Europawahl 2024
Kleine Parteien erfolgreich Sonstige - das war einmal
Kuriose Namen, auffällige Wahlwerbung - kleinere Parteien werden häufig belächelt. Bei der Europawahl konnten sie aber auf sich aufmerksam machen. Vor allem Jüngere zieht es zu Volt, Tierschutzpartei und Co.
14 Parteien ziehen aus Deutschland ins Europaparlament ein. So viele waren es bisher nur einmal - bei der Wahl 2019. Die Parteienlandschaft fasert aus. Das liegt auch daran, dass es bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt - also eine Mindestschwelle, die übersprungen werden muss, um ins Parlament einzuziehen.
14 der 27 EU-Staaten haben Sperrklauseln zwischen 1,8 und fünf Prozent. In Deutschland reicht bei der Europawahl rechnerisch weniger als ein Prozent der Stimmen, um einen Sitz zu gewinnen. 2019 konnten Parteien schon mit rund 0,7 Prozent oder 240.000 Stimmen einen Abgeordneten oder eine Abgeordnete ins Europaparlament schicken.
Zu den erfolgreichen Kleinstparteien, die den Sprung nach Brüssel und Straßburg geschafft haben, zählt unter anderem Volt. Die europafreundliche Partei kommt laut Hochrechnungen auf 2,5 Prozent der Stimmen. Nachdem sie bei der Europawahl 2019 mit damals 0,7 Prozent bereits ein Mandat holen konnten, werden es nun wohl zwei. Der Erfolg scheint zu beflügeln: Volt-Spitzenkandidat Damian Boeselager kündigte an, auch bei der kommenden Bundestagswahl antreten zu wollen.
Mit einem Platz können die Tierschutzpartei, die Familienpartei und die ÖDP rechnen. Die Satirepartei Die PARTEI kommt wie bei der Europawahl 2019 voraussichtlich auf zwei Sitze im Parlament.
Die Parteien und Vereinigungen, die neben den schon im Europaparlament vertretenen Parteien antreten, vertreten die gesamte politische Bandbreite - bis hin zum Rechts- und Linksextremismus. Einige existieren seit Jahrzehnten, andere traten erstmals zu einer Wahl an.
Manche sind Ein-Themen-Parteien - mit teils kurios klingenden Namen wie die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung oder die Partei der Vernunft.
Jüngere wählen häufig kleinere Parteien
Ein Blick in die Zahlen zeigt: Vor allem jüngere Wähler sind bereit, kleine Parteien zu wählen. In der Gruppe der 16- bis 24-Jährigen wählten 29 Prozent eine kleinere Partei. Laut einer ZDF-Umfrage lagen SPD und Volt in dieser Altersgruppe gleichauf bei 9 Prozent.
Je älter die Wählenden werden, desto weniger wählen Tierschutzpartei, ÖDP und Co. "Junge Menschen sind weniger festgelegt, offener für Impulse aus der Situation heraus und damit eine für wahlkämpfende Parteien spannende Gruppe“, sagt der Politikwissenschaftler Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin.
Rückkehr der Sperrklausel ist geplant
Dass die Bindung an die traditionellen Parteien nachlässt, ist kein neuer Trend. Damit einher geht offenbar auch die Bereitschaft, die Stimme einer Partei zu geben, die früher nur unter "Sonstige" auftauchte.
Zogen bei der ersten Europawahl 1979 aus Deutschland noch fünf Parteien ins EU-Parlament ein, wurden es mit den Jahren immer mehr. Stimmen für kleinere Parteien bei der ersten Europawahl: 0,8 Prozent. 2019 lag der Wert bei 12,9 Prozent.
Doch die Zeit ohne Sperrklausel soll in Deutschland bald enden. Ab 2029 wird es mindestens eine Zwei-Prozent-Hürde geben. So sieht es ein EU-Beschluss vor, den Bundestag und Bundesrat bereits bekräftigt haben. Die genaue Höhe steht noch nicht fest, aber eine Beschwerde von Die PARTEI vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte.