Corona-Pandemie Mehr getestet - mehr Fälle?
Der Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz werde durch eine höhere Zahl von Tests verursacht - das wird derzeit wieder behauptet. Tatsächlich sind mehrere weitere Faktoren relevant.
Steigt die Inzidenz derzeit nur, weil mehr getestet wird? Diese Behauptung taucht immer auf, wenn die Zahlen steigen, so auch in der aktuellen Situation. Doch so einfach ist es nicht. Für die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region wird errechnet, wie viele Neuinfektionen innerhalb einer Woche pro 100.000 Einwohner gemeldet werden. Dabei werden aber nur mit einem PCR-Test nachgewiesene Infektionen gezählt, nicht solche, die zunächst nur mit einem Schnelltest festgestellt wurden.
Nun gibt es in Deutschland keine flächendeckende Untersuchung, bei denen alle in Frage kommende Personen oder auch nur eine repräsentative Stichprobe getestet wird - dies wäre aus logistischen und Kapazitätsgründen nicht machbar. Vielmehr werden vornehmlich Personen mit dem PCR-Test auf eine Infektion überprüft, bei denen mögliche Symptome festgestellt wurden. Das heißt, es wird nicht zufällig getestet.
Neue Lage durch Schnelltests
Inzwischen gehen vielen PCR-Tests ein Schnelltest voraus, zumal der Zugang zu diesen Antigen- und Antikörpertests sich in den vergangenen Wochen deutlich vereinfacht hat. Dies kann in mehrerer Hinsicht Auswirkungen auf die Anzahl positiv ausfallender PCR-Tests haben: Einerseits ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand mit einem negativen Schnelltestergebnis auch einen PCR-Test macht, deutlich geringer. Andererseits ist es möglich, dass durch die höhere Zahl der Schnelltests auch mehr Fälle entdeckt werden, die dann einen positiven PCR-Test nach sich ziehen, wodurch die Dunkelziffer abnimmt.
Der Direktor des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sieht noch keinen Zusammenhang zwischen den höheren Inzidenzwerten und der gesteigerten Schnelltest-Aktivität. Um deren Einfluss besser einschätzen zu können, gibt es den Vorschlag, auch die Quote der negativen PCR-Tests mit in die Statistik einzubeziehen: Sinkt diese, so ist es wahrscheinlich, dass die Vorauswahl der Probanden durch Schnelltests die Auswahl der PCR-Testprobanden mitbestimmt.
Parameter ändern sich
Zudem hat sich die Teststrategie im Laufe des Jahres mehrfach geändert: Nicht zuletzt gab es auch Engpässe bei den Laboren und den notwendigen Materialien, die ebenfalls die Anzahl der gesamten und damit auch der positiven Tests verringerten. Ein weiterer, entscheidender Faktor ist letztlich die Vortest-Wahrscheinlichkeit, also die tatsächliche Verbreitung der Infektion in der untersuchten Gruppe - also letztlich der Wert, dem man sich durch die Sieben-Tage-Inzidenz nähern will.
Die Vielzahl der Faktoren zeigt deutlich: Die Anzahl der tatsächlich durchgeführten PCR-Tests ist nur ein bestimmender Faktor bei der Bestimmung der Sieben-Tage-Inzidenz und ist als solcher inzwischen sehr konstant: Seit Jahresbeginn hat sich laut dem Robert Koch-Institut (RKI) die Zahl der wöchentlichen Tests stabilisiert - bei sinkenden Positivraten.