Nach Haushaltsurteil Esken will Schuldenbremse aussetzen
SPD-Chefin Esken hat erneut dafür plädiert, die Schuldenbremse für zwei Jahre auszusetzen. Dies würde mehr Spielraum für staatliche Ausgaben schaffen. Weder beim Klimaschutz noch beim Sozialstaat werde man Einsparungen zulassen.
Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts hat SPD-Parteichefin Saskia Esken erneut gefordert, die Schuldenbremse für dieses und das kommende Jahr wegen einer Notlage nicht anzuwenden. "Da wir uns durch äußere Einflüsse in einer fortdauernden krisenhaften Situation befinden, plädiere ich auch weiterhin dafür, die Schuldenbremse für 2023 und 2024 auszusetzen", sagte Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine Aussetzung würde vorübergehend wieder mehr Spielraum für staatliche Ausgaben schaffen, der durch das Karlsruher Urteil mit Blick auf sogenannte Schattenhaushalte der Vergangenheit eingeschränkt wurde.
Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwoch eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Offen ist, ob das Urteil darüber hinaus Folgen für den Umgang mit schuldenfinanzierten Sondervermögen in Bund und Ländern haben könnte.
Reform der Schuldenbremse "unausweichlich"
Esken betonte, gleichzeitig würden die Aufgaben des Klimawandels, der Digitalisierung und des demografischen Wandels eine allgemeine Reform der Schuldenbremse "unausweichlich" machen. "Klar ist, wir werden weder beim Klimaschutz und seiner sozialgerechten Ausgestaltung noch beim Sozialstaat Einsparungen zulassen", sagte die SPD-Chefin, die gemeinsam mit Lars Klingbeil auf dem Parteitag im Dezember für weitere zwei Jahre an der Spitze der Sozialdemokraten antreten will. Sie erneuerte außerdem die Forderung der SPD, über höhere Steuern für Spitzenverdiener für Mehreinnahmen zu sorgen.
"Keine Krisenbewältigung auf Kosten sozialer Infrastruktur"
Bereits Ende Oktober hatte Esken angesichts der möglichen finanziellen Auswirkungen der aktuellen Konflikte in der Welt ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse gefordert. "Durch die anhaltenden Krisen, nicht zuletzt durch den Überfall Russlands auf die Ukraine und den Konflikt im Nahen Osten, ergeben sich Herausforderungen, die wir nicht aus einem Normalhaushalt stemmen können, ohne dabei andere Aufgaben zu vernachlässigen", sagte Esken der "Rheinischen Post". Krisenbewältigung auf Kosten der sozialen Infrastruktur, der Demokratieförderung oder der Integration - das sei mit der SPD nicht zu machen.
Auch DGB fordert Aussetzen der Schuldenbremse
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die Aussetzung der Schuldenbremse im kommenden Jahr gefordert. "Kurzfristig muss die Bundesregierung die Schuldenbremse nochmals aussetzen. Dafür gibt es eine gute Begründung, denn die Auswirkungen der Energiekrise sind längst nicht ausgestanden", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
Das jüngste Verfassungsurteil zeige, dass die Schuldenbremse unflexibler und investitionsfeindlicher sei, als viele in Deutschland gedacht hätten. "An einer grundlegenden Reform dieser Zukunftsbremse führt kein Weg vorbei. Die Reform sollte darauf abzielen, Nettoinvestitionen künftig von der Schuldenregel auszunehmen", sagte Körzell.
Außerdem müsse es eine höhere Besteuerung von Vermögenden geben, forderte der DGB-Vorstand. "Alles andere wäre angesichts der Herausforderungen einfach verantwortungslos."