Krönung von König Charles III. Auch Gegenwind zum Jahrestag
Vor einem Jahr wurde der britische König Charles III. gekrönt. Für viele ist das Grund zum Feiern, einige machen zu diesem Anlass aber ihrem Unmut Luft. Denn trotz aller Tradition gibt es auch Kritik an der Monarchie.
Am Sonntagnachmittag wurde auf dem Trafalgar Square mitten in London an den ersten Jahrestag der Krönung von King Charles erinnert: "Not my King!", ruft die Menge, "Nicht mein König!"
Die Organisation "Republic" möchte die Monarchie abschaffen und am Tag vor dem Krönungsdatum von nun an jedes Jahr den "Republic Day", den Tag der Republik, begehen. Unter dem Jubel von ein paar Hundert Menschen in gelben T-Shirts mit dem Aufdruck "Not my King", fordert "Republic"-Gründer Graham Smith die Abschaffung einer "verrotteten, desolaten Einrichtung", wie er sie nennt.
Abstimmen über die Monarchie
Demonstrantin Kelly hat selbst ein Plakat gemalt. Darauf kritisiert sie, dass König Charles sich nie einer Wahl stellen musste. Dass viele Menschen, auch angesichts der Krebserkrankungen von Charles und dessen Schwiegertochter Kate, gerade mit dem Königshaus sympathisieren, kann sie nachvollziehen. Jeder wünsche den beiden persönlich und gesundheitlich alles Gute, erklärt sie sie. Aber es gehe darum, die Royals nicht mehr finanzieren zu wollen.
Mit dabei ist auch Ken. Er ist extra aus Nordengland angereist und verteilt Handzettel, welche die Intransparenz der Monarchie anprangern. Er engagiert sich seit dem Tod von Königin Elizabeth bei "Republic" und wünscht sich eine Volksabstimmung über die Verfassung seines Landes:
"Ich weiß, seit dem Brexit ist das Wort Referendum etwas verpönt, aber wir müssen das Volk darüber entscheiden lassen. Wir beobachten in den vergangenen Jahren immer mehr Unterstützung für unsere Sache, die Menschen stellen die Monarchie in Frage, ihre Einstellung verändert sich", erzählt Ken.
"Not my King!" - oder doch?
Die überschaubare Truppe, die sich auf dem Trafalgar Square versammelt hat, deutet allerdings nicht unbedingt darauf hin. Und die konservative "Mail on Sunday" präsentiert zum Krönungsjubiläum auf der Titelseite eine repräsentative Umfrage: "Poll Boost for Charles" - Beliebtheit des Königs gestiegen. Nur ein Viertel der Briten wollen demnach eine Republik.
Und 56 Prozent der Befragten finden, Charles mache einen guten Job. Das sind sieben Prozentpunkte mehr, als bei der Krönung vor einem Jahr. Durch den offenen Umgang mit seiner Krebsdiagnose habe Charles eine Verbindung zu den Britinnen und Briten aufgebaut, meint auch Königshausexperte Chris Ship von Channel 4 im ARD-Interview: "Es passiert nicht oft, dass ein 75-jähriger König sich als jemand von einer neuen Generation zeigt."
Charles und Camilla würden vieles anders machen, als noch seine Mutter Königin Elizabeth und ihr Mann Prinz Philip, erklärt Ship weiter. Das Sprechen über seine Prostata-Operation und über seine Krebsdiagnose brächte Charles viel Sympathie - auch dafür, dass er als 75-Jähriger trotz Krebsbehandlung auch so gut es geht arbeitet.
Traditionelle Feierlichkeiten
Zur Erinnerung an die Krönungszeremonie vor einem Jahr in der Westminster Abbey hatten Charles und Camilla schon vergangene Woche die sogenannte "Coronation Roll" gezeigt bekommen. Dieses offizielle Protokoll der Krönung ist 21 Meter lang, besteht aus rund 11.600 handgeschriebenen Wörtern und wirkt auf den ersten Blick wie eine riesige Tapetenrolle. Eine Kalligrafin hatte 56 Tage daran gearbeitet.
Charles zeigte sich bei der Präsentation von der Länge und der Kunstfertigkeit beeindruckt und Camilla scherzte, sie brauche ihre Brille, um den Text lesen zu können. Charles entgegnete: "Wenigstens ist es auf Englisch." Früher war der Text in Latein oder Französisch verfasst worden. Das Papier wird künftig im Nationalarchiv aufbewahrt.