Vor Beginn des NATO-Gipfels Der Kreml droht und spottet
Vor dem NATO-Gipfel kommen aus Russland warnende Töne - vor allem im Hinblick auf die von der Ukraine geforderte Aufnahme in das Verteidigungsbündnis. Damit würde der Westen eine weitere Eskalation in Kauf nehmen, so der Kreml.
Schon vor Beginn des NATO-Gipfels ist in den einschlägigen russischen Talkshows der Verlierer bereits ausgemacht. Er heißt Wolodymyr Selenskyj. Die Gegenoffensive der Ukraine: nicht erfolgreich. Seine Hoffnung auf eine konkrete NATO-Beitrittsperspektive: vergebens. Die Reise zum Gipfel nach Vilnius, so der spotttriefende Tenor, könne sich der ukrainische Präsident getrost sparen.
Dass die Allianz sich in der Frage, ob die Ukraine formell in das Bündnis eingeladen werden soll, weiterhin nicht einig ist und dass Länder wie Deutschland auf der Bremse stehen, kommt nicht nur der russischen Propaganda wie gerufen. Auch Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow wies im Vorfeld des Gipfels gern noch einmal daraufhin, dass man um die - so wörtlich - "lebhaften Debatten" in der NATO wisse.
Latente Drohungen sollen Ängste schüren
Und auf diese Debatten versucht Russland Einfluss zu nehmen: Indem es vor allem Ängste vor einer Ausweitung des Krieges mit latenten Drohungen befeuert. "Eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO wird sich sehr, sehr negativ auf die gesamte Sicherheitsarchitektur Europas auswirken, die eh schon zur Hälfte zerstört ist. Es ist eine absolute Gefahr für unser Land, die deshalb eine klare und harte Reaktion von uns verlangt", betonte Peskow. Wie diese Reaktion aussehen könnte, das lässt der Kreml bewusst offen.
Die NATO stehe vor einem Dilemma, kommentiert der kremlnahe Politologe Sergej Michejew im Sender Vesti FM. Sie müsse etwas tun, "um zu gewährleisten, dass die Ukraine weiter kämpfen kann". Ohne dass die NATO dabei selbst in einen direkten Konflikt mit Russland hineingezogen werde.
Russland spottet über "Verzweiflungstaten" der NATO
Denn auch diese Drohung steht weiter im Raum. Erst recht nach der Ankündigung der USA, der Ukraine Streumunition liefern zu wollen. Was aus Sicht der Sprecherin des russischen Außenministeriums unweigerlich zu einer weiteren Eskalation führen werde.
Nach offizieller Lesart sind all dies ohnehin nur "Verzweiflungstaten", weil - wie die Staatsmedien nicht müde werden zu behaupten - die ukrainische Gegenoffensive gescheitert sei. Die NATO und Kiew, meint der russische Experte Oleg Nemenskij im Nachrichtenkanal Rossija 24, müssten nun gute Miene zum bösen Spiel machen: "Deshalb müssen sie nun etwas Schönes versprechen, ein paar unverbindliche Verbindlichkeiten eingehen. Nach dem Motto: Wir versprechen etwas fest, was wir aber nirgendwo fixieren."
Dass es dabei nicht unbedingt bleiben muss, hat ausgerechnet der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan deutlich gemacht, der zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin noch einen direkten Draht hat. Erdogan sprach sich kurz vor dem Gipfel nicht nur für einen NATO-Beitritt der Ukraine aus, sondern machte entgegen einer Vereinbarung die Rückkehr hochrangiger ukrainischer Kämpfer in ihre Heimat möglich. Ausgerechnet im Beisein des ukrainischen Präsidenten Selenskyj.