Nach Anschlag bei Moskau Putin sieht "radikale Islamisten" als Täter
Russlands Präsident Putin geht nun davon aus, dass radikale Islamisten den Terroranschlag bei Moskau ausführten. Von seinem ursprünglichen Verdacht einer "ukrainischen Spur" weicht er aber nicht ganz ab.
Der Terroranschlag bei Moskau geht nach den Worten von Kremlchef Wladimir Putin auf das Konto von Islamisten. "Wir wissen, dass das Verbrechen von radikalen Islamisten begangen wurde, deren Ideologie die islamische Welt selbst seit Jahrhunderten bekämpft", sagte Putin in einem Gespräch mit Regierungsbeamten.
"Wir wissen nun, wessen Hände dieses Verbrechen gegen Russland und sein Volk verübten. Jetzt wollen wir wissen, wer der Auftraggeber ist", erklärte er bei dem Treffen, das im Fernsehen übertragen wurde.
Den Ableger der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS), der die Tat für sich reklamiert hatte, erwähnte Putin nicht. Auch den IS selbst nannte er nicht. Der Präsident erwähnte auch keinen anderen mutmaßlichen Auftraggeber des Anschlags.
Putin erwähnt erneut Ukraine
Mit seinen jüngsten Aussagen wich Putin etwas von seiner ursprünglichen Linie ab, in der er eine "ukrainische Spur" hinter der Bluttat vermutet hatte. Allerdings sagte er, es solle geklärt werden, warum die Terroristen nach der Bluttat in die Ukraine entkommen wollten. "Und wer sie dort erwartet hatte."
Jetzt müssten mehrere Fragen geklärt werden. "Wie kommen radikale Islamisten, die sich als gläubige Muslime ausgeben und sich zum sogenannten reinen Islam bekennen, dazu, während des heiligen Monats Ramadan, der allen Muslimen heilig ist, schwere Gräueltaten und Verbrechen zu begehen?", wurde Putin zitiert.
Es bleibe auch abzuwarten, "ob radikale und terroristische islamische Organisationen wirklich daran interessiert sind, Russland anzugreifen, das heute für eine gerechte Lösung des eskalierenden Nahostkonflikts steht", sagte der Kremlchef zur Aufarbeitung des Anschlags.
Ukraine weist Vorwürfe zurück
Maskierte Angreifer waren am Freitagabend in die "Crocus City Hall" im nordwestlich gelegenen Moskauer Vorort Krasnogorsk eingedrungen und hatten dort nach russischen Angaben mindestens 139 Menschen getötet. Die Gesamtzahl der Verletzten wurde mit 182 angegeben.
Kurz nach dem Angriff reklamierte der IS die Tat für sich und bekräftigte dies später mehrfach. Westliche Sicherheitsbehörden und Experten halten das Bekenntnis für glaubhaft und vermuten den IS-Ableger "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISPK) hinter dem Anschlag.
Der Kreml lehnt es bisher ab, sich zum Bekenntnis des IS zu äußern. Die russische Propaganda versuchte zunächst, einen angeblichen Zusammenhang zur Ukraine herzustellen, gegen die Putin seit mehr als zwei Jahren einen brutalen Angriffskrieg führt. Beweise für diese Behauptung gibt es aber keine. Die ukrainische Führung hat die Vorwürfe zudem strikt zurückgewiesen.
Weitere Tatverdächtige in U-Haft
Im Zusammenhang mit der Terrorattacke vom Freitag verhängte die russische Justiz am Montag Untersuchungshaft gegen drei weitere Beteiligte. Das Basmanny-Bezirksgericht der russischen Hauptstadt traf diese Entscheidung am Nachmittag, wie die Staatsagentur Tass berichtete. Einer der drei Männer ist demnach russischer Staatsbürger.
Damit befinden sich nun sieben Terrorverdächtige in Untersuchungshaft, unter ihnen die vier mutmaßlichen Todesschützen. Insgesamt waren nach dem Anschlag am vergangenen Freitag elf Verdächtige festgenommen worden - angeblich in der Nähe der Grenze zur Ukraine. Die vier mutmaßlichen Haupttäter waren schon am Sonntagabend vor dem Haftrichter erschienen. Nach Berichten russischer Staatsmedien sollen alle tadschikische Staatsbürger sein. Zwei von ihnen hätten sich schuldig bekannt, erklärte das Gericht.
Anzeichen für Folter
Als die vier mutmaßlichen Haupttäter am Sonntag von Polizisten und Geheimdienstlern ins Moskauer Basmanny-Gericht gebracht wurden, fielen sofort ihre schweren Verletzungen auf. Die Männer, die am vergangenen Freitag in der Konzerthalle um sich geschossen haben sollen, wiesen stark geschwollene Gesichter, Platzwunden und Blutergüsse auf.
Einer hatte einen großen Verband am Ohr. Ein anderer konnte nicht mehr selbst laufen und verlor Berichten zufolge zwischenzeitlich das Bewusstsein. Kremlsprecher Dmitri Peskow wollte sich zunächst nicht zu den schweren Verletzungen der Männer äußern, die auf Folter durch russische Sicherheitskräfte hindeuten.