Tories suchen Strategie Weniger Klimaschutz - mehr Wähler?
Die Tories haben eine Erklärung für den unerwarteten Erfolg bei den jüngsten Nachwahlen im Vereinigten Königreich: Es soll am Widerstand gegen schärfere Umweltstandards gelegen haben. Könnte das eine Strategie für den nächsten Wahlkampf werden?
Als die Konservativen in der vergangenen Woche bei den Nachwahlen wenigstens einen von drei Bezirken verteidigen konnten, war die Freude groß. Premierminister Rishi Sunak sagte in Uxbridge bei London, niemand habe erwartet, dass die Tories hier gewinnen würden. Die Konservativen mussten mit dem Schlimmsten rechnen, drei Niederlagen in den drei Wahlbezirken, in denen Nachwahlen anstanden.
Doch es kam anders. Durchaus überraschend holte der konservative Kandidat in Uxbridge bei London die Mehrheit. Zwar hauchdünn, aber immerhin.
Und die Analysen gingen alle in die gleiche Richtung: Uxbridge, in der Nähe von London, soll bald Teil der Londoner Umweltzone sein. Für viele bedeutet das: Einschränkungen für ältere Autos. Wer pendelt, muss über ein neues Auto nachdenken. Und weil diese Politik derzeit vom Labour-Bürgermeister Sadiq Khan vorangetrieben wird, so die Interpretation, habe es bei den Wahlen den Denkzettel gegeben.
Eine unerwartete Hoffnung?
Seitdem testen konservative Politiker, wie viel Hoffnung sie angesichts dieser Entwicklung für die allgemeinen Parlamentswahlen 2024 schöpfen dürfen. Umwelt- und Klimaziele aufweichen, dafür gewählt werden - das ist das Kalkül.
Steht der Premier noch hinter dem Ziel der Regierung, den Kohlendioxidausstoß bis 2050 auf null zu senken? "Wir machen Fortschritte hin zur CO2-Neutralität", sagte Sunak. "Hier läuft es besser als in vielen anderen Staaten. Was aber auch klar ist: Wir werden keine unnötigen zusätzlichen Kosten für Familien auslösen", ergänzte er. Ein klares lautes Bekenntnis zu den Klimazielen klingt anders.
Deutlich kritischer äußerte sich der Bauminister Michael Gove, der am vergangenen Wochenende warnte, Umweltschutz dürfe kein "religiöser Feldzug" werden.
Eine ungewöhnliche Berechnung
David Frost, Kabinettsmitglied bis Dezember 2021, konservativer Spitzenpolitiker und Mitglied im Oberhaus, führte im Parlament sogar aus, dass Großbritannien vom Klimawandel auch profitiere: "In einer Studie der Regierung heißt es, wegen der höheren Temperaturen im Winter gibt es weniger Tote aufgrund der Kälte. Und deswegen gibt es auch nicht mehr Hitzetote in Großbritannien."
Diese Kalkulation ist eher ungewöhnlich angesichts der Bilder aus Griechenland, Spanien und Süditalien, die gerade die Berichterstattung im Vereinigten Königreich dominieren. Auch britische Urlauber mussten ausgeflogen werden, weil in Rhodos und anderswo Wälder in Brand stehen.
Liegen die Pläne schon bereit?
Neben den Meldungen aus dem Mittelmeerraum berichten zahlreiche Zeitungen über die Pläne der Regierung, dass Premier Sunak Recyclingregeln für die Industrie abschwächen will, um Kosten zu senken und die Inflation zu reduzieren. Wegen der angespannten Lage auf dem Immobilienmarkt sollen Hausbesitzer bei den CO2-Einsparzielen entlastet werden, Regeln zur Dokumentation des Energiebedarfs von Gebäuden sollen entschärft werden.
Bauminister Gove stellte in Aussicht, die Vorgaben zur Erneuerung von Gasheizungen abzuschwächen. Großbritannien ist längst im Wahlkampf.