Ausweichrouten für Getreideexport Russland greift ukrainische Donauhäfen an
Seit Aussetzen des Getreideabkommens hat Russland seine Angriffe auf ukrainische Häfen verstärkt. Betroffen sind zunehmend auch Donauhäfen. Damit wird auch die Ausweichroute für Getreideausfuhren stark beeinträchtigt.
Die russischen Streitkräfte haben erneut ukrainische Getreidehäfen an der Mündung der Donau ins Schwarze Meer angegriffen. Im Hafen Ismajil im Donau-Delta sei ein Getreidesilo beschädigt worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Kiew.
Berichte über Opfer gebe es bislang nicht, teilte der Gouverneur der südukrainischen Oblast Odessa, Oleh Kiper, auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Angriffe treffen Ausweichroute über Rumänien
Russland hat seine Angriffe auf die Agrar- und Hafenstruktur der Ukraine verstärkt, seit es das Getreideabkommen ausgesetzt hat. Dabei sollen laut ukrainischem Außenministerium 180.000 Tonnen Getreide vernichtet worden sein.
Betroffen sind die Häfen am Schwarzen Meer und zunehmend auch an der Donau. Damit wird die Ausweichroute für Getreideausfuhren über den Fluss via Rumänien erheblich beeinträchtigt.
Das Donaudelta gehört zum größten Teil zum EU- und NATO-Mitglied Rumänien, ein Teil aber auch zur Ukraine. Der Hafen Ismajil sei das Hauptziel der russischen Streitkräfte, hieß es in Branchenkreisen. Der Schaden sei schwerwiegend.
Selenskyj: Angriff auf globale Ernährungssicherheit
Die ukrainische Staatsanwaltschaft veröffentlichte Bilder, auf denen ein zerstörtes Gebäude und mindestens zwei beschädigte Silos zu sehen sind, aus denen Getreide strömt. Auch Gouverneur Kiper veröffentlichte Bilder, auf denen Feuerwehrleute zu sehen sind, wie sie einen Brand in einem Hochhaus am Fluss zu löschen versuchen.
"Leider gibt es Schäden", erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Telegram. "Die bedeutendsten befinden sich im Süden des Landes. Russische Terroristen haben erneut Häfen, Getreide und die globale Ernährungssicherheit angegriffen."
Konkurrenz um globalen Lebensmittelmarkt
Die Ukraine gehört neben Russland zu den weltweit größten Getreideexporteuren. Die Ausfuhren haben einen großen Einfluss auf die weltweiten Lebensmittelpreise.
"Russland versucht, die Ukraine aus dem künftigen Getreideabkommen auszuschließen und, was am wichtigsten ist, unser Land strategisch vom globalen Lebensmittelmarkt zu verdrängen", sagte Serhij Bratschuk, Sprecher der Ukrainischen Freiwilligenarmee Süd. "Der Feind ... versucht, ukrainisches Getreide zu zerstören, indem er Industrie- und Hafeninfrastruktur angreift. Leider gibt es Treffer, leider wurde das Silo beschädigt, und auf dem Gelände brennt es."
Ukraine sucht alternative Exportwege
Russland hatte sich am 17. Juli geweigert, das Getreideabkommen zu verlängern und damit alle Sicherheitsgarantien für Schiffe aufgehoben, die ukrainische Häfen am Schwarzen Meer ansteuern sollten. Das russische Verteidigungsministerium hatte daraufhin alle zivilen Schiffe in dem Meer zu legitimen militärischen Zielen erklärt.
Seit der Aufkündigung des Abkommens versucht die Ukraine, andere Wege für den Export zu finden, um die Seeblockade im Schwarzen Meer zu umgehen. Am Donnerstag schloss das Land mit Kroatien ein Abkommen über die Ausfuhr von Getreide über Häfen an der Adria.
Die Agrarprodukte sollten über die Donau verschifft werden, teilte das Außenministerium in Kiew mit. Anschließend solle die Fracht per Eisenbahn an die Adriaküste gebracht werden. Welche Exportmengen damit erreicht werden können, wurde nicht mitgeteilt.