US-Wahl 2024
Empfehlungen für die US-Wahl "Eine ziemlich machtvolle Sache"
Wahlempfehlungen von Prominenten und Zeitungen sorgen im US-Wahlkampf regelmäßig für Schlagzeilen - auch, wenn sie ausbleiben. Aber haben sie tatsächlich Einfluss auf Wahlbeteiligung und Wahlverhalten?
Auf ihre Empfehlung hatten viele wochenlang gewartet - am 10. September war es so weit. Taylor Swift erklärte auf Instagram, sie werde Kamala Harris und Tim Waltz wählen.
"Ich habe mich schlau gemacht, und das ist meine Entscheidung", schrieb sie sinngemäß, "wie Ihr euch entscheidet, liegt ganz bei Euch".
Der Post endete mit einem Seitenhieb auf Donald Trumps "running mate" J.D. Vance: "Taylor Swift, kinderlose Katzenlady". Vance hatte 2021 in einem Interview demokratische Politikerinnen, darunter auch Harris, als "kinderlose Katzenfrauen" bezeichnet, die unzufrieden mit ihrem Leben seien.
Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz freute sich über das ausgesprochen ausführlich begründete "Endorsement" wie ein Schneekönig: Er sei Taylor Swift überaus dankbar, sagte er - sie habe sich "eloquent" geäußert und "klar".
Eine ganze Riege von Superstars
Vor Swift hatten schon etliche Musikerinnen und Musiker, Schauspielerinnen und Schauspieler aufgerufen, Kamala Harris zu wählen - seitdem kamen viele weitere dazu - Superstars wie Bruce Springsteen, Beyoncé, Stevie Wonder, John Legend und Country-Legende Willie Nelson. Prominente Schauspieler wie Jeff Bridges, Jamie Lee Curtis, Samuel L. Jackson, Sally Field, aber auch Regisseure wie Spike Lee.
Springsteen erklärte, Trump sei "der gefährlichste Kandidat", den er je erlebt habe. Und Bridges zeigte sich begeistert - eine Frau als Präsidentin, das sei "so aufregend".
Die zweifache Oscar-Preisträgerin Schauspielerin Sally Field erzählt auf Instagram von ihrer eigenen ungewollten Schwangerschaft und illegalen Abtreibung. Es sei "jenseits jeder Vorstellung, keinen Respekt für die Entscheidung einer Frau und vor ihrer Gesundheit zu haben. Frauen müssten selbst entscheiden können - und das sei einer der Gründe, Kamala Harris zu wählen", schrieb sie dazu. "Wir können nicht zulassen, dass das Rad zurückgedreht wird."
Auch Trump hat Anhänger in Hollywood
Oft sind es Künstlerinnen und Künstler, die den Demokraten nahestehen, die eine Wahlempfehlung geben. Aber nicht immer.
Roseanne Barr, bekannt aus der Sitcom "Roseanne", feiert Donald Trump: Sie sieht ihn quasi als Feministen, er sei "die erste Präsidentin der USA". Barr will damit offenbar Frauen für Trump gewinnen.
Der Schauspieler Dennis Quaid hat gerade Ronald Reagan verkörpert, jetzt bejubelt er Donald Trump: Es sei an der Zeit, sich für eine Seite zu entscheiden, rief er bei einer Wahlkampfveranstaltung Trumps von der Bühne: "Wollen wir eine Nation sein, die die Verfassung hochhält, oder TikTok? Wollen wir Ordnung und Gesetze oder offene Grenzen?" Er halte Trump für den größten Präsidenten des 21. Jahrhunderts.
Auch der bekannte ehemalige Wrestler und Schauspieler Hulk Hogan unterstützt Trump. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in New York verunglimpfte er die politischen Gegner Trumps, als er über das Publikum im Saal sagte: "Hier gibt es keine stinkenden Nazis und keine inländischen Terroristen - ich sehe hier nur hart arbeitende Männer und Frauen, echte Amerikaner."
Promi muss zum beworbenen Produkt passen
Viele Künstlerinnen und Künstler haben eine große Fangemeinde. Taylor Swift hat fast 300 Millionen Follower auf Instagram. Ihr Post, in dem sie Kamala Harris unterstützt, bekam immerhin gut elf Millionen Likes.
Aber wirkt die Wahlwerbung wirklich? Ja, sagt Ashley Spillane beim Fernsehsender MSNBC. Die Co-Autorin einer Harvard-Studie zum Thema sagt, eine Celebrity für sich zu gewinnen, sei eine "ziemlich machtvolle Sache". Nach solchen Aufrufen ließen sich nicht nur viele Menschen neu als Wählerinnen und Wähler registrieren, sondern ein Großteil von ihnen wähle dann auch tatsächlich.
