Wahlwiederholung in Berlin Ruhiger Wahltag, Stimmenauszählung läuft
Die Teilwiederholung der Bundestagswahl in einigen Bezirken Berlins ist laut Wahlleitung ohne größere Vorkommnisse über die Bühne gegangen. Die Auszählung läuft. Erste Ergebnisse deuten auf leichte Verluste bei den Ampel-Parteien hin.
Nach der Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin läuft die Auszählung der Stimmen. Um 18 Uhr hatten die Wahllokale geschlossen. Der Tag war aus Sicht der Landeswahlleitung ruhig verlaufen - abgesehen von einigen kleinen Verzögerungen.
Prognosen und Hochrechnungen gab es nicht. Erste Ergebnisse deuten auf leichte Zugewinne für CDU und AfD hin. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP verlieren im Vergleich zum Gesamtergebnis 2021 etwas an Boden. Das ergibt sich aus Angaben der Landeswahlleitung im Internet, wonach Stand 20:15 Uhr rund 95 Prozent aller Wahlgebiete ausgezählt sind. Die Angaben basieren auf den gültigen Ergebnissen von 2021 und den bereits ausgezählten Ergebnisse der teilweisen Wiederholung am Sonntag.
CDU und AfD können auf Grundlage dieses noch unvollständigen Zwischenstands mit einem Plus von etwa einem Prozentpunkt rechnen. SPD, Grüne und FDP müssen mit Einbußen von jeweils um die 0,7 Prozentpunkte rechnen. Die Linke bleibt diesen Zwischenergebnissen zufolge etwa stabil. An der Reihenfolge der Parteien bei der Bundestagswahl 2021 ändert sich demnach zunächst nichts. Ein vorläufiges Gesamtergebnis erwartet der Landeswahlleiter nach Mitternacht.
Geringere Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung lag unter der von 2021. Nach Angaben der Landeswahlleitung gaben in den 455 Wahlbezirken und dazugehörigen Briefwahlbezirken, in denen am Sonntag erneut gewählt wurde, bis 16:00 Uhr 40,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Am 26. September 2021 waren es in den fraglichen Wahlbezirken zur gleichen Zeit zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale 57 Prozent. In allen Berliner Wahlbezirken zusammengerechnet - einschließlich jener, die jetzt nicht neu wählten - hatte die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl seinerzeit 75,2 Prozent betragen.
Damals hatte es neben der Wahl zum Bundestag auch noch die Wahlen zum Abgeordnetenhaus, zu den Bezirksverordnetenversammlungen sowie zu einem Volksentscheid gegeben. Die Wahlen auf Landes- und Bezirksebene waren bereits im Februar 2023 komplett wiederholt worden.
Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler führte die eher schwache Beteiligung auf die "ganz schwierigen Bedingungen" zurück, unter denen diese stattfand. Viele Bürgerinnen und Bürger hätten nicht gewusst, ob sie wahlberechtigt gewesen seien oder wo ihr Wahllokal sei, sagte Bröchler am Abend im rbb. Er habe "alle Möglichkeiten angeboten, das herauszufinden". Aber es seien eben auch nicht alle internetaffin. Außerdem führte er die voraussichtlich geringe Wahlbeteiligung auf die Winterferien zurück. Viele Berlinerinnen und Berliner seien verreist.
Insgesamt wurde in 455 von 2.256 Wahlbezirken und den zugehörigen Briefwahlbezirken gewählt. Rund 550.000 Menschen waren stimmberechtigt.
Prominente könnten Direktmandat verlieren
An den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag wird der Wahlgang in der Hauptstadt nichts ändern. Der Anteil der Wahlberechtigten an deren Gesamtzahl auf Bundesebene beträgt nur 0,9 Prozent. Kleine Verschiebungen sind aber möglich. Einige Abgeordnete könnten ihren Sitz im Bundestag verlieren, andere neu ins Parlament einziehen.
Auch einige prominente Namen mussten sich erneut bewähren: So verlor SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei den Erststimmen nach Angaben der Landeswahlleitung gegenüber 2021 zwar leicht, landete im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg im Gesamtergebnis aber mit 26,7 Prozent auf dem ersten Platz. Auch die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mussten noch einmal um ihr Direktmandat kämpfen.
Schwere Pannen 2021
Die Wiederholung der Wahl war nötig geworden, weil es am 26. September 2021 zu einigen Pannen gekommen war: lange Schlangen vor Wahllokalen, fehlende oder falsche Stimmzettel und eine zeitweise Wahlunterbrechung mancherorts. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember entschieden, dass die Bundestagswahl deshalb in 455 Berliner Wahlbezirken wiederholt werden muss.
Laut Landeswahlleiter Stephan Bröchler wurden dieses Mal wichtige Vorkehrungen für einen reibungslosen Ablauf getroffen. "Der Fehler muss geheilt werden und das können nur wir, die Bürgerinnen und Bürger", sagte Bröchler am Morgen bei der Stimmabgabe.
Kleinere Verzögerungen am Morgen
In zwei Fällen gab es Verzögerungen beim Wahlgang. In einem Wahllokal im Bezirk Pankow fehlte ein Schlüssel für einen abgeschlossenen Raum mit den Wahlunterlagen, wie Bröchler schilderte. Der Wahlvorstand hatte demnach den Schlüssel nicht von der dortigen Kita bekommen. Unterlagen seien dann vom Bezirk geliefert worden, sodass das Lokal mit 40 Minuten Verzögerung um 8.40 Uhr geöffnet habe.
In Kreuzberg hatte sich laut Bröchler ein Wahlvorstand wegen eines Unfalls mit einem Taxi verspätet, sodass es in dem betreffenden Wahllokal ebenfalls verzögert losging. "Das kann bei der besten Organisation passieren", sagte der Landeswahlleiter. In einem Wahllokal in Pankow wurde ein Vorstand gegen seine Stellvertreterin ausgewechselt, weil er "unkooperativ" gewesen sein soll. Verzögerungen habe es dort nicht gegeben.
Gewählt wurde in allen zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen, allerdings in höchst unterschiedlichem Maße. Am stärksten betroffen war Pankow, wo die Stimmen von mehr als 85 Prozent der Wählerinnen und Wähler annulliert wurden. Es folgten Charlottenburg-Wilmersdorf (42,7 Prozent), Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost (33,8 Prozent) und Reinickendorf (31,7 Prozent). In fast allen anderen Wahlkreisen waren weniger als zehn Prozent erneut zur Stimmenabgabe aufgerufen.
Bei der Bundestagswahl 2021 war berlinweit die SPD stärkste Kraft (23,4 Prozent) geworden. Es folgten die Grünen (22,4 Prozent), die CDU (15,9 Prozent) und die Linke (11,4 Prozent). Die FDP kam auf 9,1 Prozent, die AfD auf 8,4 Prozent, sonstige Parteien erhielten 9,4 Prozent. Bundesweit stand die SPD auf Platz eins, gefolgt von Union, Grünen, FDP und AfD.