Haushaltsausschuss im Bundestag Beratungen beendet - Beschluss vertagt
Die Etats der Ministerien für 2024 stehen weitgehend. Unter anderem gibt es mehr Geld für Freiwilligendienste, BAföG und Integrationskurse. Auch beim Elterngeld konnte sich die Ampel einigen. Der finale Beschluss steht aber noch aus.
Der Haushaltsausschuss im Bundestag hat die inhaltlichen Beratungen zum Etat des Bundes für das kommende Jahr abgeschlossen. Verabschiedet wurde die Vorlage aber noch nicht. Gestern Mittag hatte die sogenannte Bereinigungssitzung begonnen und dauerte bis in die frühen Morgenstunden.
Dieses Jahr waren die Beratungen allerdings vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Staatsfinanzen überschattet. Das Gericht hatte der Regierung 60 Milliarden Euro an verfassungswidrig übertragenen Krediten gestrichen. Da die Auswirkungen für den Haushalt 2024 unklar sind, hatte die Union eine Verschiebung der Sitzung gefordert. Den Antrag wies die Ampelkoalition gestern zurück. Aus Protest entschieden sich CDU und CSU, keine eigenen Anträge zu stellen.
Finaler Beschluss am Donnerstag
Weil nach dem Urteil viele Fragen offen sind, soll am kommenden Dienstag noch eine Sachverständigenanhörung stattfinden, erklärten die Haushaltsexperten der Ampelfraktionen. Am kommenden Donnerstag soll die Bereinigungssitzung dann formal beendet werden.
Erst dann werden auch Informationen darüber vorliegen, wie stark sich der Bund im kommenden Jahr neu verschuldet und wie viel Geld insgesamt ausgegeben wird. Finanzminister Christian Lindner (FDP) war in seinem Entwurf von einer Neuverschuldung von 16,6 Milliarden Euro ausgegangen. Durch verschlechterte Konjunkturaussichten hat sich der Verschuldungsspielraum nach Lindners Angaben mittlerweile um weitere 5,5 Milliarden Euro erhöht.
Den Kernhaushalt für das kommende Jahr, also die Etats der einzelnen Ministerien, sieht die Koalition aber nicht von dem Urteil des Verfassungsgerichts betroffen. Die Einzelposten des Haushalts wurden somit weitgehend fertiggestellt.
700 Millionen Euro mehr für humanitäre Hilfe
Unter anderem wurden die Mittel für humanitäre Hilfe im Ausland aufgestockt. Verglichen mit den Plänen der Regierung soll es 700 Millionen Euro mehr geben. Nach Angaben des Linkspartei-Abgeordneten Victor Perli steht aber immer noch deutlich weniger Geld zur Verfügung als in diesem Jahr.
Aufgestockt wurden auch die Mittel für Integrationskurse und Beratungsleistungen für Zuwanderer. Statt der ursprünglich vorgesehenen 880 Millionen Euro wurden 1,06 Milliarden Euro eingeplant.
Kampf gegen Antisemitismus
Um 100 Millionen Euro stockte der Ausschuss die Mittel für die Unterstützung jüdischen Lebens in Deutschland und Europa und den Kampf gegen Antisemitismus auf. "Wir haben einen Auftrag, jüdisches Leben in Deutschland und in der Welt sicherer zu machen", hieß es in einer Erklärung der Haushaltsexperten der Koalition.
Die unterstützten Maßnahmen reichen demnach von Präventionsarbeit bei Jugendlichen, Unterstützung von jüdischen Gemeinden und deren Synagogen in Deutschland über Zuschüsse an Vereine zum Kampf gegen Antisemitismus bis hin zu erinnerungskulturellen Jugendprojekten.
Elterngeld-Reform kommt schrittweise
Die heftig umstrittene Elterngeld-Kappung für Bezieher hoher Einkommen fällt nun weniger radikal aus. Die Einkommensgrenze, bis zu der Elterngeld gezahlt wird, soll nicht plötzlich, sondern schrittweise sinken.
Bis Ende März soll sich zunächst gar nichts ändern. Danach fällt die Grenze auf 200.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen. Ab April 2025 soll eine Einkommensgrenze von 175.000 Euro gelten. Geändert wird nun auch, dass Eltern nur noch einen Monat parallel Elterngeld beziehen können. Mindestens einer der Partnermonate muss allein genommen werden. Das muss zudem innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes passieren.
Ukraine-Hilfe und Senkung der Stromsteuer
Andere Änderungen hatte Lindners Ministerium selbst eingepflegt: In der Vorlage für die Ausschusssitzung wurde die Militärhilfe für die Ukraine auf acht Milliarden Euro verdoppelt.
Außerdem wurden nach der Ampeleinigung auf ein Entlastungspaket rund 1,3 Milliarden Euro mehr Zuschüsse für stromintensive Unternehmen eingeplant. Die ebenfalls zur Entlastung beschlossene Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe wird allerdings teurer als gedacht.
Für 2024 und 2025 wird in der Ampelkoalition jeweils mit Kosten von 3,25 Milliarden Euro gerechnet. Das geht aus einem Entwurf für das Haushaltsfinanzierungsgesetz hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Bei Vorstellung des Konzepts war in Regierungskreisen von 2,75 Milliarden Euro die Rede gewesen.
Mehr Mittel für BAföG und Freiwilligendienste
Für Studierende und Schüler sollen die BAföG-Mittel um zusätzliche 150 Millionen Euro erhöht werden. Zudem würden die haushalterischen Voraussetzungen für eine dringend notwendige BAföG-Strukturreform geschaffen, erklärte Grünen-Politiker Bruno Hönel. "Wir brauchen diese Reform, um eine höhere Zahl an armutsbedrohten Studierenden ins BAföG zu holen und die finanziellen Bedingungen für BAföG-Beziehende langfristig zu verbessern", erklärte Hönel.
Die geplanten Kürzungen bei den Freiwilligendiensten haben die Haushälter im Bundestag fast vollständig zurückgenommen. Sie stockten die Finanzierung für 2024 nach Informationen der dpa um 80 Millionen Euro auf. 53 Millionen davon entfallen auf den Bundesfreiwilligendienst.
Insgesamt soll der Etat von Familienministerin Lisa Paus um fast 230 Millionen Euro aufgestockt werden. Ihr Etat sei "zentral für unser demokratisches und gesellschaftliches Miteinander", sagte Grünen-Chefhaushälter Sven-Christian Kindler. Ehrenamtliches Engagement sei systemrelevant.
Der Haushalt soll am 1. Dezember vom Bundestag beschlossen werden.