Kontaktgruppen-Treffen in Ramstein Kippt die US-Hilfsbereitschaft für die Ukraine?
In Ramstein beraten die Unterstützer der Ukraine heute über weitere Waffenlieferungen. Die US-Republikaner haben die Militärhilfen als Wahlkampfthema entdeckt - und machen zunehmend Stimmung dagegen.
Bisher gab es im US-Kongress stets breite parteiübergreifende Mehrheiten für die Ukraine-Hilfe - auch im Juli, als der Rechtsaußen-Republikaner Matt Gaetz einen Antrag gegen jede weitere Unterstützung der Ukraine ins Repräsentantenhaus einbrachte. Der Antrag wurde abgeschmettert. Nur 70 von 222 Republikanern folgten dem Parteirebell aus Florida. Doch die skeptischen Stimmen werden lauter, angefeuert von Donald Trump: "Ich denke, Europa muss mehr tun", sagte der am vergangenen Wochenende im Fernsehsender NBC. "Der Krieg betrifft die Europäer doch viel mehr als uns."
Mit deutlich überzogenen Zahlen versuchte Trump, sein Argument zu untermauern: Die USA hätten schon 200 Milliarden, die Europäer nur 20 oder 25 Milliarden Dollar für die Ukraine ausgegeben, behauptete Trump, und fügte hinzu: "Das ist so unfair." Tatsächlich summiert sich die Ukraine-Hilfe der USA nach Regierungsangaben auf rund 115 Milliarden Dollar. Die Leistungen der Europäer übertreffen zusammengenommen die Hilfe der USA nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft inzwischen.
Auch weitere Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner spielen die Anti-Ukraine-Karte und appellieren, lieber die US-Grenzen gegen zu viel Einwanderung zu schützen - Floridas Gouverneur Ron DeSantis ebenso wie der Biotech-Unternehmer Vivek Ramaswamy: "Ich will nicht an den Punkt kommen, an dem wir unsere militärischen Ressourcen im Ausland verbrauchen, statt sie hier zu Hause zum Schutz unserer eigenen Grenzen einzusetzen", sagte Ramaswamy in der Debatte republikanischer Präsidentschaftsbewerber Ende August.
"Dringlichkeit der Bedrohung im Pazifik"
Die Skepsis gegenüber weiterer Hilfe für die Ukraine wächst auch in der Bevölkerung. Eine CNN-Umfrage ergab Anfang August, dass 55 Prozent der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner zusätzliche Hilfe ablehnen. Unter Anhängern der Republikaner waren es 71 Prozent. "Verschiedene Umfragen haben die schwindende republikanische Unterstützung bestätigt. Die Fakten sind unbestreitbar", betont William Galston von der Denkfabrik Brookings im Radiosender NPR.
Immer häufiger ist auch das Argument zu hören, nicht Russland, sondern China sei aus US-Sicht der Hauptgegner der Zukunft - etwa von Elbridge Colby, der während der Trump-Präsidentschaft im Verteidigungsministerium gearbeitet hat und sich nun für ein Amt in einer möglichen nächsten republikanischen Administration warmläuft.
In der Ukraine müssten "die Europäer die Führungsrolle" übernehmen - aufgrund der "Dringlichkeit der Bedrohung im Pazifik", sagt Colby. Er meint einen aus seiner Sicht drohenden Angriff Chinas auf Taiwan.
Ukraine-Unterstützung als Wahlkampfthema?
Es gibt auch deutlich vernehmbare Pro-Ukraine-Stimmen bei den Republikanern - im Feld der Präsidentschaftsbewerber etwa von Ex-Vizepräsident Mike Pence und Trumps früherer UN-Botschafterin Nikki Haley. "Die Ukraine-Hilfe macht weniger als dreieinhalb Prozent unseres Verteidigungshaushalts aus", gibt Haley zu bedenken. "Nimmt man den Anteil an der nationalen Wirtschaftskraft, haben elf europäische Länder mehr als die USA ausgeben." Sie mahnt, Russland und China seien Verbündete: "Ein Sieg Russlands ist ein Sieg Chinas. Die Ukraine ist unsere erste Verteidigungslinie."
Derzeit liegt ein Antrag der Regierung von Präsident Joe Biden auf weitere Ukraine-Unterstützung über insgesamt 24 Milliarden Dollar im US-Kongress. Bisher überwiegt die Einschätzung, dass dieses Paket militärischer, wirtschaftlicher und humanitärer Hilfe den Kongress noch einmal passieren wird.
Doch je länger der Krieg dauert, je hitziger der Präsidentschaftswahlkampf in den USA wird, umso schwieriger dürfte es aus Sicht der Ukraine-Befürworter werden. Der Außenpolitik-Experte Clifford Smith meinte bei NPR: "Es ist sehr gut möglich, dass bei den Republikanern jemand Präsidentschaftskandidat wird, der die Ukraine-Hilfe sehr skeptisch sieht. Das könnte ein Desaster werden."