Bundestagswahl 2025 So funktioniert die Briefwahl
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl muss alles schnell gehen. Das ist auch bei der Briefwahl herausfordernd. Wie läuft das ab, wie wählt man per Brief - und wie wird ausgezählt? Antworten auf wichtige Fragen.
Wie läuft die Briefwahl bei dieser Bundestagswahl ab?
Die vorgezogene Neuwahl des Bundestags, die für den 23. Februar geplant ist, stellt die Organisatoren vor große Herausforderungen: Es müssen Wahlausschüsse auf Kreis- und Landesebene berufen, Hunderttausende Wahlhelferinnen und -helfer geworben und geschult sowie Wahlräume gefunden und ausgestattet werden.
An rund 60 Millionen Wählerinnen und Wähler werden Wahlbenachrichtigungen verschickt - auch an wahlberechtigte Deutsche im Ausland, die die Möglichkeit zur rechtzeitigen Briefwahl haben müssen. Hinzu kommen der Versand der Briefwahlunterlagen und die Einrichtung von Briefwahlbezirken - 25.000 waren es 2021.
Auch die Stimmzettel müssen binnen kurzer Zeit gedruckt werden. Bleibt es beim bisherigen Zeitplan, könnte voraussichtlich vom 30. Januar an mit dem Drucken begonnen werden. Erst anschließend könnten die Kommunen beginnen, die Briefwahlunterlagen zu versenden, teilte die Pressestelle der Bundeswahlleiterin mit. Das dürfte demnach ab Anfang Februar geschehen und könnte regional unterschiedlich verlaufen, abhängig von den Druckereien und deren Auslieferungsbedingungen.
Ausschlaggebend für das Datum 30. Januar sei, dass spätestens an diesem Tag die endgültigen Wahlvorschläge feststehen: Es ist der letzte Tag für etwaige Entscheidungen der Landeswahlausschüsse oder des Bundeswahlausschusses über Beschwerden.
Bundeswahlleiterin Ruth Brand hält den Februar-Termin mit all seinen Herausforderungen "für rechtssicher durchführbar", wie sie Mitte November im Wahlprüfungsausschuss des Bundestags erklärte. Die Umsetzung sei aus ihrer Sicht "beherrschbar". Der Zeitraum von 60 Tagen zwischen der Auflösung des Bundestages bis zur Neuwahl sollte allerdings für die Wahlorganisation voll ausgeschöpft werden.
Seit wann gibt es die Briefwahl?
Seit der Bundestagswahl 1957 gibt es die Möglichkeit, von zu Hause aus abzustimmen. Ein halbes Jahrhundert lang konnte man seine Stimme nur dann per Brief abgeben, wenn man dies begründen und die Gründe auch glaubhaft machen konnte. Diese Regelung schaffte der Gesetzgeber 2008 ersatzlos ab. Entsprechend heißt es auf der Website der Bundeswahlleiterin, Wahlberechtigte "können ihr Wahlrecht ohne Vorliegen eines besonderen Grundes durch Briefwahl ausüben".
Wer wählt eigentlich per Brief?
1957 war der Anteil der Briefwählerinnen und Briefwähler mit 4,9 Prozent vergleichsweise klein. Seit der Wahl 1990 - damals gab es 9,4 Prozent Briefwählende - entscheiden sich bei jeder Bundestagswahl immer mehr Menschen gegen einen Besuch im Wahllokal. 2017 lag der Anteil der Briefwähler bereits bei 28,6 Prozent.
Zur Bundestagswahl 2021 verstärkte sich dieser Trend deutlich. Das lag vermutlich auch an der Corona-Pandemie: Mit 47,3 Prozent machten fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler von der Briefwahl Gebrauch. 22.145.205 Menschen gaben ihre Stimmen zum Teil schon mehrere Tage oder Wochen vor dem Wahltermin ab.
Die Beteiligung in den Bundesländern ist dabei unterschiedlich: Besonders hoch war der Anteil der Briefwählenden 2021 in Bayern (62,4 Prozent) und Rheinland-Pfalz (60,9 Prozent), während in Niedersachsen (33,6 Prozent) und Schleswig-Holstein (33,1 Prozent) erheblich weniger Menschen die Briefwahl nutzten.
