Deutsche im Gazastreifen "Nur enttäuscht von unserer Regierung"
Etwa 30 Deutsche haben bisher den Gazastreifen verlassen, doch viele Menschen mit deutschem Pass sitzen noch fest im Kriegsgebiet. Sie fordern von der Bundesregierung mehr Unterstützung. Doch nun wird die Ausreise noch schwieriger.
"Nichts passiert, Anfragen bei der Botschaft bleiben unbeantwortet", sagte der Deutsch-Palästinenser Mazen Eldanaf in Gaza. Eldanaf lebt seit 43 Jahren mit seiner Frau in Bonn und kam für einen einwöchigen Familienbesuch in den Küstenstreifen. Er habe gesehen, wie die vergangenen Tage Hunderte ausländische Staatsbürger das Gebiet verlassen hätten - aber kaum Deutsche.
"Ich bin einfach nur enttäuscht von unserer Regierung", sagte er. Er und seine Familie seien tief verwurzelt in Deutschland. "Wir haben Geschäfte, Angestellte, zahlen Steuern, wählen, aber wenn es um unsere Rettung geht: nichts", sagte Eldanaf. Auch seine vier erwachsenen Kinder in Deutschland kommen nicht weiter. Keiner höre ihnen zu.
30 Deutsche konnten Gazastreifen verlassen
Auch der 75-jährige Jamal Abdel Latif macht der deutschen Botschaft in Ramallah Vorwürfe. "Eine Mail beantworten, das kann doch in so einer Situation nicht zu viel sein", sagte Latif, der in den 1980er-Jahren an der Technischen Universität in Berlin studierte und nun mit seiner Frau und seinen beiden Kindern ausreisen will. Das einzige, das ihm mitgeteilt wurde: "Wir haben vorgewarnt, keiner soll in das Gebiet fahren."
Dem Ägyptischen Roten Halbmond zufolge haben seit Ausbruch des Gaza-Kriegs bisher 1.102 Ausländer und Palästinenser mit einem zweiten Pass den Gazastreifen verlassen. Mehrere Hundert Palästinenser mit deutscher Staatsbürgerschaft sind aktuell noch in dem Kriegsgebiet. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, es werde "intensiv" daran gearbeitet, deutschen Staatsbürgern die Ausreise aus dem Gazastreifen zu ermöglichen.
Doch bisher durften nur wenige Deutsche vor den anhaltenden Luftangriffen Israels nach Ägypten flüchten. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, am Freitag hätten über 30 Deutsche das Küstengebiet verlassen können, davor am Mittwoch sei es "eine niedrige einstellige Zahl" gewesen.
Ausreise aus Gazastreifen vorerst gestoppt
Insgesamt warten laut ägyptischen Angaben rund 7.000 ausländische Staatsangehörige aus 60 Ländern auf die Ausreise. Doch die scheint vorerst nicht mehr möglich zu sein. Denn nach dem israelischen Angriff auf einen Krankenwagen sind Ausreisen aus dem Gazastreifen vorerst gestoppt worden. Betroffen sind verletzte Palästinenser ebenso wie Ausländer und Palästinenser mit doppelter Staatsbürgerschaft.
Aus Sicherheitskreisen in Gaza hieß es, dass Ausländer den Gazastreifen nicht verlassen könnten, ehe nicht die Verwundeten nach Ägypten gebracht werden können. Auch eine dem Ägyptischen Roten Halbmond nahestehende Quelle bestätigte der dpa, Mitarbeiter des Palästinensischen Roten Halbmonds seien von den Behörden angewiesen worden, den Transport verwundeter Palästinenser vorerst einzustellen. Es müssten zunächst sichere Wege für die Durchfahrten von Krankenwagen aus dem Gazastreifen zum Grenzübergang Rafah zu Ägypten geschaffen werden.
Israels Armee hatte bei ihrem Vormarsch im Norden des Gazastreifens nach eigenen Angaben einen von der islamistischen Hamas benutzten Krankenwagen angegriffen. Dabei seien mehrere Terroristen getötet worden, teilte das Militär mit. Laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium sollten Verwundete zum Grenzübergang Rafah gebracht werden, damit sie in Ägypten behandelt werden können. Der Palästinensische Rote Halbmond erklärte auf der Plattform X, mehrere Rettungswagen des Gesundheitsministeriums und der Hilfsorganisation seien auf dem Weg nach Rafah gewesen, als die Rakete einschlug.
Der Rote Halbmond verurteilte den Angriff auf den Konvoi von Krankenwagen. 15 Menschen sollen demnach bei dem Raketenangriff vor den Toren des Krankenhauses getötet und weitere 60 verletzt worden sein. Die Angaben sind derzeit nicht unabhängig überprüfbar.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.