgen warnte, ein Sieg der Ukraine sei keinesfalls vorprogrammiert. Und auch wenn westliche Staaten bereits "beeindruckende Schritte" gegangen sei, um der Ukraine um Kampf gegen den russischen Angriffskrieg zu helfen, sei jetzt nicht der Moment für "Selbstzufriedenheit".
Putin "hätte sich nicht mehr täuschen können"
Der Krieg gegen die Ukraine dauert seit mehr als einem Jahr an. Aus Sicht Heusgens habe der russische Präsident Wladimir Putin bei seiner damaligen Entscheidung für die Invasion alle Aspekte des Kriegs falsch eingeschätzt:
Er glaubte, seine Armee sei stark, China zu hundert Prozent hinter ihm, die Ukraine schwach und der Westen gespalten. Er hätte sich nicht mehr täuschen können.
Nun stütze sich Putin auf die Hoffnung, die eigene Entschlossenheit sei "stärker als die seiner Gegner" und dass er "einen Zermürbungskrieg gewinnen kann". Heusgen mahnte: "Wir müssen ihm erneut beweisen, dass er falsch liegt."