Debatte über Europapolitik AfD bricht Parteitag nach Streit ab
Die AfD hat ihren Parteitag im sächsischen Riesa vorzeitig beendet - nach einem langen Streit über die Außen- und Europapolitik. Zuvor hatte das neue Führungsduo Niederlagen gegen das Höcke-Lager hinnehmen müssen.
Nach einem erbitterten Streit um eine Europaresolution hat die AfD ihren Bundesparteitag im sächsischen Riesa vorzeitig beendet. Für den Abbruch stimmten knapp 56 Prozent der Delegierten, gut 44 Prozent waren dagegen.
Co-Parteichef Tino Chrupalla sprach von einem "sehr kontroversen Tag". Er hoffe dennoch, dass die AfD nach der Neuwahl ihrer Spitze ein "Aufbruchssignal" nach außen tragen könne. Der Parteitag sei nicht abgebrochen, sondern "ordnungsgemäß durch Votum der Delegierten beendet worden", sagte er. Es sei "klar, dass nach drei Tagen die Nerven ein bisschen blank liegen". Daraus könne aber "kein Skandal" gemacht werden. Zudem hob er hervor, dass er von einigen Landeschefs unterstützt wurde.
Daher sei der Tag "absolut optimal" für ihn verlaufen, sagte der AfD-Chef auf die Frage, ob unmittelbar nach seiner Wiederwahl seine Autorität bereits beschädigt sei.
Neue Doppelspitze "demontiert"
Der Streit hatte sich an einer EU-kritischen Resolution unter dem Titel "Europa neu denken" entzündet. Besonders scharf wurde vor allem von Delegierten aus dem Westen kritisiert, dass der Antrag eine Annäherung an Russland fordert, ohne den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu erwähnen. In der Vorlage war nur von einem "Ukraine-Konflikt" die Rede.
AfD-Rechtsaußen Björn Höcke warb für den Text. Die erst am Vortag gewählte Doppelspitze aus Alice Weidel und Chrupalla plädierte hingegen dafür, ihn angesichts des Widerstands vieler Delegierten in der vorliegenden Form nicht zu beschließen. Ein Antrag Chrupallas wurde allerdings mit 210 zu 208 Stimmen abgelehnt. Weidel sagte, die Resolution mit dem Titel "Europa neu denken" gehe insgesamt in die richtige Richtung, sie sei sprachlich aber "nicht sonderlich gelungen". Der Text enthalte "sehr unspezifische Sätze, die sehr wulstig klingen". Der Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk kritisierte, die neue Doppelspitze werde bereits einen Tag nach ihrer Wahl "demontiert".
Im Laufe der zweistündigen, hitzig geführten Debatte konnte sich die Parteiführung erst nach mehreren vergeblichen Anlaufen mit ihrem Vorschlag durchsetzen, die Vorlage zur weiteren Beratung in den Bundesvorstand zu verweisen. Chrupalla sprach von einer "verfahrenen Situation". Auf der Bühne des Parteitags bekam er demonstrativ Rückendeckung von den Vorsitzenden von fünf Landesverbänden, Weidel und dem AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland: Sie stellten sich hinter Chrupalla, als er erneut für Überweisung an den Bundesvorstand warb.
"Einvernehmliche Auflösung der EU" gefordert
Andere Delegierte setzten sich vehement für eine Verabschiedung ein. Der AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider aus Sachsen-Anhalt sagte, der Antrag enthalte "genau die Begriffe und die Orientierungen, die wir als Botschaft nach außen schicken müssen. Der Gegensatz zwischen Globalisten und Nationalstaaten - das ist der Weltkampf, in dem wir stehen, und das wird hier klar und deutlich benannt."
Der Resolutionsentwurf spricht sich unter anderem für eine "einvernehmliche Auflösung der EU" aus, die als "fehlgeleitetes und dysfunktionales politisches Gebilde" bezeichnet wird.
Streit auch um sogenannte Unvereinbarkeitsliste
Einen weiteren Erfolg hatte Thüringens Co-Landeschef Höcke zuvor bei dem Antrag verzeichnet, die "Gewerkschaft Zentrum" von der sogenannten Unvereinbarkeitsliste zu streichen, auf der die AfD Organisationen und Vereine aufführt, deren Mitgliedern ein Zutritt zur Partei verwehrt wird. Dabei ging es vor allem um bestimmte Mitglieder des Vereins in Baden-Württemberg.
Der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel warb dafür, den Verein von der Liste zu nehmen. Er sagte, das Zentrum sei die einzige Arbeitnehmervertretung im Gesundheits- und Automobilsektor, die auch nur mit der AfD rede.
Vorstandsmitglied Roman Reusch hielt dagegen und sagte, eine Streichung würde dem Verfassungsschutz in die Hände spielen. "Man kann es seinem Gegner auch sehr, sehr einfach machen", fügte er hinzu. Die Verantwortlichen in dem Verein müssten erst "toxische Personen" aus seinem Vorstand entfernen.
Höcke plädierte dagegen dafür, den Verein von der Liste zu nehmen. Man brauche solche Vorfeldorganisationen. Die Argumente von Reusch wischte er mit der Aussage vom Tisch, der "sogenannte Verfassungsschutz" sei ohnehin "Teil dieses Machtinstruments, das unser Deutschland abwickeln will". Deshalb sollte man sich um die Einschätzungen dieser Behörde nicht weiter kümmern. Die Mehrheit der Delegierten folgte schließlich seinem Votum. Rund 60 Prozent von ihnen stimmten dafür, den Verein "Gewerkschaft Zentrum" von der Liste zu streichen.