Dutch und Khan

US-Amerikaner in der Ukraine "Das hier ist ein ganz anderer Krieg"

Stand: 04.11.2024 21:55 Uhr

Die USA sind die wichtigsten Unterstützer der Ukraine. Auch US-Amerikaner kämpfen als Freiwillige in dem Land. Was motiviert sie - und was erwarten sie von der Präsidentenwahl?

Von Andrea Beer, ARD Kiew

Als Moskau im Februar 2022 den Großangriff auf die Ukraine beginnt, kommt Khan gerade von einem Einsatz im Nahen Osten zurück. Der amerikanische Soldat zögert nicht lange. "Do the Right Thing", sagt er sich. "Tue das Richtige." 

Werte hätten keine Grenzen und keine Nationalität. "Jeder kann begreifen, was moralisch das Richtige ist, und es ist richtig, für die Ukraine zu kämpfen."  

Schwarze kurze Haare, braune Augen, ukrainische Uniformkleidung, stämmige Figur, freundliches Lachen - so steht Khan aus Kentucky auf einem weitläufigen Trainingsgelände der dritten Sturmbrigade der ukrainischen Armee. Zwischen diversem Kriegsgerät und hohen Hindernissen wird Häuserkampf trainiert und wie man sich in einem unwegsamen feindseligen Gelände bewegt. "Meine größte Motivation war, dass ich helfen wollte", sagt er. "Durch meine Zeit in der US-Armee hatte ich viel zu geben". Nicht seine einzelne Leistung mache den Unterschied, sondern die gemeinsame.  

"Jede kleine Erfahrung, die Freiwillige mitbringen, kann uns weiterbringen und hilft, die Gesamtsituation der Ukraine zu verbessern", sagt er. Seine Familie hätte ihm nur viel Glück gewünscht.

Als wäre es das normalste der Welt

Bei Khan klingt es so, als wäre es das normalste der Welt, als Amerikaner für die Ukraine in den Krieg zu ziehen: zu kämpfen, zu töten und vielleicht zu sterben.  

"Meine Familie denkt, dass ich in Alaska bin", ergänzt Dutch, der neben Khan auf dem Übungsgelände steht. Er kommt aus dem US-Bundesstaat South Carolina und floh mit 18 Jahren aus einer zerrütteten Familie in die französische Fremdenlegion, auch weil er ohne Schulabschluss keinen Job bekommen habe, erzählt er.

Inzwischen spricht der blonde 25-Jährige fließend Französisch und gut Ukrainisch. "Ich bin viel klüger geworden, seit ich die Schule verlassen habe." Als die russische Großinvasion anfing, war Dutch zusammen mit Freunden aus der Ukraine in Afrika. Sie hätten sich so schnell es ging auf den Weg gemacht. Ihn erschütterte, dass die russischen Besatzer Zivilisten töteten, beispielsweise in Butscha. 

"Was die Russen Zivilisten angetan haben, das ist schrecklich. Ich konnte das nicht stoppen, aber ich möchte wenigstens verhindern, dass es wieder geschieht", sagte er.  

Harris bleibt vage, Trump unberechenbar

Waffen, Geld, humanitäre Hilfe, politische Rückendeckung. Das Heimatland von Khan und Dutch ist der wichtigste Unterstützer der Ukraine gegen Angreifer Russland. Doch wie geht es nach der Präsidentschaftswahl weiter?Die Kandidatin der Demokraten Kamala Harris will Kiew helfen, bleibt aber vage. Der republikanische Kandidat Donald Trump gilt als unberechenbar und könnte die Waffenlieferungen einstellen und einen Diktatfrieden im Sinne Russlands erzwingen wollen, so die Befürchtung vieler in der Ukraine. Weder Khan noch Dutch interessiert die Wahl.

