Medizinische Versorgung Bundestag beschließt Krankenhausreform
Der Bundestag hat die umstrittene Krankenhausreform beschlossen. Die Gesetzespläne von Gesundheitsminister Lauterbach sollen den finanziellen Druck auf die Kliniken mindern - und für eine stärkere Spezialisierung sorgen.
Nach zwei Jahren Vorbereitung hat der Bundestag die umstrittene Krankenhausreform der Ampelkoalition beschlossen. Bei 660 abgegebenen Stimmen stimmten 374 Parlamentarier mit Ja. Die Kliniken sollen von finanziellem Druck entlastet werden und sich bei Behandlungen stärker spezialisieren.
Vor allem kleinere Krankenhäuser sollen weniger Leistungen anbieten und sich auf Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Vorgesehen ist zudem, die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle in Kliniken zu ändern. Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll den Druck senken, möglichst viele Fälle zu behandeln.
"Über-, Unter- und Fehlversorgung"
Vor der Abstimmung hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Parlament noch einmal um Zustimmung geworben. "Wir brauchen diese Reform, und zwar jetzt", sagte der SPD-Politiker. Der Krankenhaussektor im Land sei in einer Krise.
Viele sind in finanziellen Schwierigkeiten, es gibt Personalengpässe und laut Gesundheitsministerium sind ein Drittel der 480.000 Betten nicht belegt.
Die Versorgung sei sehr teuer, biete aber "nur eine mittelmäßige Qualität", so Lauterbach im Bundestag. Es gebe "ein paar Hundert Krankenhäuser zu viel" sowie ein "Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung", unterstrich er den Reformbedarf.
"Machen, was medizinisch sinnvoll ist"
Die Kliniken müssten künftig "das machen, was medizinisch sinnvoll" ist, statt sich auf Bereiche zu konzentrieren, die ihnen das meiste Geld bringen, sagte Lauterbach. Als Beispiel nannte er eine Überversorgung bei Knie-Prothesen. Menschen, die eine solche Prothese benötigten, würden von Kliniken zum Teil als "Cash-Cows" gesehen, weil das ein lukrativer Eingriff sei.
Ziel sei ein Umbau des Systems, der Krankenhäuser mit qualitativ hochwertiger Versorgung ebenso schütze wie kleinere Kliniken auf dem Land. Für Patienten würde dies unter Umständen längere Wege bedeuten, nach der Argumentation von Lauterbach würden sie dann aber eine bessere Behandlung erhalten.
Deutschland habe mit rund 1.700 Krankenhäusern die höchste Krankenhaus- und Bettendichte in Europa, heißt es vom Gesundheitsministerium. Der Minister betonte, dass der Abbau nur dort stattfinden solle, wo es eine Überversorgung gebe. Kleinere Häuser auf dem Land bekämen Zuschläge, damit sie überleben könnten. Die Reform habe viele Unterstützer, etwa bei Fachgesellschaften wie der deutschen Krebsgesellschaft.
Unterstützung von Krankenkassen
Die gesetzlichen Krankenkassen begrüßen mehr Spezialisierung. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sprach von einer richtigen Weichenstellung für eine bessere Qualität in den Kliniken. "Es kann nicht mehr jedes Krankenhaus die komplette Bandbreite der Behandlungen anbieten." Die Kassen warnen allerdings auch vor Kostensteigerungen.
Auch von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) kommt grundsätzliche Zustimmung. Auf 20 bis 30 Prozent der Standorte oder 400 Häuser könne durch Fusionen oder Umwandlungen durchaus verzichtet werden, sagte DKG-Chef Gerald Gaß im Deutschlandfunk.
Opposition kritisiert fehlende Zwischenfinanzierung
Die Opposition lehnt das Vorhaben ab. Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge kritisierte in der abschließenden Debatte das Ampel-Vorhaben. Es fehle eine Finanzierung für die Übergangsphase, bis die Reform wirke.
"Wenn Ihnen die Versorgung im ländlichen Raum wichtig wäre, dann hätten Sie schon längst mit uns gemeinsam diese Brückenfinanzierung hier im Bundestag auf den Weg gebracht", sagte Sorge Richtung Lauterbach. Die Häuser schrieben rote Zahlen und seien "Oberkante Unterlippe". Außerdem fehle bisher eine Analyse, wie sich die Reform auswirken werde.
Dies kritisierte auch die AfD-Gesundheitspolitikerin Christina Baum. Sie äußerte die Befürchtung, dass sich durch die Reform die Versorgung vor allem auf dem Land verschlechtern wird.
FDP: Reform soll ländliches Krankenhaussterben verhindern
Dass auf dem Land ein großes Krankenhaussterben einsetzen werde, sei Schwachsinn, entgegnete die FDP-Gesundheitspolitikerin Christina Aschenberg-Dugnus. "Das wollen wir ja gerade verhindern mit dem Gesetz."
Für die Finanzierung der Strukturreform ist ein Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro vorgesehen, der zur Hälfte von den Ländern und zur Hälfte aus dem Gesundheitsfonds, also über die Krankenkassen, gespeist werden soll.
Kritik aus den Ländern
Das Projekt muss noch durch den Bundesrat. Es ist dem Gesetzentwurf zufolge dort zwar nicht zustimmungsbedürftig, kann aber im Vermittlungsausschuss ausgebremst werden. Zwar hatte sich Gesundheitsminister Lauterbach optimistisch gezeigt, dass die Reform im Bundesrat nicht aufgehalten wird. Doch die Kritik aus den Ländern ist weiter stark.
So warnte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken, mit der Reform sei die Sicherung der Grund- und Notfallversorgung gerade im ländlichen Raum akut gefährdet und unkontrollierte Klinik-Insolvenzen würden sich fortsetzen.