EU-Beratungen zu Ukraine und Sicherheit Europa will mitreden - nur wie?
Wie geht es weiter im Ukraine-Konflikt? Wie soll sich die EU positionieren? Darüber haben deren Außen- und Verteidigungsminister beraten. Doch gerade beim Thema Russland bleiben Differenzen.
Nein, der Eindruck täusche, beteuerte der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, im bretonischen Brest. In der Ukraine-Frage seien die Europäer keineswegs außen vor. Washington und Moskau könnten nicht über die Köpfe der EU hinweg entscheiden, sie sitze mit am Verhandlungstisch: "Von wegen Spaltung der EU! Ganz im Gegenteil", sagte er. Man sei in engem Austausch mit den Vereinigten Staaten. "Und das werden wir auch bleiben, denn es ist zugesichert worden, dass nichts in Fragen der europäischen Sicherheit ohne die Teilnahme und Einbeziehung der Europäer vereinbart wird."
Doch diese Einlassungen zeigen: Tatsächlich ist in den vergangenen Tagen der Eindruck entstanden, dass bei den hochrangigen Gesprächen mit Russland Europa nur Zaungast spiele. Genau das sollte bei den gemeinsamen Beratungen der EU-Außen- und Verteidigungminister zerstreut werden. Dort versuchten die Teilnehmer, erste Lehren aus den Gesprächen mit Russland Anfang der Woche zu ziehen.
Baerbock: "Europa ist ein Schwergewicht"
Die EU müsse geschlossen gegenüber Moskau auftreten, betonte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, "um deutlich zu machen, dass wir auch gegenüber autoritären Regimen am stärksten auftreten können, wenn wir gemeinsam und geschlossen agieren. Europa ist ein Schwergewicht, wenn es einig ist. Wenn wir es nicht sind, kämpfen wir unter unserer Gewichtsklasse."
Es sei klar, dass auch darüber gesprochen werden müsse, was Europa dem Kreml anbieten könne. Etwa gemeinsame Gespräche über Abrüstung und Transparenz. Doch Details wollte die Grünen-Politikerin noch nicht preisgeben. Jetzt wo man sich gerade an den Tisch gesetzt habe, kommentiere sie nicht offen "irgendwelche Einzelüberlegungen", sagte Baerbock. "Das Wichtige ist, dass wir am Tisch sitzen, dass jetzt Gespräche geführt werden. Und zwar auch wenn es hart ist mit ganz viel Geduld und Ausdauer."
Innerhalb der EU wünschen sich einige Partner eine deutlichere Sprache. Moskau müsse nicht nur klar gemacht werden, dass etwa eine Intervention in der Ukraine schwere Konsequenzen hätte. Europa müsse für diesen Fall auch mit konkreten Sanktionen drohen, fordert etwa Polen. Dort will man auch die neue Erdgaspipeline Nord Stream 2 als Druckmittel einsetzen.
Asselborn: "Mit der Faust bekommen wir keine Ruhe"
Andere halten die Konfrontation für den falschen Weg, etwa Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. "Mit der Faust werden wir keine Ruhe bekommen. Wir werden nur Ruhe bekommen, wenn wir Argumente haben und die russische Seite überzeugen, dass sie sich an diesem Prozess beteiligen muss", betonte Asselborn. Er sei davon überzeugt, dass in diesen Tagen die Weichen für die kommenden 50 Jahre in der europäischen Sicherheitsarchitektur gestellt werden.
Die langfristige Perspektive war auch Thema bei der gemeinsamen Ministersitzung in Brest. Dort wurde auch über den sogenannten Strategischen Kompass gesprochen, der die EU fit machen soll für neue Bedrohungen. Etwa hybride Kriegsführung, Cyberattacken oder auch Angriffe aus dem Weltraum.
Hier sei man weit gekommen, sagte der EU-Außenbeauftragte Borrell: "Ich hoffe, heute werden entscheidende Schritte gegangen - damit dieses verbesserte und erweiterte Konzept von den Verteidigungsministern angenommen wird."
Im März könnte es unterschriftsreif sein. Ein Instrument, um Europa als Ganzes mehr Gewicht in der Weltpolitik zu verleihen und unabhängiger von den USA zu werden. Das sei nötig, damit die Europäer gerade in aktuellen Krisen auf Augenhöhe mitreden können.