Beim öffentlichen Fernsehsender PBS sagt Wirtschaftswissenschaftler Mark Harvey von der University of St. Mary, es sei wie sonst auch im Business: "Der Promi muss zu dem Produkt passen, für das er wirbt. Und am besten funktioniert es, wenn es um Themen geht, bei denen die potenziellen Wählerinnen und Wähler keine feste Meinung haben."
Taylor Swift werde sicher keinen Waffenfan überzeugen, seine Waffen abzugeben.
Fankultur gibt den Ausschlag
Trotzdem würden "Endorsements", also öffentliche Unterstützungen wirken, sagt Ashley Spillane. Besonders für junge Menschen seien Promis eher vertrauenswürdig als gewählte Politikerinnen und Politiker.
Mark Harvey hält weniger das Alter als die Fankultur für den entscheidenden Faktor. Man müsse nicht nur viel über den Star wissen, sondern sich wirklich für ihn interessieren, damit er oder sie einflussreich sein könne.
Fehlende Wahlempfehlungen lösen Debatten aus
Nicht nur Promis aus Kunst, Kultur, Entertainment geben gegenüber ihren Fans "Endorsements" ab. Auch Zeitungen geben gerne Wahlempfehlungen. Zumeist ist es das so genannte "Editorial Bord", eine eigene Meinungsredaktion, die diese Empfehlung ausspricht. In den vergangenen Jahrzehnten haben die meisten Zeitungen jeweils den Kandidaten der Demokraten empfohlen.
In diesem Jahr sorgten nun zwei "Nicht-Endorsements" für Aufsehen: Die wichtigste Zeitung an der Westküste, die Los Angeles Times, gibt keine Empfehlung ab. Zuletzt hatte die Zeitung die Kandidaten Barack Obama und Joe Biden unterstützt.
Der Eigentümer der Zeitung hat es dem Editorial Board jetzt untersagt, Harris oder Trump zu empfehlen. Mehrere Journalistinnen und Journalisten kündigten, in Sozialen Netzwerken wurde die Entscheidung heftig diskutiert.
Ähnlich die Washington Post: Inhaber Jeff Bezos, Gründer von Amazon, verbot auch in seiner Zeitung ein "Endorsement". Auch dort gab es Kritik aus der Redaktion - laut Medienberichten kündigten mehr als eine halbe Million Leserinnen und Leser ihr Abonnement. Viele unterstellen Bezos vorauseilenden Opportunismus - er wolle für den Fall eines Wahlsieges von Trump vorbauen.
Auch die Gewerkschaften streiten über Empfehlungen
Gewerkschaften stehen auch in den USA politisch eher links und veröffentlichen ganz konkrete Wahlempfehlungen. Diesmal unterstützen fast alle Harris. Aber auch hier gab es ein bemerkenswertes Nicht-"Endorsement".
"Teamsters", die große Gewerkschaft der Transportarbeiter, sprach auf Bundesebene keine Empfehlung für Kamala Harris aus. Zahlreiche regionale Untergruppierungen holten das nach der Bekanntgabe aber prompt auf eigene Faust nach.
Das Spektakel mit Musk
Trump wiederum wird vom Tech-Unternehmer Elon Musk unterstützt. Für viele hat er geradezu Kult- beziehungsweise Celebrity-Status.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung im wichtigen Swing State Pennsylvania holte Trump ihn kürzlich auf die Bühne - und Musk warb enthusiastisch für den Kandidaten der Republikaner: "Mit einem Präsidenten Trump gibt es sichere Grenzen, vernünftige Staatsausgaben und weniger Vorschriften und Bürokratie."
Trump werde "die ganze Kraft des Giganten USA entfesseln", schwärmte der Tech-Milliardär.
Schwarzeneggers schwere Entscheidung
Recht spät im Wahlkampf hat sich nun noch eine lebende Legende zu Wort gemeldet: "Terminator" Arnold Schwarzenegger. Seine politische Heimat sind eigentlich die Republikaner - für sie war er zwei Amtszeiten lang Gouverneur von Kalifornien.
Jetzt postete er auf mehreren Sozialen Netzwerken eine lange Botschaft, in der er erklärt, warum er - schweren Herzens - für Harris und Tim Waltz stimmen werde. Trump lasse Wahlen nur gelten, wenn er gewählt werde, er sei undemokratisch und unamerikanisch - nur einige seiner zahlreichen Argumente.
Forscherinnen und Forscher sind sich einig, dass solche "Endorsements" wenige Menschen tatsächlich umstimmen können - aber sie mobilisieren und können unentschiedenen Wählerinnen und Wählern Denkanstöße geben. Wenn die Wahl, wie von den meisten Fachleuten vorausgesagt, sehr knapp ausgehen sollte, könnten diese Stimmen tatsächlich sogar wahlentscheidend werden.