Palästinenser-Präsident in Moskau Wie Putin der Nahost-Krieg nutzen könnte
Beim Treffen von Palästinenserpräsident Abbas mit Präsident Putin in Moskau war der Krieg in Nahost das Topthema. Putin nutzte das Treffen, um den Friedensstifter zu geben - Abbas dankte es ihm mit einem Treueschwur.
Der 7. Oktober ist der Geburtstag von Russlands Präsident Wladimir Putin. Als er sich im vergangenen Jahr nicht sofort zum brutalen Überfall der Hamas auf Israel äußerte, kochte die Gerüchteküche über: "Hamas hat Putin ein Geburtstagsgeschenk gemacht", "Putin steckt hinter dem Angriff", "Russland macht gemeinsame Sache mit Palästinensern".
Fakt ist: Putin hat das Blutbad, das die Hamas anrichtete, verurteilt, aber die Organisation nicht erwähnt; Russland hat die Hamas nicht zu einer terroristischen Gruppe erklärt. Meistens äußert sich Putin im Zusammenhang mit Gaza wie in der Woche nach dem 7. Oktober:
"Israel war natürlich einem beispiellosen Angriff ausgesetzt; einem, den es in der Geschichte noch nie gegeben hat, und zwar nicht nur im Ausmaß, sondern auch in der Art der Ausführung, der Grausamkeit", so Putin. Die Position Russlands zum palästinensisch-israelischen Konflikt basiere auf Beschlüssen des UN-Sicherheitsrates, die die Schaffung zweier unabhängiger, souveräner Staaten vorsehen - Israel und Palästina.
Putin gibt den USA die Schuld für Krieg in Nahost
Bis zum 7. Oktober hätte Putin mit ähnlichen Äußerungen beiden Seiten Genüge getan: den russischen Juden in Israel und den Palästinenser-Organisationen, die er in alter Sowjet-Tradition per se im revolutionären Lager verortet. Aber im Laufe der Zeit nach dem 7. Oktober kritisierte Putin zunehmend Israel: "Die schrecklichen Ereignisse derzeit im Gazastreifen, wo unschuldige Menschen wahllos getötet werden, die einfach nirgendwohin fliehen oder sich vor den Bombenangriffen verstecken können, lassen sich durch nichts rechtfertigen", so der russische Präsident.
Diese Position dürfte den Interessen Putins im Nahen Osten geschuldet sein: Putin unterhält gute Beziehungen zur libanesischen Hisbollah und zu den Herrscherapparaten in Syrien und Iran. Alle drei Kräfte sind wiederum mit der Hamas verbündet - und ohnehin haben sie alle einen gemeinsamen Erzfeind: die USA. Die macht Putin für das heutige Geschehen im Nahen Osten mitverantwortlich: "Leider sehen wir eine starke Verschlechterung der Lage im Nahen Osten. Ich denke, viele werden mir zustimmen, dass dies ein klares Beispiel für das Scheitern der Politik der USA im Nahen Osten ist."
Putin will mehr Einfluss in Nahost
Putin steht dem israelkritischen, arabischen Lager nahe. Sein strategisches Ziel dürfte sein, langfristig wieder mehr Einfluss im Nahen Osten und in Nordafrika zu erlangen, anknüpfend an die Sowjetzeit. Zu der waren die Kontakte in den Süd-Jemen, den Irak, nach Syrien, Ägypten und Libyen eng.
Damals auch, 1971, eröffnete Russland im syrischen Tartus einen Marinestützpunkt. Aber er ist heute auch der einzige Hafen, den Russlands Militär im Mittelmeer unterhält. Das will Putin schon seit Längerem ändern.
Putin pocht auf UN-Resolutionen
Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, weilt zur Zeit für einen dreitägigen Besuch in Moskau. Beim gemeinsamen Treffen am Dienstag gab Putin den Friedensengel. Er forderte erneut eine Zwei-Staaten-Lösung und beklagte, dass sich die internationale Gemeinschaft bis zum 7. Oktober dieses Themas nie ernsthaft angenommen hätte.
Sämtliche UN-Resolutionen, die die Gründung eines unabhängigen Staates Palästina vorsehen, seien ignoriert worden. "Wir glauben, dass es zur Gewährleistung eines dauerhaften, zuverlässigen und stabilen Friedens in der Region notwendig ist, alle Entscheidungen der Vereinten Nationen umzusetzen und vor allem einen vollwertigen palästinensischen Staat zu schaffen", so Putin.
Abbas: An der Seite der Russischen Föderation
Abbas machte klar, dass er die Nähe zu Russland ganz in der sowjetischen Tradition sieht. "Diese Freundschaft verbindet uns seit Jahrzehnten. Erst zwischen dem palästinensischen Volk und der Sowjetunion und jetzt mit der Russischen Föderation", ließ er über seinen Dolmetscher verlauten.
"Wir haben uns die ganze Zeit, all diese Jahrzehnte, immer unterstützt gefühlt. Russland steht auf Regierungs- und Volksebene Seite an Seite mit den Palästinensern. Und Russland ist immer auf der Seite des Rechts, auf der Seite der Wahrheit."
Dass Russland fortwährend internationales Recht bricht, ließ Abbas vor den Kameras in Moskau unerwähnt. Weder sprach er vom Krieg Russlands gegen die Ukraine noch von willkürlichen Verhaftungen Oppositioneller. Stattdessen leistete Abbas geradezu ein Treueschwur: "Unsererseits stehen wir zweifellos auf der Seite der Russischen Föderation."