Koalitionssuche in Österreich ÖVP nimmt FPÖ-Einladung zu Gesprächen an
Wie geht es weiter in Österreich? Der Interims-Chef der ÖVP, Stocker, will mit der FPÖ verhandeln. Er stellt dafür jedoch Bedingungen: Die Rechtsnationalen müssten sich zuerst zur EU bekennen - und gegen Einflussnahme aus dem Ausland.
Noch vor einer Woche schien das in Österreich ausgeschlossen: Koalitionsverhandlungen zwischen der in Teilen rechtsextremen FPÖ und der konservativen ÖVP, um eine Regierung unter einem FPÖ-Kanzler Herbert Kickl zu bilden. Die ÖVP lehnte das zuvor vehement ab. Doch nachdem die Verhandlungen mit anderen Parteien gescheitert sind, erklärten sich die Konservativen zu einem Treffen mit der rechtsnationalen Partei bereit.
"Ich wurde zu einem Gespräch eingeladen, ich werde dieses Gespräch auch führen", sagte der geschäftsführende ÖVP-Chef Christian Stocker in Wien nachdem sich der Parteivorstand für Verhandlungen aussprach.
Stocker hatte nach dem Rücktritt von Kanzler Karl Nehammer die Parteiführung als Interim-Chef übernommen. Nehammer lehnte bis zuletzt eine Koalition mit der FPÖ entschieden ab.
ÖVP stellt Bedingungen - die FPÖ auch
Die Vorbehalte bei den Konservativen sind weiterhin groß. Die Partei stellt Bedingungen: So müssten vor weiterführenden Treffen wichtige politische Eckpfeiler vereinbart werden, sagte ÖVP-Chef Stocker. Wichtig sei die "Souveränität Österreichs statt Einflussnahme aus dem Ausland, Partnerschaft in Europa statt Abschottung". "Wir wollen keine Abhängigkeit, insbesondere auch nicht von der russischen Föderation." Es brauche zudem das klare Bekenntnis zur EU, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Pressefreiheit.
"Es muss ehrlich beantwortet werden, ob wir ein konstruktiver und verlässlicher Teil der Europäischen Union sein wollen oder das Gegenteil", sagte Stocker. Es müsse auch deutlich werden, ob sich Österreich an der freien Welt orientiere oder an Diktaturen, sagte der neue ÖVP-Chef mit Blick auf die Russland-Nähe der FPÖ und die äußerst skeptische Haltung der Rechtsnationalen gegenüber der EU.
Auch die FPÖ stellte Bedingungen. Die ÖVP müsse sein Credo von einer "ehrlichen Politik" teilen, sagte Kickl am Dienstag. "Keine Spielchen, keine Tricks, keine Sabotage, keine Quertreiberei", warnte er. Außerdem wollte er von der ÖVP ein Eingeständnis. Die Partei müsse zugeben, dass sie an der wirtschaftlich schwierigen Lage schuld sei. Der ÖVP-Politiker Stocker erwiderte nun, er halte nichts von solchen "Demütigungs-Ritualen". Wann die erste Gesprächsrunde beginnen soll, ist bislang nicht bekannt.
Gute Ausgangsposition für FPÖ
Die österreichische Parlamentswahl vor rund 100 Tagen hatte die FPÖ mit knapp 29 Prozent vor der ÖVP mit etwa 26 Prozent gewonnen. Der Auftragung zur Regierungsbildung ging dennoch zunächst an die SPÖ. Darauf folgende Bündnisgespräche zwischen ÖVP, SPÖ und liberalen Neos sowie zwischen ÖVP und SPÖ waren jedoch jüngst gescheitert. Anfang der Woche erteilte Bundespräsident Alexander Van der Bellen dann der in Teilen rechtsextremen FPÖ den Auftrag zur Regierungsbildung.
Die FPÖ hat bei den bevorstehenden Gesprächen eine sehr gute Ausgangsposition. Laut Umfragen müsste sie im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen eine Neuwahl nicht fürchten. Umfragen zufolge kämen die Rechtspopulisten auf 35 Prozent, die ÖVP jedoch nur noch auf 20 Prozent. Trotz dieser Aussichten erklärte Stocker, dass sich die Österreichische Volkspartei nicht vor Wahlen fürchte.
Schallenberg übernimmt Geschäfte des Kanzlers
Noch ist Nehammer Kanzler. Am Freitag übernimmt dann offiziell der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg übergangsweise das Amt, wie das Büro von Bundespräsident Van der Bellen erklärte. An einer möglichen FPÖ-geführten Regierung will sich Schallenberg allerdings nicht beteiligen.