Ursula von der Leyen im Europaparlament in Straßburg

Abstimmung über EU-Kommission Von der Leyen wirbt für ihr Team - und trotzt Kritik

Stand: 27.11.2024 11:23 Uhr

Kurz vor dem Votum über die neue EU-Kommission hat deren Präsidentin von der Leyen erneut für ihr Team geworben. Für die Nominierung des Italieners Fitto erntete sie scharfe Kritik. Als erster Rechtsaußen-Politiker bekäme er eine Schlüsselrolle.

Ursula von der Leyen hat kurz vor der entscheidenden Abstimmung über ihr neues EU-Kommissionsteam um Unterstützung geworben und neue große Projekte angekündigt. Für ihr zweites Mandat versprach sie eine Zusammenarbeit "mit allen demokratischen, pro-europäischen Kräften" im Europaparlament. Sie bitte um Vertrauen in das Team bestehend aus ihr als Kommissionspräsidentin und 26 Kommissarinnen und Kommissaren.

"Ich bitte Sie, eine Zukunft in Freiheit für Europa zu wählen. Dieser Weg war nie der einfachste. Aber gemeinsam wissen wir, dass wir es schaffen können", so von der Leyen.

Zuvor hatte das Mitte-links-Lager scharfe Kritik an der Nominierung des italienischen Rechtsaußen-Politikers Raffaele Fitto als einer ihrer Stellvertreter geübt. Fitto soll als einer der sechs Vizepräsidenten in der neuen Kommission für die Regionalförderung zuständig sein und damit milliardenschwere Fördergelder der EU verwalten. "Das ist eine Entscheidung, die ich getroffen habe", betonte von der Leyen vor den Abgeordneten. Fitto gehört der postfaschistischen Partei der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni an.

Fokus auf die Wirtschaft

Die Kommissionspräsidentin versprach zudem, die schwächelnde europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln. "Unsere Freiheit und Unabhängigkeit hängen mehr denn je an unserer wirtschaftlichen Stärke", betonte sie mit Blick auf die Konkurrenz aus den USA und China. Die Kommission werde deshalb Gesetze vorlegen, die digitalen Startups einen besseren Zugang zu Investitionen verschaffen sollen.

Von der Leyens Stellvertreter Stéphane Séjourné und Teresa Ribera sollen zudem ein Gesetzespaket ausarbeiten, um die Industrie in Europa auf Strom und Wasserstoff umzustellen und damit klimafreundlicher zu machen. Die Kommission soll außerdem das Recyceln von wichtigen Rohstoffen fördern.

Mit Blick auf die schwächelnde Autoindustrie kündigte von der Leyen einen Dialog mit deren Vertretern an. "Europas Autoindustrie ist Europas Stolz, Millionen von Jobs hängen daran", sagte sie. "Wir müssen sicherstellen, dass die Autos der Zukunft weiter in Europa produziert werden."

Von der Leyen will Rüstungsindustrie stärken

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine forderte von der Leyen höhere Verteidigungsausgaben. Russland gebe bis zu neun Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung aus, die EU hingegen nur 1,9 Prozent. "An dieser Gleichung ist etwas falsch, unsere Verteidigungsausgaben müssen steigen", sagte sie.

Dafür müsse auch die Rüstungsindustrie gestärkt werden, es müsse gemeinsame europäische Verteidigungsprojekte geben, betonte die EU-Kommissionschefin. Deshalb habe sie den früheren litauischen Regierungschef Andrius Kubilius zum ersten Verteidigungskommissar ernannt. Sie bekräftigte, dass Kubilius und die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in den ersten hundert Tagen im Amt ein Strategiepapier zur Verteidigung vorlegen wollen. 

Zuletzt hatte die EU-Kommission den Zusatzbedarf für die Verteidigung auf 500 Milliarden Euro über zehn Jahre beziffert. Umstritten ist die Finanzierung. Deutschland lehnte neue Gemeinschaftsschulden wie in der Pandemie zuletzt ab

Mehrheit für von der Leyen gilt als sicher

Die Abgeordneten im Europaparlament stimmen am Mittag über die 26 neuen EU-Kommissarinnen und -Kommissare ab. Eine Mehrheit gilt als gesichert, weil sich die Spitzen der Europäischen Volkspartei (EVP) um CDU und CSU, der Sozialdemokraten und der Liberalen vorab geeinigt hatten. Von der Leyen kann zudem mit einigen Stimmen von den Grünen und aus dem Rechtsaußen-Lager rechnen.