Kämpfe im Süden und Osten Ukraine und Russland melden eigene Erfolge
Eigene Durchbrüche, Verluste beim Gegner. Bei den Kämpfen in der Ukraine sehen sich Kiew und Moskau auf einem guten Weg. Die NATO hofft auf Verhandlungen, doch die schließt der russische Präsident Putin aus.
Die Gegenoffensive der Ukraine läuft - doch wie, dazu haben beide Seiten ihre eigene Lesart. In einem Gespräch mit russischen Kriegskorrespondenten und Militärbloggern sprach der russische Präsident Wladimir Putin von "nahezu katastrophalen" Verlusten der Ukrainer. Dagegen seien die russischen Verluste "zehn Mal geringer", erklärte der Kremlchef. Laut Putin hat die Ukraine mehr als 160 Panzer sowie bis zu 360 gepanzerter Fahrzeuge verloren. Die eigenen Verluste bezifferte Putin auf 54 Panzer, wobei ein Teil davon wieder repariert werden könne. Es sind Angaben, die nicht zu überprüfen sind.
Kiew berichtet von Erfolgen
Derweil teilte Kiew mit, die ukrainischen Streitkräfte erzielten Geländegewinne und rückten vorwärts. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walery Saluschny, erklärte in den Onlinediensten, dass "sowohl die defensiven als auch die offensiven" Kämpfe im Süden und Osten der Ukraine weitergingen. "Wir haben einige Erfolge, setzen unsere Pläne um, und wir rücken vor", fügte Saluschny hinzu. In den vergangenen Tagen hatte Kiew bereits die Rückeroberung mehrere Dörfer im Süden und Osten des Landes gemeldet.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bescheinigte der Ukraine bei einem Besuch im Weißen Haus in Washington "Fortschritte" bei ihrer Gegenoffensive. "Je mehr Land die Ukrainer befreien können, desto stärker ist ihre Position am Verhandlungstisch", sagte er in einem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden. Putin werde angesichts der Gewinne der Ukrainer "verstehen, dass er sich an den Verhandlungstisch setzen muss".
Der Militärexperte Nico Lange hatte zuletzt von Durchbrüchen der Ukraine an mehreren Stellen berichtet - etwa in den Gebieten Luhansk, Donezk und Saporischschja. "Aber es ist noch ein weiter Weg und erfordert ein in dieser Phase erstmal langsames und vorsichtiges Vorgehen", so Lange im tagesschau.de-Interview.
Putin gegen Verhandlungen mit "Regime"
Putin schloss Verhandlungen mit der Regierung während des Termins aus und verbreitete erneut seine Version der Realität: "Im Gegensatz zu den ukrainischen Behörden greifen wir nicht zu terroristischen Methoden. Schließlich sind wir ein Staat, eine Gesellschaft und sie sind ein Regime. Und sie handeln auch wie ein Regime, das auf Terror basiert."
Er kritisierte westliche Waffenlieferungen, der Westen wolle Russland in der Ukraine besiegen. Würden die Lieferungen gestoppt, könne der Krieg enden.
Eine neue Welle der Mobilmachung ist in Russland nach Angaben Putins nicht notwendig. Er begründete dies mit der angeblich hohen Zahl an freiwilligen Armee-Bewerbern. Seit Januar hätten mehr als 150.000 Russen einen Vertrag als Zeitsoldat beim Militär unterzeichnet, sagte der Staatschef.
Selenskyj wünscht sich mehr Flugabwehr und Sanktionen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland vor, einen Krieg "gegen "Wohnhäuser, normale Städte und Leute" zu führen. Auch in der Hauptstadt Kiew und der im Osten des Landes gelegenen Stadt Charkiw gab es russische Drohnen- und Raketenangriffe. In seiner abendlichen Videobotschaft forderte er eine stärkere Flugabwehr für die Ukraine und härtere Sanktionen gegen Russland. "Wir müssen zusammen mit unseren Partnern solche Bedingungen schaffen, dass russischer Terror unmöglich wird", sagte Selenskyj. Dazu sei erstens die Anschaffung von noch mehr Flugabwehrsystemen und Kampfjets notwendig, zweitens müssten die Sanktionen gegen Russland konsequenter durchgesetzt werden.
Bei einem neuen russischen Angriff mit Marschflugkörpern auf die ukrainische Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer sind Behörden zufolge mehrere Menschen getötet und weitere verletzt worden. Ein Kalibr-Geschoss sei in ein Lagergebäude eingeschlagen und habe dort einen Brand ausgelöst, schrieb das Oberkommando der ukrainischen Heeresgruppe Süd auf Facebook. Drei Mitarbeiter des Lagers seien getötet, sieben verletzt worden.
Mit Informationen von Frank Aischmann, ARD-Studio Moskau, zzt. Berlin