Beim Blick auf die Altersgruppen gibt es keine allzu großen Unterschiede. Den niedrigsten Anteil an Briefwählenden hatten bei der Bundestagswahl 2021 mit 42,4 Prozent die Geburtsjahrgänge 1977 bis 1986. Etwas höher - bei 42,8 Prozent - lag der Anteil in den Jahrgängen 1997 bis 2003. Den höchsten Anteil hatten die beiden Jahrgangsgruppen mit den ältesten Wählerinnen und Wählern: Mit 52,7 Prozent lagen die Jahrgänge von 1951 und früher vor den Jahrgängen von 1952 bis 1961 (49,9 Prozent).
Wo bekomme ich die Briefwahlunterlagen?
Wer per Brief wählen will, muss in der Gemeinde des Hauptwohnortes einen Wahlschein beantragen. Der Antrag ist persönlich oder schriftlich möglich - zum Teil können die Unterlagen aber auch online beantragt werden. Ein Telefonat reicht allerdings nicht.
Wer bereits eine Wahlbenachrichtigung erhalten hat, der kann den Vordruck auf der Rückseite nutzen und ausgefüllt zurücksenden. Wahlberechtigte können aber auch persönlich ihre Briefwahlunterlagen abholen, direkt an Ort und Stelle wählen oder die Unterlagen später abgeben.
Bis wann muss der Antrag gestellt werden?
Der Antrag sollte auf jeden Fall so früh wie möglich gestellt werden, rät die Bundeswahlleiterin. Auf die Wahlbenachrichtigung muss nicht gewartet werden. Die letzte Möglichkeit ist der Freitag vor der Wahl bis 15 Uhr. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Bei einer plötzlichen Erkrankung zum Beispiel kann der Wahlschein auch am Wahltag bis 15 Uhr beantragt werden.
Der Antrag kann aber auch gestellt werden, bevor die Wahlbenachrichtigung zugestellt wurde. Folgende Angaben sind dann erforderlich: Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Wohnanschrift.
Wird der Antrag für eine andere Person gestellt, muss eine schriftliche Vollmacht vorlegen. Eine Beantragung ist daher in diesem Fall nur persönlich oder schriftlich möglich.
Wahlberechtigte mit Behinderungen können sich bei der Antragstellung von einer anderen Person helfen lassen.
Welche Unterlagen bekommt man?
Zu den Briefwahlunterlagen gehören der Wahlschein, der Stimmzettel mit einem dafür vorgesehenen Umschlag, ein roter, bereits mit einer Anschrift versehener Wahlbriefumschlag sowie ein Merkblatt mit Hinweisen für die Briefwahl.
Wie funktioniert die Briefwahl?
Auf dem Stimmzettel werden wie gewohnt Erst- und Zweitstimme angekreuzt. Der Stimmzettel muss in den Stimmzettelumschlag gesteckt und dieser muss zugeklebt werden. Der Stimmzettelumschlag muss schließlich in den roten Wahlbriefumschlag.
In das rote Kuvert gehört auch der Wahlschein - der muss unbedingt unterschrieben und mit Datum versehen werden (eidesstattliche Erklärung). Dann muss der Umschlag zugeklebt werden und kann verschickt werden oder bei der auf dem roten Umschlag angegebenen Stelle direkt abgegeben werden. Wer den Wahlbriefumschlag innerhalb Deutschlands verschickt, benötigt dafür keine Briefmarke.
Der Wahlbrief muss der zuständigen Stelle spätestens am Wahlsonntag um 18 Uhr vorliegen. Die Bundesregierung empfiehlt, ihn rechtzeitig zu verschicken, spätestens drei Werktage vor der Wahl.
Wie funktioniert die Briefwahl aus dem Ausland?
Auch eine Briefwahl im Ausland ist möglich. Hier sollten Wählerinnen und Wähler aber bedenken, dass sie dafür sorgen müssen, dass der Brief auch rechtzeitig ankommt. Als letzte Möglichkeit gilt auch hier der Wahlsonntag bis 18 Uhr. Eine Frankierung ist erforderlich und muss selbst getragen werden.
Die Bundeswahlleiterin empfiehlt, die Wahlbriefe aus dem außereuropäischen Ausland per Luftpost zu versenden. Einige deutsche Auslandsvertretungen bieten als Serviceleistung die Rücksendung von Wahlbriefen auf dem amtlichen Kurierweg an. Wo dies möglich ist, lässt sich bei den betreffenden Botschaften und Konsulaten erfragen. Doch auch eine Sendung per Kurier kann mehrere Tage dauern.
