Suche nach Tauchboot Hoffnung auf Rettung der Insassen schwindet
Der Sauerstoff in dem vermissten Tauchboot "Titan" dürfte nur noch wenige Stunden reichen. Die Einsatzkräfte hatten ihre Anstrengungen zuletzt verstärkt. Doch selbst bei einer Ortung könnte eine Rettung dauern.
Mehr als drei Tage nach dem Verschwinden des "Titanic"-Tauchboots im Atlantik schwindet die Hoffnung auf ein Überleben der fünf vermissten Abenteurer. Den fünf Menschen an Bord geht langsam der Sauerstoff aus: Er dürfte nur noch für wenige Stunden reichen, falls die "Titan" überhaupt weiter intakt ist.
Die Rettungstrupps unter Führung der US-Küstenwache verstärkten ihre Anstrengungen am Mittwoch (Ortszeit) erneut und konzentrierten sich auf ein Gebiet, aus dem zuvor Geräusche aufgenommen wurden. Die Laute, die am Dienstagabend und am Mittwochmorgen registriert wurden, hatten Hoffnungen geschürt, das Tauchboot mit den Insassen zu finden.
Die Geräusche sollen einem internen Memo der US-Regierung zufolge in regelmäßigen Abständen aufgetaucht sein - doch sie ließen sich laut Suchkoordinator Jamie Frederick zunächst keinen Menschen zuordnen: "Wir wissen nicht, was das ist."
"Manchmal finden wir nicht, wonach wir suchen"
Die Suche aus der Luft und mit Schiffen wurde indes weiter verstärkt. Ein französisches Spezialschiff mit einem Tauchroboter an Bord wurde in der Nacht vor Ort erwartet. Auch die kanadische "HMCS Glace Bay", die eine Dekompressionskammer und medizinisches Personal an Bord hat, war unterwegs in das riesige Suchgebiet. Verunglückte Taucher müssen nach der Rettung schnell in eine solche Kammer, um bleibende Schäden zu verhindern. Die US-Navy schickte das Schiffshebesystem "Fadoss".
Suchkoordinator Frederick sprach auf Nachfrage angesichts des sich schließenden Zeitfensters auch über ein mögliches Scheitern der Mission. "Manchmal finden wir nicht, wonach wir suchen", sagte er. Dann komme es vor, "dass man eine schwierige Entscheidung treffen muss. Wir sind aber noch nicht an diesem Punkt", betonte Frederick.
Falls dieser Fall eintrete, würden die Familien der Vermissten lange vor der Öffentlichkeit unterrichtet. Frederick sagte auch, dass es gelte, "optimistisch und hoffnungsvoll" zu bleiben. Es handle sich weiter um einen Rettungseinsatz - nicht um eine Bergungsmission.
Pechschwarze Dunkelheit, riesiger Wasserdruck
Nach Angaben des Betreibers hat die 6,70 Meter lange "Titan" ausreichend Sauerstoff, um fünf Menschen für 96 Stunden zu versorgen. Aber auch danach würden Menschen zunächst wahrscheinlich erst einmal bewusstlos und seien nicht gleich tot, sagte Kenneth Ledez, Professor für Überdruckmedizin, der BBC. Es gebe auch danach noch Hoffnung, die fünf Menschen lebend zu finden. Menschliche Körper reagierten ganz unterschiedlich auf mangelnden Sauerstoff.
Aber selbst, wenn die Kapsel geortet wird, könnte eine Rettung einige Zeit in Anspruch nehmen. In der Nähe der "Titanic" knapp 700 Kilometer südlich von Neufundland sind die Bedingungen schwierig. Es herrscht pechschwarze Dunkelheit, und der Wasserdruck ist riesig. Die Einsatzkräfte durchkämmten ein Gebiet, das fast doppelt so groß wie der US-Staat Connecticut sei, also rund 26.000 Quadratkilometer, sagte Koordinator Frederick.
U-Boot-Fachmann sieht wenig Chancen
Sollte das Tauchboot dennoch gefunden werden, würde die Bergung noch einmal sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. "Der ganze Bergungsvorgang ist kompliziert genug", sagte Jürgen Weber vom Verband Deutscher Ubootfahrer im Interview mit tagesschau24: "Es müsste ein Tauchroboter runtergehen, der eine Stahltrosse an dem Tauchboot festmacht und das andere Ende der Trosse an dem System "FADOSS", diesem Hebesystem der US-Navy, festmacht."
Erst dann könne der Windeprozess nach oben beginnen, so der Experte. "Ich befürchte, dass diese Zeit nicht langt, um an Bord dieses Tauchboots zu überleben."
Zweifel an Sicherheit des Tauchboots
An der Sicherheit der "Titan" waren zuletzt zunehmend Zweifel aufgekommen. Dafür sorgten auch Aussagen vom Chef der Betreiberfirma OceanGate, Stockton Rush, in einem Podcast des CBS-Reporters David Pogue, der 2022 mit der "Titan" mitgefahren war. "Wissen Sie, irgendwann ist Sicherheit reine Verschwendung", sagte Rush da. "Ich meine, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, stehen Sie am besten nicht auf. Steigen Sie nicht in Ihr Auto. Tun Sie gar nichts." Rush gehört zu den Vermissten, die sich an Bord befinden.
Die BBC berichtete unter Berufung auf US-Gerichtsdokumente, ein OceanGate-Mitarbeiter habe 2018 vor potenziellen Sicherheitsproblemen gewarnt. Mängel im Karbonrumpf des Boots könnten ohne strengere Tests unentdeckt bleiben, hieß es.
Das Tauchboot wird seit Sonntagvormittag (Ortszeit) vermisst. Die "Titan" war mit fünf Menschen an Bord auf dem Weg zum Wrack des 1912 gesunkenen Luxusdampfers "Titanic". Das Wrack liegt in rund 3800 Metern Tiefe. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zum Mutterschiff "Polar Prince" ab.