Besuch bei Merkel und Macron May wirbt für neue Brexit-Frist
Premierministerin May wirbt in Deutschland und Frankreich um Unterstützung für einen weiteren Aufschub des Brexits. Die EU signalisiert Entgegenkommen - Merkel hält offenbar eine Verschiebung bis Anfang 2020 für möglich.
Kanzlerin Angela Merkel hält eine Verschiebung des britischen EU-Austritts bis Ende 2019 oder Anfang 2020 offenbar für möglich. Beim morgigen EU-Sondergipfel zum Brexit werde es um eine "Flextension"-Erweiterung des Austrittstermins gehen, sagte die Kanzlerin nach Angaben von Teilnehmern in einer Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag.
Zuvor hatte sie eineinhalb Stunden lang mit der britischen Premierministerin Theresa May im Kanzleramt über die Lage beraten. Beide Regierungschefinnen wollen einen chaotischen Austritt Großbritanniens aus der EU am Freitag verhindern. May hofft auf einen weiteren Aufschub bis zum 30. Juni. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat dagegen eine flexible Verlängerung um bis zu zwölf Monate vorgeschlagen.
Bedingungen der Fristverlängerung werden diskutiert
Tatsächlich dürfte die EU Großbritannien einen weiteren Brexit-Aufschub gewähren. Noch werde aber über die Bedingungen für eine Fristverlängerung und die zeitliche Dauer diskutiert, hieß es nach einem Ministertreffen in Luxemburg zur Vorbereitung des Treffens.
Ein Teil der Mitgliedstaaten ist demnach dafür, die Austrittsfrist - wie von der Regierung in London gewünscht - bis zum 30. Juni zu verlängern. Ein anderer Teil bevorzugt einen längeren Aufschub, um das Risiko erneuter Diskussionen im Sommer auszuschließen. Der Trend soll den Angaben zufolge in Richtung einer längeren Frist gehen.
EU-Kommissar Günther Oettinger sagte dem "Handelsblatt", dass es sich unter bestimmten Bedingungen eine Verschiebung des Brexits um bis zu einem Jahr vorstellen könne. Der deutsche Staatsminister Michael Roth sagte, die Situation sei "sehr, sehr frustrierend". Eine weitere Verschiebung des Austritts Großbritanniens aus der EU müsse an strenge Voraussetzungen geknüpft sein. Und EU-Chefunterhändler Michel Barnier betonte, die Dauer einer Verlängerung müsse im Verhältnis zum Ziel stehen.
Treffen im Kanzleramt: Angela Merkel winkt zum Abschied Premierministerin Theresa May zu.
Deadline bis Jahresende?
Einige Medien - darunter der "Guardian" - hatten zuvor bereits spekuliert, dass die EU-Staaten eine Deadline bis Ende dieses Jahres anbieten könnten. Eine Bedingung für eine erneute Verschiebung des Brexit-Datums soll sein, dass die Briten am 23. Mai an der Europawahl teilnehmen.
Damit sollen rechtliche Schwierigkeiten vermieden werden, wenn Großbritannien im Sommer noch EU-Mitglied sein sollte, aber keine Abgeordneten gewählt hat. Zudem wollen Mitgliedstaaten erreichen, dass sich London verpflichtet, nicht aktiv in EU-Entscheidungen einzugreifen.
Für Verwunderung sorgte hingegen ein Vorschlag der britischen Regierungsvertreterin Andrea Leadsom: Die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin schlug plötzlich Änderungen am längst festgezurrten Brexit-Abkommen vor. Dabei hatte Brüssel gebetsmühlenartig betont, dass das zwischen der EU und May vereinbarte Austrittsabkommen auf keinen Fall wieder aufgeschnürt wird. Spielraum gebe es nur bei der Politischen Erklärung zum Brexit.
May trifft Macron
Zunächst steht May ohnehin noch ein weiterer schwieriger Termin bevor. Nach dem Treffen im Bundeskanzleramt reiste sie nach Paris, um den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu treffen.
Das Onlineportal "Buzzfeed" berichtet unter Berufung auf europäische Diplomaten, Macron wolle eine Brexit-Aufschiebung höchstens bis zum Jahresende. Der französische Präsident sei zudem für Überprüfungen alle drei Monate. Damit solle sichergestellt werden, dass das Vereinigte Königreich die EU-Geschäfte nicht lahmlegt.