Sogenannte Auslandsdeutsche, die dauerhaft im Ausland leben und nicht in Deutschland gemeldet sind, müssen vor jeder Wahl einen schriftlichen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis der zuständigen Gemeinde stellen. Denn nur wer im Wählerverzeichnis steht, kann auch wählen. Auf der Webseite der Bundeswahlleiterin finden sich die entsprechenden Antragsformulare. Die Frist für eine Eintragung ins Wählerverzeichnis endet am 2. Februar. Das Formular muss im Original bei der zuständigen Gemeindeverwaltung vorliegen - das ist in der Regel die letzte Meldegemeinde oder die Gemeinde, zu der die engste Verbundenheit besteht.
Doch diese Hürde ist nicht die einzige, die Auslandsdeutsche bei der kommenden Wahl überwinden müssen. Weil voraussichtlich erst Anfang Februar mit dem Versand der Briefwahlunterlagen begonnen wird, bleibt nur sehr wenig Zeit, diese bis zum 23. Februar ausgefüllt zurückzuschicken.
Wie werden die Briefwahlzettel ausgezählt?
Die ungeöffneten Wahlbriefe werden bis zum Wahltag gesammelt und unter Verschluss gehalten. Am Wahltag werden sie an die zuständigen Briefwahlvorstände verteilt. Die roten Wahlbriefe werden ab 15 Uhr geöffnet und der Wahlschein auf Gültigkeit geprüft. Verschlossene, unbeanstandete Stimmzettelumschläge und Wahlscheine werden voneinander getrennt und die Stimmzettelumschläge in eine Wahlurne geworfen, sodass nicht nachvollziehbar ist, wer wie gewählt hat. Die fünf bis neun Personen, die einen Briefwahlvorstand bilden, kontrollieren sich gegenseitig.
Nach 18 Uhr werden die Stimmzettel wie die anderen am Wahltag abgegebenen Stimmzettel der Urne entnommen und öffentlich ausgezählt.
Ist der hohe Briefwähleranteil ein Problem?
Eine hohe Wahlbeteiligung - auch aufgrund eines hohen Anteils an Briefwahlstimmen - ist per se gut für die Demokratie. Doch mit Blick auf die Gewährleistung einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl sehen Experten die Briefwahl auch kritisch.
So sei bei der Briefwahl nicht nachvollziehbar, ob der Wahlberechtigte seine Stimme unbeeinflusst, unbeobachtet und höchstpersönlich abgegeben hat. Die Gefahr besteht, dass Wähler eingeschüchtert oder bestochen werden. Auch die Beeinflussung behinderter oder dementer Menschen ist theoretisch möglich, ebenso wie die Weitergabe bereits unterschriebener, aber noch nicht ausgefüllter Unterlagen.
Auch die Tatsache, dass sich die Wahl dadurch auf mehrere Wochen erstreckt, wird kritisch gesehen. Wer seine Stimme lange vor der Wahl abgibt, kann aktuelle Ereignisse vor der Abstimmung nicht mehr in seiner Entscheidung berücksichtigen.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach mit dem Thema Briefwahl befasst und sie trotz der Risiken für verfassungskonform erklärt. In seinen Entscheidungen hat es der "Allgemeinheit der Wahl", also einer möglichst hohen Wahlbeteiligung, einen größeren Stellenwert beigemessen als einer drohenden Gefährdung des Wahlgeheimnisses.
Die Bundesregierung teilte im September 2023 auf eine kleine Anfrage der AfD-Fraktion zum Thema Missbrauch bei der Briefwahl mit, der Gesetzgeber habe eine "Vielzahl von Vorkehrungen" getroffen, um einen solchen Missbrauch zu verhindern.
So gebe es einen Sperrvermerk im Wählerverzeichnis bei der Beantragung von Briefwahlunterlagen, sodass die Wahl ausschließlich mit dem ausgestellten Wahlschein möglich sei. Zudem verweist die Bundesregierung auf die eidesstaatliche Versicherung, die auf dem Wahlschein abgegeben werden muss. Ein Verstoß führe zu strafrechtlichen Konsequenzen. Auch gebe es Kontrollmechanismen, wenn Briefwahlunterlagen an eine andere als die Wohnadresse versandt werden sollen.
Bundeswahlleiterin Brand teilte mit, dass die Briefwahl genauso demokratisch legitimiert und genauso sicher sei wie die Urnenwahl im Wahllokal. Auch sie verweist auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts dazu. Außerdem verhandele, berate und entscheide der Briefwahlvorstand öffentlich. Daher habe jeder vom Zeitpunkt des Zusammentritts des Briefwahlvorstands - also schon wenn dieser die Wahlbriefe öffnet - das Recht, anwesend zu sein.