Europawahl 2024
EU-Wahl in den Niederlanden Wilders legt zu, aber Proeuropäer liegen vorn
Als erstes Land in der EU haben die Niederlande die Europawahl durchgeführt. Der Rechtspopulist Wilders konnte - anders als seine Partner - stark zulegen. Doch die proeuropäischen Parteien sind in der Mehrheit.
Selbst wenn es am Ende nur der zweite Platz wird, darf sich der Rechtspopulist Geert Wilders wieder mal als großer Gewinner einer Wahl in den Niederlanden fühlen. Von einem auf sieben Sitze im EU-Parlament, das habe vor ihm noch keiner geschafft, sagt Wilders.
Seine Freiheitspartei bleibt also obenauf, wobei der 60-Jährige den Erfolg der progressiven Parteien durchaus anerkennt. "Wir sehen in den Niederlanden Parteien wie die Sozialdemokraten oder auch die Linksliberalen, die besser abgeschnitten haben als erwartet", sagt Wilders zu ersten Ergebnissen. Dann schränkt er ein: "Aber die kritische Stimme meiner Partei ist doch der eigentliche Gewinner mit dem größten Stimmenzuwachs."
Zwei Drittel der Stimmen wohl EU-freundlich
In der Tat: die PVV - die Partei für die Freiheit - von Wilders hat am meisten zugelegt. Aber: Zwei Drittel der niederländischen Wählerstimmen gehen ersten Prognosen zufolge an pro-europäische Parteien.
Stärkste Kraft wird laut der Prognose das Bündnis aus Grünen und Sozialdemokraten. Frans Timmermans von der Arbeitspartei PvdA ordnet das vorläufige Ergebnis ein: "Es zeigt, dass in den Niederlanden unterschiedlich über die EU gedacht wird. Es zeigt aber auch, dass es eine Mehrheit gibt - wenn ich alle pro-europäischen Stimmen zusammenzähle - um die Niederlande an einem starken Europa mitbauen zu lassen", sagt der ehemalige EU-Kommissar.
Wahl am Tag danach kein großes Thema
Auf dem Wochenmarkt in Wormer nördlich von Amsterdam ist die Europawahl am Tag danach kein großes Thema. Nach den Analysen der Meinungsforscher waren die Zuwanderung und Missstände im Gesundheitswesen die wichtigsten Themen der Wähler. In Wormer spielten aber auch andere Fragen eine Rolle.
"Das Klima. Ich habe fürs Klima gestimmt", sagt eine Frau. "Das ist mir gerade auf europäischer Ebene wichtig. Und ich hoffe, dass die EU sich ausreichend um das Thema kümmert", erklärt sie ihre Wahl.
Ein anderer Marktbesucher sagt: "Ich finde, den Bauern und den Fischern sollte man was Gutes tun. Die müssen endlich wieder vernünftig arbeiten dürfen. Klar, muss sich was ändern, aber auf normale Weise", fordert er.
Wahlbeteiligung so hoch wie seit 35 Jahren nicht mehr
Für andere war die Wahl eine Nebensache: "Ich habe mich zu wenig mit der Wahl beschäftigt. Beim nächsten Mal bereite ich mich besser vor", sagt eine Frau.
Die Wahlbeteiligung von fast 47 Prozent war die höchste seit 35 Jahren. Offenbar haben vor allem die europafreundlichen Parteien ihre Wähler mobilisieren können - so wie die linksliberale Partei D66 mit ihrem Vorsitzenden Rob Jetten.
"Signal an den Rest Europas"
Jetten sei sehr froh über das Ergebnis und den dazugewonnen Sitzt, sagt er. "Man sieht, dass die proeuropäischen Kräfte in den Niederlanden der große Gewinner sind", bilanziert er. "Und das ist auch ein Signal an den Rest Europas, dass es eine Alternative zu extrem Rechts, zum Populismus gibt, der Europa von innen heraus zerstören will."
Die drei rechts-konservativen Koalitionspartner von Geert Wilders in Den Haag haben gegenüber der Parlamentswahl im November deutlich Stimmen eingebüßt. Auch die konservativ-liberale VVD von Premier Mark Rutte.
Offizielles Ergebnis erst am Sonntag
Dessen Nachfolgerin an der Parteispitze, Dilan Yesilgöz, ist wegen ihrer Zusammenarbeit mit Wilders auch innerparteilich sehr umstritten. Sie hat sich bislang noch nicht zur Wahlprognose geäußert.
Das offizielle Endergebnis dürfen die Niederländer erst am Sonntag nach 23 Uhr bekanntgeben, wenn alle Wahllokale in Europa geschlossen sind.