Matteo Salvini spricht vor Journalisten.

Prozess um Rettungsschiff Was der Freispruch für Matteo Salvini bedeutet

Stand: 21.12.2024 09:04 Uhr

Mit dem Freispruch hat Italiens Vize-Ministerpräsident Salvini sein Ziel erreicht. Er war wegen seines Umgangs mit Migranten auf einem Schiff vor Lampedusa angeklagt. In Bedrängnis geriet er politisch deswegen jedoch kaum.

Es herrscht Stille im Gerichtssaal in Palermo. Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini wartet stehend, mit verschränkten Armen, auf das Urteil im Prozess gegen ihn. Das fällt wenige Minuten später: Freispruch. Die Richter in Palermo sind zum Ergebnis gekommen, dass Salvini die ihm zur Last gelegten Straftaten nicht begangen hat. Erleichterung beim Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft für Salvini gefordert – wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch.

Nach dem Urteil: Genugtuung bei Salvini

"Ich bin glücklich", sagt Salvini am Ende eines langen Tages in Palermo, um dann wie gewohnt in den Angriffsmodus zu schalten: "Heute hat Italien gewonnen. Und es hat die Auffassung gewonnen, dass es kein Verbrechen ist, seine Heimat, seine Grenzen zu verteidigen." Salvini darf sich durch das Urteil in seiner Entscheidung bestätigt fühlen, im August 2019 dem Rettungsschiff Open Arms die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa zu verweigern.

Auch wenn der Richterspruch von Palermo nicht bedeutet, dass die ganze Affäre für Salvini beendet ist. Die NGO Proactiva Open Arms überlegt, Berufung einzulegen, will jetzt erst einmal die Urteilsbegründung abwarten.

Unterstützung von der populistischen Internationalen

Und die politischen Konsequenzen? Salvini geht gestärkt aus diesem Prozess hervor. Das war aber eigentlich schon vor dem Freispruch klar: Die populistische Internationale hatte sich schon lange hinter ihm versammelt: Elon Musk tönte, es sei "absurd, dass Salvini der Prozess gemacht werde, nur weil er Italien verteidigt hat". Und Viktor Orban adelte den Lega-Chef als "mutigsten Patrioten" Europas. Eine Verurteilung wäre auch nur ein Ritterschlag gewesen.

Bei den eigenen Anhängern war Salvini zuletzt nicht mehr unumstritten, da die Lega im Vergleich zu Melonis Partei Fratelli d’Italia, die in der Migrationsfrage einen ähnlichen Kurs verfolgt, doch ziemlich an Boden verloren hatte. Nach dem Urteil von Palermo lässt sich Salvini als der wahre Kämpfer gegen illegale Migration feiern. Die Unterstützung seiner Anhänger ist ihm sicher. Und seine Rolle in der Regierung wird gestärkt.

Meloni stärkt Salvini den Rücken

Zuletzt hatte es immer wieder geknirscht in der Koalition, vor allem zwischen Salvinis rechtspopulistischer Lega und der Berlusconi-Partei Forza Italia. Vor allem im Streit um den Haushalt für das kommende Jahr liegen die Koalitionspartner immer wieder über Kreuz. Der Prozess gegen Salvini hat die Regierung zusammengeschweißt.

Allen voran Regierungschefin Giorgia Meloni hatte den Kabinettskollegen in Schutz genommen. Sie hat ihrem Vize schon vor Prozessbeginn eine Anti-Rücktrittsversicherung ausgestellt: Auch im Falle einer Verurteilung müsse Salvini sein Amt nicht aufgeben. Dass Salvini freigesprochen wurde, erfülle sie mit "großer Genugtuung", erklärt sie am Abend. Das Urteil zeige, dass die Anklage gegen ihn "jeder Grundlage" entbehre und "surreal" sei.

Proactiva Open Arms: Prozess gegen Salvini ein Erfolg

Im Gerichtssaal in Palermo waren bei der Urteilsverkündung nicht nur die Nebenkläger von der NGO Proactiva Open Arms vertreten. Viele andere Seenotrettungsorganisationen haben diesen Prozess gespannt verfolgt. Schließlich stand der größte Feind der privaten Seenotrettung im Mittelmeer vor Gericht. Matteo Salvini hatte von Anfang die private Seenotrettung kriminalisiert und die NGOs als Schlepperbanden bezeichnet. Nun musste er sich selbst verantworten.

Auch wenn man den Seenotretterinnen und -rettern jetzt die Enttäuschung über den Ausgang des Prozesses deutlich angesehen hat: Schon allein, dass es zum Prozess kam, ist für sie ein Erfolg. "Wir haben nie eine Haftstrafe für Salvini gefordert", das hat Valentina Brinis von Proactiva Open Arms schon vor dem Urteil gesagt. Das widerspreche den Überzeugungen der NGO. Sie sei aber zufrieden, dass es überhaupt zum Prozess gekommen sei. "Wir glauben, dass dieser Vorgang den Personen, die damals an Bord waren, ihre Würde wiedergegeben hat."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 21. Dezember 2024 um 06:47 Uhr.