Sabotage-Vorwürfe Russischer FSB nimmt Deutschen in Kaliningrad fest
Mit Flüssigsprengstoff im Auto soll ein Deutscher über Polen ins russische Kaliningrad gereist sein. Russland wirft dem Mann vor, er habe im Auftrag eines Ukrainers gehandelt und schon im März einen Anschlag verübt.
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat in Kaliningrad einen deutschen Staatsbürger wegen angeblich geplanter Sabotageakte festgenommen. Es handele sich um den 1967 geborenen Nikolai G. aus Hamburg, meldeten russische Nachrichtenagenturen. Bei der Einreise aus Polen in die russische Exklave an der Ostsee sei in seinem Auto ein halber Liter Flüssigsprengstoff sichergestellt worden.
Den Auftrag für einen Anschlag habe Nikolai G. von einem Ukrainer erhalten, der ebenfalls in Hamburg lebe, meldete die Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Der Festgenommene stehe auch unter Verdacht, schon im März dieses Jahres einen Sprengstoffanschlag auf eine Gasverteilerstation im Gebiet Kaliningrad verübt zu haben. Die Angaben der russischen Behörden lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Auswärtiges Amt bestätigt Festnahme
Das Auswärtige Amt bestätigte, dass ein deutscher Staatsangehöriger festgenommen wurde. "Der Fall ist uns bekannt", sagte eine Ministeriumssprecherin.
Anders, als die russischen Medienberichte suggerieren würden, sei die Festnahme jedoch nicht erst kürzlich erfolgt. Die Festnahme habe bereits im Oktober stattgefunden. Das Generalkonsulat habe der Person konsularischen Beistand und Betreuung angeboten.
Vernehmungsvideo soll Nikolai G. zeigen
Nikolai G. sitzt nun in Untersuchungshaft, gegen ihn wird wegen Terrorismus und Schmuggel ermittelt. Das russische Staatsfernsehen strahlte inzwischen ein Video aus, das die Festnahme und die Vernehmung des Festgenommenen zeigen soll. Er wird darin mit vollem Namen genannt und ohne Verpixelung gezeigt.
Demnach soll Nikolai G. einen Anschlag auf Energieanlagen in Kaliningrad geplant haben. Im Vernehmungsvideo gesteht er zudem die Vorwürfe, er habe Anfang des Jahres einen weiteren Anschlag ausgeführt. Russland wird von westlichen Staaten und Menschenrechtsorganisationen immer wieder vorgeworfen, solche Geständnisse entstünden unter Zwang.
Westen wirft Russland "Geiselnahmen" vor
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022 häufen sich in Russland Festnahmen wegen "Sabotage", "Verrat" und "Terrorismus" - sowohl von russischen Staatsbürger als auch von Menschen aus westlichen Ländern. In den vergangenen Jahren wurden mehrfach westliche Staatsbürger, insbesondere aus den USA, festgenommen und mit schweren Anschuldigungen konfrontiert. Die US-Regierung wertete das als Geiselnahmen mit dem Ziel, im Ausland inhaftierte Russen frei zu bekommen.
Im August dieses Jahres kam es zwischen Russland und mehreren westlichen Ländern zum größten Gefangenenaustausch seit dem Ende des Kalten Krieges. Zu den Freigelassen zählten neben zwei wegen angeblicher Spionage verurteilten US-Amerikanern - dem Journalisten Evan Gershkovich und dem früheren Marinesoldaten Paul Whelan - auch der im mit Russland verbündeten Belarus zuerst zum Tode verurteilte und dann begnadigte Deutsche Rico K.
Im Gegenzug wurde Russland unter anderem der sogenannte Tiergartenmörder Wadim Krassikow übergeben, der 2019 in der Berliner Parkanlage Kleiner Tiergarten einen Georgier ermordet hatte. Vor zwei Jahren kehrten nach einem anderen Austausch die US-Basketballspielerin Brittney Griner und der russische Waffenhänlder Viktor But in ihre Heimatländer zurück.
Spannungen rund um die Ostsee-Exklave
Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen den NATO- und EU-Mitgliedern Litauen und Polen und hat keine direkte Landverbindung nach Russland.
Die Spannungen rund um Kaliningrad sind aufgrund des russischen Krieges gegen die Ukraine hoch: Der russische Geheimdienst hat in der Exklave mehrmals Festnahmen wegen angeblich Sabotage gemeldet. Zu Beginn des Krieges hatte Litauen vorübergehend die Handelsroute zwischen Belarus und Kaliningrad für manche Güter blockiert. Westliche Länder werfen Russland zudem vor, das Gebiet als Basis für Spionageaktionen zu benutzen.