
Nach Forderungen aus Moskau EU lehnt Lockerung von Russland-Sanktionen ab
Russland formuliert Bedingungen für eine Waffenruhe im Schwarzen Meer und fordert eine Lockerung von Sanktionen. Dagegen sträubt sich die EU. Unterdessen werfen sich Kiew und Moskau gegenseitig vor, eine weitere Vereinbarung zu brechen.
Die EU lehnt es ab, die Agrar-Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Moskau hatte dies zur Bedingung für eine Zustimmung zu einer Waffenruhe im Schwarzen Meer gemacht.
Man nehme die Vorschläge zur Gewährleistung einer sicheren Schifffahrt sowie zur Beendigung der Angriffe auf Energieanlagen in der Ukraine und in Russland in Kenntnis, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas in Brüssel. Russland müsse nun echten politischen Willen zeigen, um seinen illegalen und unprovozierten Angriffskrieg zu beenden. Die EU sei bereit, die nächsten Schritte gemeinsam mit der Ukraine, den USA und anderen Partnern zu unterstützen.
Eine weitere Sprecherin der EU-Kommission teilte mit: "Das Ende der unprovozierten und ungerechtfertigten russischen Aggression in der Ukraine sowie der bedingungslose Rückzug aller russischen Streitkräfte aus dem gesamten Gebiet der Ukraine wäre eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Änderung oder Aufhebung der Sanktionen."
Spekulationen über Zweck der russischen Bedingungen
Wie die deutsche Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Vertreter der Europäischen Kommission und Diplomaten berichtet, sind die von Moskau formulierten Bedingungen für die Umsetzung der Vereinbarung höchstwahrscheinlich auch nicht mit der US-Regierung von Präsident Donald Trump abgesprochen worden. Demnach könnten sie vor allem dazu dienen, Bemühungen um eine Waffenruhe in der Ukraine auszubremsen.
In EU-Kreisen wurde betont, dass es bei allen möglichen Schritten vor allem darauf ankomme, dass diese im Sinne und zum Wohle der Ukraine seien. Eine Lockerung von bestimmten Sanktionen wäre also denkbar, wenn sie zu einer für die Ukraine akzeptablen Friedenslösung beiträgt.
Baerbock: Waffenruhe nicht an Bedingungen knüpfen
Die Bundesregierung sieht ebenfalls keine europäischen Bestrebungen, EU-Sanktionen gegen Russland zum jetzigen Zeitpunkt aufzuheben. Mit Bezug auf die russische Forderung, dass vor einer Waffenruhe für das Schwarze Meer auch noch russische Banken wieder Zugang zu dem internationalen Finanzabwicklungssystem Swift erhalten müssten, betonte Regierungssprecher Steffen Hebestreit, die EU habe russische Banken wegen des Überfalls auf die Ukraine von Swift ausgeschlossen. "Sollte sich das ändern, müsste das aus dem Kreise der europäischen Staats- und Regierungschefs erst mal miteinander diskutiert werden und dazu entschieden werden. Und eine solche Initiative kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennen", sagte er.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte Moskau auf, eine Waffenruhe nicht an Bedingungen zu knüpfen.
Die Vereinbarung für einen sicheren Handelsschiffsverkehr im Schwarzen Meer war von den USA am Dienstag als positives Ergebnis von getrennten Gesprächen mit Vertretern Russlands und der Ukraine in Saudi-Arabien verkauft worden. Moskau verlangt jedoch, vorher der russischen staatlichen Landwirtschaftsbank und anderen Geldhäusern wieder Zugang zum internationalen Finanzdatensystem Swift zu geben, der ihnen im Zuge westlicher Sanktionen genommen worden war. Dies könnte nur die EU tun, da das System seinen Standort in Belgien hat.
Vorwurf gegenseitiger Angriffe auf Energieanlagen
Neben den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Schwarzen Meer hatten Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Trump eine 30-tägige Waffenruhe für die Energie-Infrastruktur verkündet. Allerdings wurde sie bislang offenbar nicht umgesetzt. Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig vor, Angriffe auf diese Infrastruktur fortzusetzen.
In der Nacht zum Mittwoch teilte Russland mit, es habe neun Drohnen abgeschossen, darunter zwei über dem Schwarzen Meer. Weiter hieß es, die Ukraine habe versucht, eine Gasanlage auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim sowie die Energie-Infrastruktur in den russischen Regionen Kursk und Brjansk anzugreifen. Schäden wurden nicht gemeldet. Die ukrainische Seite dementierte die russischen Berichte. Die Anschuldigungen seien falsch, erklärte der ukrainische Generalstab auf Telegram. Es habe derartige Angriffe am 25. und 26. März nicht gegeben.
Zugleich warf die Ukraine Russland vor, seit dem 18. März mindestens acht Energieanlagen angegriffen zu haben. Das sagte Ihor Schowka, ein Beraters des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, im Fernsehen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte in einem Statement hingegen, die von Putin angeordnete Aussetzung der Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur werde umgesetzt.
Beide Seiten loben die USA
Peskow lobte zudem die enger werdende Abstimmung mit den USA bei den jüngsten Gesprächen. Dank dieser "intensiven Kontakte" habe man sich rasch geeinigt, welche Energieanlagen gegenseitig nicht mehr beschossen werden sollen. Auch wenn die Ukraine - wie Peskow es darstellte - nicht willens zu Absprachen sei, sei es doch wichtig, diese Teilwaffenruhe einzuhalten. "Das ist ein guter Fortschritt dank der konstruktiven Beziehungen, die sich bei unseren Kontakten mit der amerikanischen Seite ergeben haben, und wir sollten diesen Weg fortsetzen", sagte der Kreml-Sprecher der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Auch Kiew betonte seinerseits die verbesserten Beziehungen zu den USA. Nach den Worten Andrij Jermaks, des Stabschefs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, seien sie "wieder auf Kurs". Zwei Gesprächsrunden über eine Waffenruhe hätten der ukrainischen Regierung die Gelegenheit gegeben, den US-Vertretern zu zeigen, dass sie bereit sei, mit US-Präsident Trump bei seinem Bestreben zusammenzuarbeiten, den drei Jahre andauernden Krieg zu beenden.
Dies stehe im Widerspruch zum russischen Verhandlungsansatz, der die Verknüpfung eines Friedensabkommens mit Bedingungen vorsehe, sagte Jermak im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich denke, wir führen großartige Gespräche mit den Amerikanern", sagt er.