Kampfjets für die Ukraine Slowakische Opposition erstattet Anzeige
Die Slowakei hat der Ukraine als erstes Land offiziell Kampfjets übergeben. Der Schritt war jedoch umstritten: Die stärkste Oppositionspartei hat nun Strafanzeige gegen die Regierung eingereicht.
Die ersten vier MiG-29-Kampfflugzeuge hat die Slowakei bereits am 23. März in die Ukraine geliefert. Die anderen zugesagten neun Maschinen sollen in den kommenden Wochen übergeben werden, heißt es aus dem Verteidigungsministerium in Bratislava.
Doch nun könnte die umstrittene Entscheidung von Premierminister Eduard Heger ein juristisches Nachspiel haben. Denn Hegers Kabinett ist nur noch geschäftsführend und mit eingeschränkten Kompetenzen im Amt. Die größte Oppositionspartei, die linkspopulistische Smer, wirft der Regierung Verfassungsbruch vor. Sie lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine kategorisch ab.
Die Smer habe am Montag Strafanzeige gegen alle an der Entscheidung beteiligten Mitglieder des Kabinetts erstattet, erklärte ein Parteisprecher. Die Anzeige sei wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch und Sabotage ergangen.
Laut Smer-Chef Robert Fico verfügt die slowakische Regierung seit einem erfolgreichen Misstrauensvotum im Dezember über kein Vertrauen des Parlaments mehr. Damals war das konservativ-populistische Kabinett endgültig an internen Streitigkeiten gescheitert. Die Regierung habe daher keine Befugnisse, um über die Grundausrichtung der slowakischen Außenpolitik zu bestimmen. Die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine sei eine solche Grundsatzfrage.
Slowakische Regierung plant auch Anzeige
Der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad kündigte seinerseits an, Anzeige gegen Fico zu erstatten - wegen Verleumdung. Das sei "kein Spaß mehr". Das Kabinett habe einstimmig einer bilateralen Vereinbarung mit der ukrainischen Regierung zugestimmt. Dazu sei sie laut Artikel 119 der Verfassung befugt. Auch Parlamentspräsident Boris Kollar und Präsidentin Zuzana Caputova seien mit dem Vorgehen einverstanden.
Nad berief sich auf eine juristische Analyse, die der Regierung vorliege, aber nicht veröffentlicht werden dürfe. Allerdings waren diesem Schritt tagelange Diskussionen und juristische Bedenken vorausgegangen. Ursprünglich wollte die slowakische Regierung das Parlament über die Lieferung ihrer ausgemusterten Kampfjets sowjetischer Bauart an Kiew abstimmen lassen. Doch dazu hätte sie eine Dreifünftelmehrheit benötigt - und die wäre ohne Teile der Opposition ungewiss.
"Auf der richtigen Seite der Geschichte"
Die slowakische Regierung gilt als eindeutig proukrainisch. Sie hatte sich dem NATO-Mitglied Polen angeschlossen und der Ukraine kurz nach Warschau MiG-29-Kampfflugzeuge zugesagt.
Verteidigungsminister Nad erklärte, die Slowakei stehe "auf der richtigen Seite der Geschichte". Mit dieser Geste habe man sich in Großbuchstaben in die moderne Weltgeschichte eingetragen. Die Slowakei hatte die Jets vergangenes Jahr ausgemustert. Nur "feindliche", also russische Techniker hätten sie noch warten können. Die Ukraine könne sie aber sofort einsetzen, hieß es damals.
Außerdem soll Kiew Teile des Flugabwehrsystems "Kub" erhalten. Als Kompensation für die Übergabe der Kampfjets haben die USA der slowakischen Regierung Vergünstigungen beim Kauf neuer Militärhubschrauber angeboten. Auch EU-Gelder sind im Gespräch.
Verteidigungsminister Jaroslav Nad ist überzeugt von der slowakischen Kampfjet-Lieferung.
Mehrheit gegen Jet-Lieferung
Laut einer aktuellen Umfrage sind nur 20 Prozent der Slowakinnen und Slowaken für die Lieferung der MiGs, 60 Prozent sind dagegen. Oppositionsführer Fico greift diese Stimmung auf. Der Langzeitregierungschef hat sich in der Opposition radikalisiert, ist auf Anti-Corona-Demonstrationen aufgetreten genau wie neben bekannten prorussischen Aktivisten.
Die Bürger der Slowakei müssten wissen, dass die Regierung in Demission und die Präsidentin das Land "einer gewaltigen Bedrohung" aussetzen, so Fico. Er sei gespannt, welche Reaktionen "auf diesen Akt der offenen Feindschaft" aus Russland folgen werden. Das sei "nicht unser Krieg", die Ukraine sei kein Mitglied der NATO.
Der Oppositionsführer könnte nach vorgezogenen Neuwahlen im September wieder an die Macht zurückkehren. Seine frühere sozialdemokratische Smer-Partei führt inzwischen in allen Umfragen.