Hoffnung auf Rettung schwindet Tiefseeroboter auf der Suche nach der "Titan"
Die Zeit drängt: Der Sauerstoff für die fünf Menschen an Bord des Tauchboots "Titan" geht zur Neige. Die Hoffnung der Retter ruht auf Tauchrobotern, die den Meeresgrund im Nordatlantik absuchen.
Berechnungen zufolge droht der Sauerstoff an Bord der vermissten "Titan" im Laufe des Tages auszugehen. Bei der Suche nach dem in der Nähe des "Titanic"-Wracks vermissten Tauchboots mit fünf Menschen an Bord konzentrieren sich die Hoffnungen jetzt auf Tiefsee-Tauchroboter: Ein französisches Forschungsschiff mit dem Tauchroboter "Victor 6000" ist inzwischen im Suchgebiet im Nordatlantik im Einsatz. Ein kanadischer Tauchroboter erreichte zudem bereits den Meeresgrund.
Trotz der Befürchtungen wegen des knappen Sauerstoffs an Bord sei es weiterhin Ziel der Suchmannschaften, die Insassen des Tauchboots lebend zu retten, sagte Einsatzleiter John Mauger von der US-Küstenwache dem Fernsehsender NBC. In schwierigen Situationen zeige sich immer wieder, "dass auch der Überlebenswille zählt".
Die US-Küstenwache und die kanadische Küstenwache suchen seit Tagen aus der Luft und auf dem Wasser ein rund 20.000 Quadratkilometer großes Gebiet knapp 650 Kilometer vor der Küste der kanadischen Provinz Neufundland ab.
Der Tauchroboter "Victor 6000" kann bis zu sechs Kilometer tief tauchen und damit den Meeresgrund rund um das in rund 3800 Metern Tiefe liegende "Titanic"-Wrack absuchen. Er verfügt über starke Scheinwerfer und über zwei Greifarme, mit denen er Seile für eine Bergung an der "Titan" anbringen könnte - wenn er das Tauchboot denn findet.
Suche könnte Wochen dauern
Nach ihrem Eintreffen im Suchgebiet begann das Spezialschiff "Atalante" damit, den Meeresgrund in der Region mit Spezial-Echoloten zu vermessen, um einen gezielteren Einsatz des Tauchroboters zu ermöglichen. Der Experte Rob Larter von der Britischen Antarktis-Gesellschaft bezeichnete "Victor 6000" als "wichtigste Hoffnung" für die Rettung der Vermissten an Bord der "Titan". Allerdings könne es "möglicherweise Wochen intensiver Suche" dauern, das winzige U-Boot in dem riesigen Suchgebiet zu finden. "Eine objektive Einschätzung zum Stand der Dinge: Es sieht nicht gut aus", sagte Larter.
Normalerweise dauere es etwa zwei Stunden, bis ein Tauchroboter wie "Victor 6000" bis auf die Tiefe des "Titanic"-Wracks abtaucht und genauso lange, bis er wieder auftaucht, schilderte Professor Alistair Greig vom University College London.
Das vom Unternehmen OceanGate Expeditions betriebene Boot war am Sonntag zu einer touristischen Tauchfahrt zum Wrack der gesunkenen "Titanic" aufgebrochen. Nach knapp zwei Stunden brach der Kontakt zum Begleitschiff ab, von dem 6,5 Meter langen Mini-U-Boot fehlt seitdem jede Spur. Bei seinem Start hatte das Tauchboot für die fünf Männer an Bord Sauerstoff für rund 96 Stunden - theoretisch genug bis heute.
Aber auch danach würden Menschen zunächst wahrscheinlich erst einmal bewusstlos und seien nicht gleich tot, sagte Kenneth Ledez, Professor für Überdruckmedizin, der BBC. Es gebe auch danach noch Hoffnung, die fünf Menschen lebend zu finden. Menschliche Körper reagierten ganz unterschiedlich auf mangelnden Sauerstoff.
An Bord des verschollenen Mini-U-Boots befinden sich der Chef von OceanGate Expeditions, Stockton Rush, der britische Unternehmer und Abenteurer Hamish Harding, der pakistanische Geschäftsmann Shahzada Dawood und sein 19-jähriger Sohn Suleman sowie der französische "Titanic"-Experte Paul-Henri Nargeolet.
Pechschwarze Dunkelheit, riesiger Wasserdruck
In der Nähe der "Titanic" knapp 700 Kilometer südlich von Neufundland sind die Bedingungen schwierig. Es herrscht pechschwarze Dunkelheit, und der Wasserdruck ist riesig. Die Einsatzkräfte durchkämmten ein Gebiet, das fast doppelt so groß wie der US-Staat Connecticut sei, also rund 26.000 Quadratkilometer, sagte der Koordinator der US-Küstenwache für die Operation, Jamie Frederick.
U-Boot-Fachmann sieht wenig Chancen
Sollte das Tauchboot dennoch gefunden werden, würde die Bergung noch einmal sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. "Der ganze Bergungsvorgang ist kompliziert genug", sagte Jürgen Weber vom Verband Deutscher Ubootfahrer im Interview mit tagesschau24: "Es müsste ein Tauchroboter runtergehen, der eine Stahltrosse an dem Tauchboot festmacht und das andere Ende der Trosse an dem System "FADOSS", diesem Hebesystem der US-Navy, festmacht."
Erst dann könne der Windeprozess nach oben beginnen, so der Experte. "Ich befürchte, dass diese Zeit nicht langt, um an Bord dieses Tauchboots zu überleben."
Zweifel an Sicherheit des Tauchboots
An der Sicherheit der "Titan" waren zuletzt zunehmend Zweifel aufgekommen. Dafür sorgten auch Aussagen vom Chef der Betreiberfirma OceanGate, Stockton Rush, in einem Podcast des CBS-Reporters David Pogue, der 2022 mit der "Titan" mitgefahren war. "Wissen Sie, irgendwann ist Sicherheit reine Verschwendung", sagte Rush da. "Ich meine, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, stehen Sie am besten nicht auf. Steigen Sie nicht in Ihr Auto. Tun Sie gar nichts." Rush gehört zu den Vermissten, die sich an Bord befinden.