US-Wahl 2024

Die Veranstaltungshalle des Parteitags der Demokraten in Chicago im US-Bundesstaat Illinois
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US-Wahlkampf Wie läuft der Parteitag der Demokraten ab?

Stand: 19.08.2024 11:21 Uhr

In Chicago beginnt der Parteitag der US-Demokraten. Kamala Harris wurde - anders als sonst bei Präsidentschaftskandidaturen - schon vorab nominiert. Der Parteitag soll vor allem Aufbruch demonstrieren - und Wähler mobilisieren.

Weniger als drei Monate vor der US-Präsidentenwahl bereiten die Demokraten in Chicago ihrer Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris mit einem pompösen Nominierungsparteitag die große Bühne. Zu der viertägigen Veranstaltung werden Zehntausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet, darunter viel Prominenz wie die Ex-Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton. Die Veranstaltung läutet die heiße Phase des US-Wahlkampfes ein.

Was passiert beim Parteitag?

Normalerweise werden beim Parteitag die Präsidentschaftskandidaten offiziell nominiert. Doch bei den Demokraten ist in diesem Jahr alles anders, seit US-Präsident Joe Biden im Juli aus dem Wahlkampf stieg und seine Vizepräsidentin Kamala Harris seinen Platz einnahm. Wegen Fristen für den Druck von Wahlzetteln in einem Bundesstaat hatten die mehr als 4.500 Delegierten aus allen Bundesstaaten bereits Anfang August bei einem Online-Votum ihre Stimmen abgegeben und Harris offiziell als Präsidentschaftskandidatin nominiert.

Auch ihr Vizekandidat Tim Walz ist bereits gekürt. Die Partei hatte vorab festgelegt, dass für den Vize kein separates Votum nötig sein würde nach dessen Auswahl durch die Kandidatin. Für beide wird es in Chicago laut Partei allerdings "feierliche und zeremonielle" Abstimmungen geben. Dies hat jedoch allein symbolischen Charakter.

Harris und Walz werden im United Center auftreten und mit großen Reden ihre Nominierung feiern, die Basis anheizen und ihre Pläne für die Zukunft darlegen. Auch jede Menge andere Hochkaräter aus der Partei werden sprechen, darunter Präsident Biden.

Auftritte von den Ex-Präsidenten Obama und Clinton werden erwartet, ebenso wie von Hillary Clinton, die 2016 als erste Frau Präsidentschaftskandidatin der Partei war. Die Partner von Harris und Walz dürften ebenfalls auftreten. Daneben dürfte es einige Show-Einlagen geben. Und: Die Partei beschließt ihr inhaltliches Programm für die Wahl.

Wie ist der Ablauf?

Das Hauptprogramm bei dem Parteitag, der bis Donnerstag läuft, spielt sich nach Ortszeit abends ab - also jeweils in der deutschen Nacht. Die Partei hat das genaue Programm noch nicht veröffentlicht - einige Termine stehen aber schon fest:

Chicagos Bürgermeister Brandon Johnson wird die Demokraten zu Beginn des Parteitags begrüßen. Am Dienstag werden die Demokraten einen sogenannten Anwesenheitsappell für Harris und Walz abhalten, um ihre Nominierungen zu feiern.

Mitglieder aller 57 Delegationen werden Reden halten und feierlich für Harris und Walz als Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten der Partei abstimmen. Gemäß der Tradition früherer Parteitage spricht Harris zum großen Abschluss am letzten Abend, um die Präsidentschaftsnominierung der Demokratischen Partei offiziell anzunehmen. Walz dürfte dies bereits am Mittwoch tun.

US-Präsident Biden und seine Frau Jill sollen am Montagabend sprechen. Bidens Auftritt dürfte auch dem Versuch der Demokraten dienen, nach einigen parteiintern sehr hitzigen und konfrontativen Wochen vor seinem Ausstieg wieder Geschlossenheit zu demonstrieren. Denn nach langen lähmenden Debatten über Bidens Zustand hat die Demokraten mit der Nominierung von Harris ein neuer Enthusiasmus-Schub erfasst.

