Krieg gegen die Ukraine Luftalarm und Patriotismus
Mehrmals täglich warnen Sirenen im westukrainischen Lwiw vor Luftangriffen. Doch die Menschen wollen nicht aufgeben. Man werde "bis zum letzten Atemzug kämpfen", sagt der Bürgermeister der Stadt.
Die jüngsten Luftschläge gegen die Flughäfen in Ivano-Frankivsk und Lutsk - eine Ausweitung der russischen Angriffe. Erstmals trafen sie die westliche Region des Landes. Auch in Lwiw, der größten Stadt der West-Ukraine gab es mehrfach Fliegeralarm.
Unterlegt mit Sirenengeheul warnt eine Megafonstimme vor "möglichen" Luftangriffen. Die Menschen, die gerade vor dem Rathaus von Lwiw unterwegs sind, strömen in die nächsten Schutzräume.
Vielleicht 80 oder 90 Bürger eilen die Steintreppen eines Hauses aus dem Jahr 1660 hinunter. Heute beherbergt das historische Gebäude einen Bierkeller namens "Kryivka" - ein ukrainisches Wort für "Partisanen- Höhle".
Aufgeben kommt nicht in Frage
Die, die hier Schutz suchen, nehmen an groben Holztischen Platz. Sie reden miteinander oder beschäftigen sich mit ihren Mobiltelefonen. Aus alten Boxen plärrt patriotische Musik - unter anderem eine ukrainische Version des italienischen Partisanenliedes "Bella Ciao".
Zu den Schutzsuchenden gehört auch Helena. Die blonde 35-Jährige ist erst vor zwei Tagen aus Kiev nach Lwiw geflüchtet. Weg von den Raketeneinschlägen und Straßenkämpfen. Sie wähnte sich hier in der West-Ukraine in Sicherheit.
Seit den Luftangriffen auf die Flughäfen von Lutsk und Ivano-Frankivsk fürchtet Helena, dass sie den Krieg nun auch nach Lwiw tragen. Sie - das sind, wie Helena sagt, "die Verrückten, die uns angreifen".
Bei aller Furcht, aufzugeben im Kampf gegen die russischen Aggressoren, kommt für Helena nicht in Frage - keinesfalls.
Appell an Deutschland und die EU
Gegenüber der "Partisanen-Höhle" befindet sich das Rathaus von Lwiw. Der Hausherr ist Bürgermeister Andrij Sadovyj. Auch er zeigt sich kampfbereit. "Wir werden bis zum letzten Atemzug kämpfen, aber wir werden nicht einen einzigen Zentimeter unseres Landes hergeben."
Demonstrativer Patriotismus - zur Not auch bis zum bitteren Ende. Vorerst versuchen die ukrainischen Politiker jedoch Bündnisse zu schmieden. So haben gerade Gespräche mit der EU um einen Beitritt der Ukraine begonnen. Allerdings verlaufen diese Verhandlungen von Anfang an zäh.
Auch deshalb richtet das Stadtoberhaupt von Lwiw einen Appell an Deutschland und die EU: "Sie erleben hier gerade die Geburt einer neuen Ukraine. Darum muss die ganze Welt zu uns stehen. Lasst uns zusammenhalten und Russland in seine Schranken weisen."
T-Shirts mit Sprüchen gegen Russland
Zusammenhalt gibt es immerhin in der Ukraine. Der Patriotismus wächst. Das sagt auch die eher zierliche Veronika, die nahe dem Bürgermeisteramt in einem kleinen Geschäft ukrainische Flaggen verkauft - und T-Shirts zum Beispiel mit der Aufschrift: "Kreml: Brenn, Brenn!"
Es habe schon früher Patriotismus in der Ukraine gegeben, sagt Veronika, aber der sei jetzt noch stärker geworden. "Alle haben hier das Gefühl, zu einer großen Familie zu gehören. Wegen des Krieges haben wir zwar weniger Kundschaft, aber die Leute wollen jetzt dafür mehr T-Shirts kaufen - mit Sprüchen gegen Russland."