Kathedrale wird wiedereröffnet Wie Paris Notre-Dame feiert
Notre-Dame erstrahlt in neuem Glanz - fünfeinhalb Jahre nach dem Brand gibt es dieses Wochenende die Wiedereröffnung. Wie läuft die Zeremonie ab, wie hat sich die Kathedrale verändert, was müssen Besucher wissen?
Wie läuft die Eröffnung ab?
Die Wiedereröffnung beginnt mit einem Festwochenende und zieht sich danach über die ganze Woche. Zum Auftakt werden 65 Staats- und Regierungschefs erwartet. Der gewählte US-Präsident Donald Trump hat die Einladung angenommen, auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sind da.
Diese illustre Gästeliste bedeutet einen gewaltigen Kraftakt für die Sicherheitskräfte. Die kleine Insel Île de la Cité in der Seine, auf der Notre-Dame vor rund 860 Jahren erbaut wurde, wird abgesperrt.
Heute Abend hat der Erzbischof von Paris feierlich Einzug in die Kathedrale gehalten; anschließend sprach Präsident Emmanuel Macron in der Kirche. Er war es, der nur einen Tag nach dem Brand die kühne Frist von fünf Jahren für den Wiederaufbau gesetzt hatte. Nun - fünfeinhalb Jahre später - wird die Kathedrale tatsächlich wiedereröffnet.
Das geplante Konzert im Anschluss an die Zeremonie, das auf dem Vorplatz der Kathedrale stattfinden sollte, musste wegen schlechter Wetterbedingungen voraufgezeichnet werden. Mit dabei sind Künstler aus Klassik und Pop, wie Lang Lang, Pharrell Williams oder Cecilia Bartoli. Am Sonntag dann wird der neue Altar gesegnet und die erste Adventsmesse abgehalten.
Wie sieht es in der Kirche aus, wie hat sie sich verändert?
Die Pariser und Pariserinnen werden ihre Kathedrale nicht wiedererkennen. Die als düster bekannte Notre-Dame de Paris strahlt jetzt in den hellsten Farben. Wenn die Sonne scheint, lassen die gesäuberten prächtigen Kirchenfenster bunte Lichtflecken auf den hellen Mauern tanzen. Der Kalkstein wurde mit Latex-Peelings gereinigt.
Die Fresken und Gemälde leuchten in hellblau, rosa, rot und grün. Bis auf einige Ausbesserungen wurde nichts nachgemalt. Die Flächen wurden lediglich gereinigt. Das Ergebnis ist atemberaubend.
Der Vorgabe, alles originalgetreu wiederaufzubauen folgend wurden die 2000 Eichen, die für die Instandsetzung des Dachstuhls gefällt wurden, mit der Hand zurechtgeschlagen. Dazu hat man eigens Werkzeuge nach mittelalterlichem Vorbild angefertigt, damit das Gebälk dieselbe Struktur aufweist wie vor dem Brand.
Wie konnte der Wiederaufbau in nur fünfeinhalb Jahren gelingen?
Dazu haben verschiedene Faktoren beigetragen: Zum einen hat die ambitionierte Ankündigung Macrons, es in nur fünf Jahren zu schaffen, alle angetrieben. Außerdem hat der Präsident nur zwei Tage nach dem Brand den ehemaligen General Jean-Louis Georgelin mit der Führung der Baustelle betraut.
Georgelin verunglückte im Sommer 2023 tödlich in den Bergen, hatte aber mit seiner straffen Planung den Grundstein für den Erfolg gelegt. Wichtig für das Gelingen des Projekts war auch, dass man keine Rücksicht auf die Kosten nehmen musste. Rund 840 Millionen Euro an Spenden waren zusammengekommen.
Statt das Kulturministerium mit dem Wiederaufbau zu betrauen, wurde eine eigene öffentliche Institution geschaffen. Man erließ ein Gesetz, das es ermöglichte, Ausschreibungsfristen zu verkürzen und Aufträge schneller zu vergeben.
Und vielleicht das Wichtigste für das Gelingen des Unterfangens: Alle Beteiligten - Architekten, Planer, Restauratoren, Gerüstbauer, Schmiede - waren mit Inbrunst bei der Sache. Alle haben immer wieder betont, dass es ihnen eine Ehre sei, an diesem Projekt mitzuwirken.
