Mögliche Koalitionsgespräche Kickl bietet ÖVP die "ausgestreckte Hand"
Nach dem Auftrag zur Regierungsbildung durch Bundespräsident Van der Bellen kann sich FPÖ-Chef Kickl Koalitionsgespräche mit der ÖVP vorstellen. Dafür stellt er den Konservativen allerdings Bedingungen.
Für die Regierungsbildung in Österreich will der rechtsnationale FPÖ-Chef Herbert Kickl in Verhandlungen mit der konservativen ÖVP gehen. "Es ist meine Absicht, dem Parteipräsidium vorzuschlagen, mit der ÖVP in Verhandlungen einzutreten", sagte Kickl bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem Auftrag zur Regierungsbildung. Er halte für die ÖVP die Hand "ausgestreckt".
Sollte das FPÖ-Parteipräsidium am Abend grünes Licht geben, werde er Kontakt mit der ÖVP-Spitze aufnehmen, sagte Kickl. "Es werden dann in einem ersten Schritt Gespräche im sehr, sehr kleinen Rahmen sein, um grundsätzliche Bedingungen und Voraussetzungen und Stoßrichtungen abzustecken", fuhr er fort. "Wir brauchen rasche Klarheit, ob eine solche Koalition des neuen Typus machbar ist oder nicht mit der ÖVP."
Kickl stellte für die absehbaren Koalitionsverhandlungen zentrale Bedingungen. Die ÖVP müsse sein Credo von einer "ehrlichen Politik" teilen, sagte der Rechtspopulist. "Keine Spielchen, keine Tricks, keine Sabotage, keine Quertreiberei", warnte er in Richtung der ÖVP. Diese zeigte sich inzwischen offen für Gespräche über eine Regierungsbildung mit der FPÖ.
FPÖ schließt Neuwahlen nicht aus
Der FPÖ-Chef sagte, es gelte, das Vertrauen der Menschen in die Politik generell wieder herzustellen. Sollte die ÖVP seinen Kriterien nicht folgen, drohte er unverhohlen mit Neuwahlen: "Wir sind dafür gerüstet." Die Rechtspopulisten haben laut Umfragen ihren Abstand zu ÖVP und sozialdemokratischer SPÖ im Vergleich zur Parlamentswahl vor 100 Tagen noch einmal massiv ausgebaut.
Kickl hielt der bisherigen Regierung aus ÖVP und Grünen vor, das Land an die Wand gefahren und ein riesiges Budgetloch hinterlassen zu haben. Konkrete Schritte, wie er dieses zentrale Problem der österreichischen Politik lösen wolle, nannte er jedoch nicht. Grundsätzlich vermied Kickl Äußerungen zu konkreten Projekten. Auch Fragen waren bei dem Presse-Auftritt nicht erwünscht.
Kickl als erster FPÖ-Bundeskanzler?
Es sei kein Lebenstraum von ihm, Kanzler zu werden, sagte Kickl: "Wer das behauptet, hat keine Ahnung von mir." Aber er lasse sich nun durch die Wähler in die Pflicht nehmen. Kickl wäre der erste FPÖ-Kanzler in Österreich.
Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen hatte seiner Partei den Regierungsbildungsauftrag erteilt, nachdem Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ vonseiten der ÖVP abgebrochen worden waren. Zuvor waren bereits Koalitionsgespräche von ÖVP, SPÖ und liberalen Neos gescheitert. Van der Bellen, ein ehemaliger Grünen-Chef, hatte erklärt, dass ihm dieser Schritt nicht leicht gefallen sei.