Spionage im Bundestag Mit der Lizenz zum Messen
Ein Mann aus Potsdam soll Baupläne des Bundestags an den russischen Geheimdienst weitergeleitet haben. Jetzt ist gegen ihn Anklage erhoben worden.
Sicherheit wird in deutschen Behörden großgeschrieben - auch dann, wenn es um die Betriebssicherheit von elektrischen Geräten wie Kopierern, Kaffeemaschinen oder Wasserkochern geht: Regelmäßig müssen sie geprüft werden. Auch im Bundestag. Damit hat die Liegenschaftsverwaltung des Bundestages eine Fremdfirma aus Niedersachsen beauftragt.
Das allerdings ging schief. Ein Mitarbeiter dieser Fremdfirma, der heute 55-jährige Jens F. aus Potsdam, soll Liegenschaftspläne von Bundestagsgebäuden an den russischen Militärgeheimdienst GRU weitergegeben haben. Der Vorfall soll sich bereits im Jahre 2017 ereignet haben, wie die Bundesanwaltschaft heute mitteilte.
Pläne waren nicht geheim
Das Bundeskriminalamt stieß im Zuge der Ermittlungen zunächst auf die Bundestagsverwaltung. Die Pläne sind nicht geheim und daher für Bundestagsmitarbeiter frei zugänglich. Letztlich stellte sich heraus, dass die PDF-Dateien von der Bundestagsverwaltung an die Firma geschickt worden waren - ganz legal, damit die Firma ihre Tätigkeit in den Bundestagsgebäuden ausüben konnte.
Über die Firma stießen die Ermittler schließlich auf Jens F., einen Mann mit Vorgeschichte: Zu DDR-Zeiten soll er nach Informationen von SWR und ARD-Hauptstadtstudio enge Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) gehabt haben. Die Kenntnisse, die er seinerzeit erwarb, dürften es ihm ermöglicht haben, einen Repräsentanten des russischen Militärnachrichtendienstes GRU an der russischen Botschaft zu identifizieren. Diesem schickte er schließlich die Dateien.
Für Nachrichtendienste durchaus von Wert
Auch wenn die Pläne des Bundestages, die Jens F. an den GRU weitergeleitet hat, nicht streng geheim sind, so sind sie zweifellos von Wert für einen ausländischen Nachrichtendienst. Der Bundestag und genaue Kenntnisse über die Liegenschaften sind beispielsweise zur Planung von Sabotageakten in Krisenzeiten durchaus wertvoll.
Darüber hinaus ist die Weitergabe der Dateien an russische Behörden eine Straftat. Weil es sich strafrechtlich um den Verdacht der "geheimdienstlichen Agententätigkeit" handelte, übernahm der Generalbundesanwalt den Fall. Die Wohnung von Jens F. wurde durchsucht, er blieb aber auf freiem Fuß. Die Ermittlungen gingen weiter und am 12. Februar erhob der Generalbundesanwalt Anklage beim Kammergericht Berlin, wie jetzt bekannt wurde.
Beziehungen zu Russland zusätzlich belastet
Der Fall ist eine weitere Belastung für die deutsch-russischen Beziehungen. In den vergangenen Monaten ist die Tätigkeit russischer Nachrichtendienste in Deutschland mehrfach in den Fokus von Politik und Öffentlichkeit geraten. So beispielsweise bei der Ermordung von Selimchan Khangoshvili im Kleinen Tiergarten in Berlin - mutmaßlich im Auftrag eines russischen Geheimdienstes. Die Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny, ebenfalls mutmaßlich durch einen russischen Geheimdienst, hat die deutsch-russischen Beziehungen zuletzt stark belastet.