Erstrahlt wieder in neuem Glanz: die weltberühmte Kathedrale Notre-Dame.
Wird es auch Neuerungen geben, ein Akzent des 21. Jahrhunderts?
Eine Designerin aus der Bretagne hat die Bestuhlung für die Gläubigen neu entworfen: Helle, sehr bequeme, stapelbare Eichenstühle, die eine kleine Familien-Schreinerei ihrer Wahl im Südwesten Frankreichs gebaut hat. Außerdem wurde der Künstler Guillaume Bardet mit dem Entwurf eines neuen Altars beauftragt.
Er ist aus Bronze und schimmert rostfarben. Lange wurde darum gerungen, auch dem Gebäude selbst einen Stempel des 21. Jahrhunderts aufzudrücken. Präsident Macron hat sich den Wunsch der Diözese zu eigen gemacht, sechs der Fenster von Architekt Viollet-le-Duc aus dem 19. Jahrhundert auszutauschen.
Mehrere Künstler und Künstlerinnen haben sich um den Zuschlag beworben und figurative Entwürfe für zeitgenössische Fenster zum Thema Pfingsten eingereicht. Denkmalschützer sind auf den Barrikaden, da sich der Präsident über die einstimmige Empfehlung der französischen Kulturerbe-Kommission hinweggesetzt hat.
Der Wortführer der Denkmalschützer, Didier Rykner, hat sogar eine Petition gestartet und 240.000 Unterschriften gegen den Austausch der Fenster gesammelt. Er will sogar vor Gericht ziehen. Noch ist das letzte Wort im "Fensterstreit" nicht gesprochen.
Weiß man eigentlich etwas über die Brandursache?
Die Ermittlungen sind immer noch nicht abgeschlossen. Das macht viele hellhörig. Die Frage steht im Raum, ob man überhaupt so genau wissen will, wie es zu dem Brand kommen konnte. Einen kriminellen Akt schließt die Staatsanwaltschaft aus. Auch die Bauarbeiter, die seinerzeit oben am Spitzturm beschäftigt waren, wurden nach den Verhören nicht weiter belangt.
Am wahrscheinlichsten ist, dass eine der Elektroanlagen im Dachstuhl einen Kurzschluss hatte. Da haben die Kirche als Betreiber und der Staat als Besitzer des Gebäudes über Jahrzehnte fahrlässig gehandelt. Denn eigentlich waren solche Elektroinstallation im Dachstuhl verboten.
Es dauerte damals fast eine halbe Stunde, bis man den Brand lokalisiert hatte. Die Feuerwehr hatte Probleme, Wasserkräne zu organisieren, die hoch genug waren, um das Dach zu erreichen. Auch die Wasserzufuhr war ein Problem.
Am Ende hat die Entscheidung, den Dachstuhl aufzugeben und stattdessen den Nordturm vor dem Feuer zu schützen, die rettende Wende gebracht. Denn wäre der Nordturm stärker beschäftigt worden, hätte er die komplette Fassade und damit die gesamte Kirche zum Einsturz bringen können.
Im Zuge der Restaurierung wurden modernste Brandschutzsysteme eingebaut: Wärmekameras, Rauchmelder und hitzeempfindliche Glasfaserkabel. Bei einem erneuten Brand würden sofort die neuen Zerstäuber anspringen und feinste Wassertropfen freisetzen, um das Feuer zu löschen und das Gebälk vor zu viel Löschwasser zu bewahren.
Ist die Kirche nach der Eröffnungsfeier für jeden zu besichtigen?
Ja, im Prinzip wird die Kathedrale für jeden zugänglich sein, und zwar kostenlos. Man kann sich zwar in die Schlange stellen, aber besser man meldet sich vorher an. Das geht über die offizielle Notre-Dame Homepage www.notredamedeparis.fr oder über die Notre-Dame-App.
Die Zeitfenster für die ersten Messen sind schon vergeben. Aber ab dem 14. Dezember kann man Slots zur Besichtigung buchen. Das Prinzip lautet: keine langfristigen Reservierungen. Man kann nur für den Tag selbst, den nächsten oder den übernächsten Tag buchen.