Dabei ist völlig unklar, ob sich Harris am Ende tatsächlich gegen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump durchsetzen kann. Die Partei ist sehr darum bemüht, den Schwung aufrechtzuerhalten, und dürfte den Parteitag als große Inszenierung von Aufbruch gestalten. Harris' Auftritte waren bislang insgesamt streng choreografiert.

Sie hat seit ihrem Start als neue Frontfrau keine Interviews oder Pressekonferenzen gegeben, sondern beschränkt sich auf durchgetaktete Wahlkampfauftritte - wohl im Bemühen, sich an ein festes Skript zu halten und keine Fehler zu machen. In den Wochen nach dem Parteitag bis zur Wahl dürfte sie damit nicht mehr durchkommen. Dann steht ihre echte Bewährungsprobe bevor.

Was ist im Umfeld des Parteitags geplant?

Zur großen Show in der Veranstaltungshalle dürfte es draußen ein Kontrastprogramm geben: Erwartet werden einige Proteste rund um die Halle, in der auch die Basketball-Mannschaft Chicago Bulls spielt. Tausende Aktivisten werden in Chicago erwartet. Sie hoffen darauf, auf Anliegen wie den Schutz von Abtreibungsrechten und die Bekämpfung wirtschaftlicher Ungleichheit aufmerksam zu machen.

Die größten Proteste dürften sich aber gegen die Nahost-Politik der US-Regierung richten: Ein Bündnis aus 200 Organisationen aus allen Landesteilen hat zum Marsch auf den Parteitag aufgerufen. Kundgebungen werden insbesondere am Montag und am Donnerstag erwartet.

Seit Monaten kommt es immer wieder zu propalästinensischen Protesten. Die Demonstranten beklagen das Vorgehen im Gazastreifen, eine mangelnde Unterstützung für die Palästinenser und zu viel Solidarität mit der israelischen Führung.

Wie sind derzeit die Umfragewerte?

Harris startet mit Rückenwind in den Parteitag: Einer aktuellen Umfrage zufolge hat ein wachsender Anteil der US-Amerikaner eine positive Sicht auf die 59-Jährige. Etwa die Hälfte der erwachsenen Amerikaner - 48 Prozent - hat eine sehr oder eher positive Sicht auf Harris, wie aus der repräsentativen Umfrage der Nachrichtenagentur AP und des Forschungszentrums Norc hervorgeht.

Zum Beginn des Sommers - bevor das desaströse TV-Duell Joe Bidens mit Harris' republikanischem Rivalen Donald Trump Biden zum Kandidaturverzicht bewog - hatte dieser Wert noch bei 39 Prozent gelegen.

Dabei handelt es sich nicht nur um einen Anstieg der Beliebtheitswerte von Harris, sondern auch um einen Zugewinn in der Wählergunst verglichen mit den Werten Bidens vor dessen Rückzug, von dem 38 Prozent nach eigenen Angaben eine sehr oder eher positive Meinung hatten.

Noch stärker dürfte die Demokraten indes erfreuen, dass Harris damit vor Trump liegt, dem 41 Prozent der erwachsenen US-Amerikaner sehr oder eher positiv gegenüberstehen. Harris ist aus Sicht der Wähler auch kein ganz so unbeschriebenes Blatt mehr. Der Anteil derjenigen, die von sich sagen, sie wüssten nicht genug über die Kandidatin der Demokraten, um sich eine Meinung zu bilden, halbierte sich von 12 Prozent im Juni auf nun sechs Prozent.

Den Umfragewerten verhelfen sollen auch Influencer: Sowohl die demokratische als auch die republikanische Partei haben ihre Präsenz auf Social Media in den vergangenen Wochen extrem ausgebaut - auch, um jüngere und Neu-Wähler zu erreichen.

Auf dem Parteitag werden auch Hunderte von Online-Influencern vertreten sein, die die ganze Woche lang inoffizielle Inhalte des Parteitags auf ihren Kanälen veröffentlichen werden. Das soll die Online-Unterstützung für Kamala Harris noch verstärken. Mehr als 200 Influencer mit einer großen Fangemeinde auf TikTok, YouTube und anderen Plattformen haben nach Angaben der Organisatoren bereits Zugang zu der Veranstaltung in Chicago erhalten.

Karte: Swing States in den USA bei der Wahl 2024