Vormarsch auf Libyens Hauptstadt General lässt Machtkampf eskalieren
Der Konflikt in Libyen spitzt sich erneut zu: Truppen von General Haftar wollen die Hauptstadt Tripolis einnehmen. Die Offensive bedeutet für die Friedensbemühungen der UN einen Rückschritt.
Mit dem Vormarsch komme man den "Rufen der Angehörigen" in der libyschen Hauptstadt Tripolis nach, erklärte General Khalifa Haftar in einer Audiobotschaft. Der Boden unter den Füßen der "Unterdrücker" dort werde erbeben. Der Westen des Landes müsse von verbliebenen Terrorgruppen gesäubert werden. Haftar sagte:
Für dich, Tripolis, wir kommen.
Nur noch wenige Kilometer vor Tripolis?
Die Offensive hatte am Mittwoch begonnen, als Haftars Truppen eine Stadt etwa 100 Kilometer südlich von Tripolis einnahmen. Derzeit stehen einige Einheiten des Generals etwa 60 Kilometer vor der Hauptstadt. Ein AFP-Reporter meldete jedoch, Haftars Soldaten hätten bereits eine Straßensperre nur 30 Kilometer vor der Stadt eingenommen. Die Nacht in Tripolis war ruhig.
"Wer die weiße Flagge hisst, ist sicher"
Haftar ist ein abtrünniger General. Er führt die sogenannte Libysche Nationale Armee, deren Machtbasis die Stadt Bengasi im Osten ist. Seine Soldaten forderte Haftar auf, während der Offensive mit Augenmaß vorzugehen:
Erhebt eure Waffen nicht - nur gegen die, die kämpfen. Schießt nur auf die, die Waffen tragen und selbst schießen. Wer seine Waffe fallen lässt, ist sicher. Wer zuhause bleibt, ist sicher. Wer die weiße Flagge hisst, ist sicher.
Die Sicherheit der Bürger, ihres Besitzes und die ausländischen Gäste sei gewährleistet, versicherte Haftar, ebenso sollten keine staatlichen Einrichtungen in Tripolis angegriffen werden. "Schützt sie und denkt daran: Gott mag keine Aggressoren", appellierte der General an die eigenen Truppen.
General Khalifa Haftar (Archivbild Dezember 2018)
Guterres besorgt über Eskalation
Haftar ist der mächtigste Gegenspieler der international anerkannten Regierung Libyens, die in Tripolis ihren Sitz hat. Sie hat die ihr unterstellten Kräfte bereits in Alarmbereitschaft versetzt.
Haftars Order ist als direkte Kampfansage an die Regierung zu verstehen, der General hat damit den Machtkampf bewusst eskalieren lassen.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der derzeit in Tripolis ist, rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Es sei wichtig, "dass militärische Bewegungen und Stellungnahmen aller deeskaliert werden, mit einer Logik, die es möglich macht, dass wieder Ruhe geschaffen wird und Sorgen verschwinden". Guterres hoffe, "dass es eine Deeskalation gibt, mit der Einsicht, dass Libyen eine politische Lösung braucht und nicht eine militärische".
Für die Vereinten Nationen kommt die Zuspitzung zur Unzeit. Ende kommender Woche wollen sie eine Nationalkonferenz in Libyen veranstalten. Auf ihr soll nach Auswegen aus der Krise gesucht werden.