Faktencheck zum TV-Duell Lügen auf beiden Seiten
In ihrer ersten TV-Debatte vor der US-Präsidentenwahl haben sowohl Amtsinhaber Biden als auch sein Herausforderer Trump gelogen - letzterer deutlich häufiger. Ein Blick auf einige Falschaussagen.
In vier Monaten wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Amtsinhaber Joe Biden und sein Herausforderer Donald Trump haben sich in der vergangenen Nacht zu einem ersten Schlagabtausch vor Kameras getroffen.
In einer CNN-Blitzumfrage erklärten 67 Prozent der Abstimmenden Trump zum Gewinner der Debatte. Bidens Auftritt wurde von einigen Experten als Katastrophe bezeichnet.
Sowohl Präsident Biden als auch Ex-Präsident Trump haben während der TV-Debatte falsche und irreführende Behauptungen aufgestellt - Trump jedoch häufiger als Biden, genau wie bei ihren Debatten im Jahr 2020.
Biden lügt bei Arbeitslosenquote, Trump bei Steuerkürzungen
Im ersten Block der Debatte ging es um das Thema, das laut des Moderatorenduos Dana Bash und Jake Tapper die Mehrheit der US-Amerikaner am meisten beschäftigte: die Wirtschaft. Biden verwies darauf, dass die Wirtschaft bei seiner Amtsübernahme "am Boden lag". Die Arbeitslosenquote habe 15 Prozent betragen, daher sei die Inflationsrate zu der Zeit gering gewesen. Doch die Aussage stimmt nicht.
Im April 2020, zu Beginn der Covid-19-Pandemie, betrug sie laut "U.S. Bureau of Labor Statistics" zwischenzeitlich zwar 14,8 Prozent, als Biden das Amt im Januar 2021 übernahm, lag die Arbeitslosenquote allerdings nur noch bei 6,4 Prozent.
Trump behauptete, dass seine Steuersenkungen im Jahr 2017 die "größten Steuersenkungen der Geschichte" gewesen seien. Auch das ist eine Falschaussage. Das "Congressional Budget Office" untersuchte die Steuersenkungen US-amerikanischer Präsidenten zwischen 1981 und 2023. Demnach hätten sowohl unter der Amtszeit Ronald Reagans als auch Barack Obamas größere Steuersenkungen stattgefunden. Zudem warf Trump Biden vor, die Steuern vervierfachen zu wollen. Auch hierfür gibt es keine Belege.
Streitthema Abtreibung
Ein großer Streitpunkt des Abends war auch das Thema Abtreibung. Während Biden begründete selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche unterstützt, ist Trump ein strikter Gegner dieser. Sein Vorwurf, Demokraten wollten Babys "im neunten Monat und nach der Geburt" töten, ist jedoch haltlos. Ein Neugeborenes zu töten ist in jedem US-Bundesstaat illegal. Weniger als ein Prozent der Abtreibungen passierten 2021 laut des "Centers for Disease Control and Prevention" nach der 21. Schwangerschaftswoche, 93,5 Prozent der Abtreibung fänden bevor der 13. Woche statt.
Ein Narrativ, dass Trump ebenfalls erneut wiederholte, ist das der angeblich kriminellen Immigranten. "Diese Killer kommen in unser Land und sie vergewaltigen und töten Frauen", sagte er während der Debatte. Aus einer Studie aus dem Februar lässt sich ableiten, dass mittlerweile 57 Prozent der US-Amerikaner Verbrechen mit erhöhter Immigration verbinden.
Forschende haben in den letzten Jahren jedoch herausgefunden, dass es keinen Zusammenhang zwischen Einwanderung und Kriminalität gibt. Einige stellten sogar fest, dass Einwanderer seltener Straftaten begehen als Menschen, die in den USA geboren wurden. Die Kriminalitätsrate in den USA nahm 2023 und im ersten Quartal 2024 zudem trotz hoher Einwanderungszahlen an der südlichen Grenze ab.
Trump gibt Obamas Beschluss als eigenen aus
Als es um die US-Armee ging, haben beide Kandidaten gelogen. Biden behauptete, dass er der einzige US-Präsident des vergangenen Jahrzehnts sei, unter dem "keine Soldaten irgendwo auf der Welt" starben. Die Wahrheit sieht anders aus: 2021 starben 13 Soldaten bei einem Selbstmordattentat in Kabul, im Januar dieses Jahres drei bei einem Drohnenangriff in Jordanien.
Trump betonte, dass er das "Veterans Choice program" eingeführt habe, das Veteranen wichtigen Zugang zu Krankenversicherungsleistungen geben soll. Auch das ist eine Lüge - das Programm wurde 2014 unter Obama verabschiedet. Trump unterschrieb 2018 lediglich eine modifizierte Ausweitung des Programms.
Trumps Umgang mit Niederlagen
Beim Thematisieren des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 gab Trump an, seine Anhänger mit seiner Rede nicht zum Sturm motiviert haben zu wollen. Er verwies darauf, dass er die Worte: "Ich weiß, dass jeder hier bald zum Kapitol marschieren wird, um seiner Stimme friedlich und patriotisch Gehör zu verschaffen", verwendet habe. Dies stimmt zwar, ist jedoch irreführend. In derselben Rede sagte er seinen Anhängern nämlich auch, dass sie "kein Land mehr hätten", wenn sie nicht zum Kapitol marschieren und "wie die Hölle" gegen eine "manipulierte" Wahl kämpfen sollten.
Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob er den Ausgang der bevorstehenden Präsidentenwahl akzeptieren werde, gab er übrigens nicht. Er machte die Einschränkung, dass er das Ergebnis dann anerkennen werde, "wenn es eine faire und legale und gute Wahl ist".
In der gesamten TV-Debatte hat Trump laut CNN mehr als 30 falsche Behauptungen aufgestellt - deutlich mehr als Biden. Dass ihm der Auftritt am Ende jedoch mehr schaden wird als dem US-Präsidenten, glaubt fast niemand.