"Aus der Politik bin ich raus", meint Dutch und auch Khan fällt nicht viel ein. Er verfolge amerikanische Politik nicht mehr und habe auch keine Debatte geschaut. "Ich konzentriere mich auf die Ukraine", sagt er und spielt sogar mit dem Gedanken, die ukrainische Staatsbürgerschaft anzunehmen.  

Ausländer in der ukrainischen Armee

Ob Belarusen, Georgier, Litauer, Kanadier, Griechen oder Amerikaner wie Khan und Dutch. Seit März 2022 können Ausländer mit der ukrainischen Armee gegen Angreifer Russland kämpfen - in eigenen Einheiten oder in der internationalen Legion.

Sie müssen bestimmte Bedingungen erfüllen. Sie müssen zwischen 18 und 60 Jahre alt sein, dürfen keine Vorstrafen oder chronischen Krankheiten haben und ihre körperliche Fitness wird von einer medizinischen Kommission geprüft. Wie viele Ausländer für die Ukraine kämpfen wird nicht offiziell bekannt gegeben.  

Erfahrungen im Schützengraben

Seit dem Beginn der russischen Großinvasion lieferten die USA nach eigenen Angaben Militärhilfe im Wert von rund 64 Milliarden US-Dollar, unter anderem "Patriot"-Flugabwehrsysteme, "Bradley"-Schützenpanzer, Satellitenkommunikationssysteme, Kampfhubschrauber oder 155-mm-Artillerie-Munition. Der Bedarf sei riesig, sagen Dutch und Khan.

"Die Ukraine braucht alles und schneller als jetzt", kommentiert es Kahn. Es sei nicht ein Waffensystem, das die Probleme der Ukraine löst. "Sie brauchen von allem mehr und sie brauchen es schneller." Zu wenig Munition, Waffen oder Flugabwehr bekomme er im Schützengraben direkt zu spüren, beschreibt es Dutch.

"Keine Unterstützung aus der Luft"

 Als er das erste Mal im Schützengraben gewesen sei, sei er zuvor einige Monate in Mali und im Irak gewesen. Dort hätten sie bei Problemen die Flugabwehr gerufen oder Unterstützung anderer Einheiten mit Gewehren. "Aber hier gibt es keine Unterstützung aus der Luft. Nichts dergleichen. Höchstens mal die Hilfe benachbarter Einheiten. Das hier ist ein ganz anderer Krieg. Du musst viel mehr mit deinen persönlichen Fähigkeiten arbeiten als in Armeen der NATO." 

Die Ukraine sei im Moment unterlegen, sagt Dutch. Mit ein Grund sei, dass in den Schützengräben unerfahrene ukrainische Soldaten seien, die nicht wüssten, was zu tun ist. "Ich möchte nicht mehr dazu sagen", meint Dutch. Aber man brauche wirklich alles.  

"Ohne Artillerie rücken die Russen immer weiter vor. Wenn wir mehr Artillerie oder Mörsergranaten hätten, dann könnten wir sie stoppen." 

Für umgerechnet 3.000 US-Dollar Sold im Fronteinsatz

Während der Trainingszeiten bekommen Khan und Dutch umgerechnet 1.200 US-Dollar Sold im Monat, für einen Einsatz an der Front 3.000 US Dollar, erzählen sie. Viele seien überrascht, wenn sie diese Summen hören würden, denn oft hieße es, sie würden steinreich, sagt Kahn.

Das sei nicht der Fall, betonen beide und für Geld täten sie das alles nicht. Dutch erklärt es abschließend so: "Ich möchte die Freiheit eines Landes bewahren und als Amerikaner ist es doch das, wofür wir stehen. Also kämpfe ich für die Freiheit der Ukraine." Sein Ziel sei die Souveränität und Integrität der Ukraine, sagt Kahn.  

"Obwohl ich ein Ausländer bin, diene ich in der Ukraine. Ich verteidige das Land und helfe, das Territorium zurückzugewinnen und die Menschen in der Ukraine zu beschützen." 

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. November 2024 um 05:12 Uhr.