Bundestag erinnert an Mauerfall "Vorbild für eine friedliche Revolution"
Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Der Bundestag hat heute an dieses historische Ereignis erinnert. Bundestagspräsidentin Bas lobte den Mut der Ostdeutschen. Doch auch die aktuellen Krisen spielten eine Rolle.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat den Mut der DDR-Bürger gewürdigt, die am 9. November vor 35 Jahren die Berliner Mauer zum Einsturz brachten. "Die Ostdeutschen haben mit der friedlichen Revolution der Demokratie in ganz Deutschland einen großen Dienst erwiesen", sagte die SPD-Politikerin. "Sie haben damit auch der ganzen Welt ein Vorbild für eine friedliche Revolution gegeben."
Unterschiedliche Folgen in Ost und West
Bas bezeichnete die Wiedervereinigung als "Glücksfall" für Deutschland. Doch sie erinnerte auch daran, dass der Fall der Mauer in West und Ost ganz unterschiedliche Folgen hatte. Für die meisten Westdeutschen sei der Alltag weitergegangen. "Für viele Ostdeutsche war der Umbruch mit großen Härten verbunden: Sie mussten sich ein neues Leben aufbauen. Das ist eine beeindruckende Leistung, die große Anerkennung verdient. Nicht nur an einem Jahrestag."
Die aktuelle politische Krise in Deutschland ließ die Bundestagspräsidentin nicht unerwähnt. "Wir erleben turbulente Tage", sagte sie. "Uns alle beschäftigen die Ereignisse von Mittwochabend", als die Ampelkoalition zerbrochen war, "und auch die Wahlen in den Vereinigten Staaten und ihre Folgen". "In diesem Moment besinnen wir uns auf die Wegmarken unserer Geschichte", fuhr Bas fort. "Und vergewissern uns unserer Werte, wie sie im Grundgesetz verankert sind."
Warnung vor "Geschichtsklitterung"
Die Grünen-Abgeordnete Katrin Göring-Eckardt warnte davor, die DDR-Diktatur in "ein Erinnerungsbullerbü" zu verwandeln. Das DDR-Regime habe den Bürgern alle Freiheiten geraubt. "Wer kritisch hinterfragte, stand mit einem Bein im SED-Knast", sagte sie. Wer anderes behaupte, betreibe "Geschichtsklitterung". Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg rief dazu auf, keine geschichtsvergessenen Vergleiche zu ziehen. Wer etwa von einer "Corona-Diktatur" spreche, der verharmlose echte Diktaturen.
Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP wurde ein Antrag verabschiedet, der die historische Bedeutung der friedlichen Revolution hervorhebt. In der Erklärung wird zudem die Bundesregierung aufgefordert, das geplante "Forum Opposition und Widerstand 1949-1990" einzurichten. Sie solle zudem die Errichtung des Zukunftszentrums für Deutsche Einheit vorantreiben und die Forschung zur DDR-Geschichte stärken.
Aus den Reihen der Linken und vom BSW wurde darauf hingewiesen, dass es weiterhin ein Ost-West-Gefälle bei Löhnen, Renten, Vermögen, Armut und der Besetzung von Führungspositionen gebe. Die AfD kritisierte die "Missachtung" der Ostdeutschen wegen ihres Wahlverhaltens.
Erinnerung auch an Pogromnacht
Doch nicht nur der Mauerfall ereignete sich an einem 9. November. 1938 kam es an diesem Datum auch zur Pogromnacht. Damals hatten von den Nationalsozialisten organisierte Schlägertrupps jüdische Geschäfte und Synagogen zerstört. Jüdinnen und Juden wurden drangsaliert, misshandelt und ermordet. Bundestagspräsidentin Bas erinnerte in ihrer Rede auch daran. Dieser 9. November stehe für den "moralischen Tiefpunkt der deutschen Geschichte" und das Land sei sich der Verantwortung bewusst, die daraus erwachse. "Besonders, da sich Judenhass in unserer Gesellschaft in einem erschreckenden Ausmaß zeigt."
Bas verwies auf die Resolution gegen Antisemitismus, die der Bundestag am Donnerstag verabschiedet hatte. Sie sei ein Zeichen der Geschlossenheit und Entschlossenheit, auf das Jüdinnen und Juden in Deutschland gewartet hätten.
Schließlich erinnerte Bas auch noch an den 9. November 1918, als Philipp Scheidemann in Berlin die Republik ausgerufen hatte. Scheidemann rief damals zum Schutz der noch ganz jungen Republik auf, wie Bas anmerkte. "Unsere Republik ist heute nicht mehr neu. Scheidemanns mahnende Worte aber sind noch immer aktuell", fügte Bas hinzu. "Gerade am 9. November, diesem vielschichtigen Tag der Geschichte unseres Landes sind sie ein Appell an uns alle: Tragen wir Sorge für unsere Demokratie."