Flaggen der EU und Italiens

Streit um Italiens Haushalt EU-Kommission will Defizitverfahren

Stand: 21.11.2018 15:42 Uhr

Europa bleibt im Streit um Italiens Haushaltspläne unnachgiebig: Die EU-Kommission hat den Weg für ein Defizitverfahren geebnet - Italiens Vizepremier Salvini reagierte mit Spott.

Von Mit Informationen von Holger Romann und Birgit Raddatz, ARD-Studio Brüssel

Die EU-Kommission hat den italienischen Budgetplänen für das kommende Jahr endgültig eine Absage erteilt. Die geplanten Ausgaben für 2019 seien nicht akzeptabel, teilte die Brüsseler Behörde mit.

Die Kommission attestierte der Regierungskoalition aus Populisten und Rechten in Rom zudem, gegen die sogenannte Schuldenregel zu verstoßen. Demnach ist in Europa eine Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt. Die Kommission ebnete damit den Weg für die baldige Eröffnung eines offiziellen Strafverfahrens.

"Gefahr, dass das Land in die Instabilität schlafwandelt"

"Mit dem, was die italienische Regierung auf den Tisch gelegt hat, sehen wir die Gefahr, dass das Land in die Instabilität schlafwandelt", sagte der für den Euro zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis. Alle Euro-Länder müssten "nach denselben Regeln" spielen. Sie seien dazu da, die Währungsunion und ihre Mitglieder zu schützen.

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte: "Dieser Schritt ist die logische und unvermeidliche Folge aus dem Beschluss, den die italienischen Behörden selbst getroffen haben. Nämlich die von uns beanstandeten Eckdaten ihres Haushaltsentwurfs nicht zu ändern." Allerdings bemühte er sich auch um Deeskalation. Die Türen für weitere Gespräche mit Italien stünden weiterhin offen, sagte er.

Schuldenkrise in Italien

Heike Keuthen, NDR, tagesschau 20:00 Uhr

Italien soll Schulden reduzieren

Italien weist eine Schuldenquote von mehr als 130 Prozent auf - das ist das Verhältnis der Gesamtverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das Land ist daher verpflichtet, seine Schulden längerfristig zu reduzieren.

Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Lega planen für 2019 allerdings eine deutlich höhere Neuverschuldung als die Vorgängerregierung. Damit wollen sie unter anderem eine Grundsicherung nach dem Vorbild von Hartz IV, ein niedrigeres Renteneintrittsalter sowie Steuererleichterungen finanzieren.

Finanzminister müssen zustimmen

Der Warnschuss der EU ist deutlich. Allerdings ist er zunächst nicht mehr als das. Die endgültige Entscheidung über den Start eines Defizitverfahrens liegt bei den Mitgliedsstaaten. Sie müssen den Fall nun beraten und, wahrscheinlich im Januar, die Empfehlung der Kommission bestätigen.

Italiens Finanzminister Giovanni Tria und Premier Giuseppe Conte bei einer Pressekonferenz

Italiens Finanzminister Tria und Premier Conte: Höhere Neuverschuldung als versprochen

Dass sie das tun werden, gilt in EU-Kreisen als ziemlich sicher. Mit einem Milliarden-Bußgeld, wie es möglich wäre, wenn sich Italien weiter verweigert, rechnet vor der Europawahl im Mai 2019 aber niemand. Nicht einmal die EU-Kommission.

Salvini spottet

Der italienische Vizepremier Matteo Salvini reagierte laut italienischen Medienberichten mit Spott. Er warte auch immer noch auf den Brief vom Weihnachtsmann, so der Chef der Lega-Partei. Auf Twitter forderte er Respekt von der EU. Italien gebe jedes Jahr fünf Milliarden mehr aus, als es von der EU zurückbekäme, schrieb Salvini.

Fünf weitere Staaten in der Kritik

Ermahnungen aus Brüssel gab es aber auch für die Haushaltspläne von fünf anderen Staaten: Belgien, Frankreich, Portugal, Slowenien und Spanien sollten mit den notwendigen Maßnahmen dafür sorgen, dass ihre Budgetpläne für 2019 im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt stehen, erklärte Dombrovskis.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. November 2018 um 13:00 Uhr.