G7-Gipfel in Elmau Drängende Fragen am zweiten Tag
Ukraine-Krieg im Fokus: Präsident Selenskyj hat die G7 um Luftabwehrsysteme gebeten. Maßnahmen gegen Moskau wie eine Ölpreisobergrenze gestalten sich derweil schwierig. Weiteres Thema: die Hungerkrise.
Krieg trifft auf Postkartenidyll: Aus Kiew, das wieder unter russischem Raketenbeschuss stand, wurde am Vormittag des zweiten G7-Tages der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in die bayerischen Berge zugeschaltet, wo die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industriestaaten zusammensitzen.
Selenskyj verlangte weitere Waffen - Gipfelgastgeber Olaf Scholz machte im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF aber keine Zusagen. Der Bundeskanzler verwies auf das, was Deutschland und die G7-Partner bereits liefern: Panzerhaubitzen, Raketenwerfer, ein System zur Luftraumverteidigung: "Wir sind ganz konkret dabei mit den modernsten Sachen, die ganz konkret helfen und hier auch nötig und hilfreich sind", so Scholz.
Nach US-Angaben wollen die G7-Staaten durch zusätzliche gezielte Sanktionen Russlands Zugang zu westlicher Technologie weiter einschränken. Das soll vor allem russische Rüstungsunternehmen treffen. Man bemühe sich, Einnahmen aus höheren Zöllen auf russische Exporte als Finanzhilfe für die Ukraine zu verwenden.
Debatte um Goldembargo
Mehrere Gipfelteilnehmer haben außerdem ein Einfuhrverbot für russisches Gold verlangt. Nach britischen Angaben hat Russland im vergangenen Jahr Gold im Wert von rund 14,6 Milliarden Euro ausgeführt - und zwar vor allem in die die G7-Staaten. Einen Beschluss zum Goldembargo werde es beim Gipfel aber noch nicht geben, sagte Scholz: "Das wird auch im Kreis der EU diskutiert werden müssen, deshalb ist das keine Sache, wo abschließend die G7 drüber entscheiden."
Noch schwieriger wird es mit dem US-Vorschlag, eine Preisobergrenze für russisches Öl einzuführen. Demnach könnte der Westen Versicherungen oder Schiffe für Öltransporte in die Käuferländer nur dann freigeben, wenn Russland den Preisdeckel einhält. "Man prüfe die Einzelheiten, heißt es zurückhaltend von Seiten der EU, die sich gerade erst mühsam auf ein Ölembargo verständigt hat.
Außerdem müssten große Abnehmer wie Indien oder Indonesien überzeugt werden. Deren Regierungs- und Staatschef sitzen heute in Elmau als Gäste mit am Tisch.
Mit ihnen will Scholz außerdem seinen Vorschlag eines Klimaklubs besprechen. Das Ziel: internationale Klimapolitik besser abstimmen. "Es geht darum, auf unterschiedlichen Wegen am gleichen Ziel anzukommen. Wenn einige Länder wie Deutschland mit einem CO2-Preis arbeiten und andere Länder andere Wege einschlagen, muss das Ziel trotzdem das gleiche sei", sagte er.
Sorge um Klimaschutz
Umweltschützer befürchten, dass die G7 angesichts hoher Energiepreise infolge des Ukraine-Krieges hinter frühere Entscheidungen zum Klimaschutz zurückfallen könnten. Konkret hinter den Beschluss vieler Staaten, ab dem kommenden Jahr kein Geld mehr in fossile Energieträger im Ausland zu stecken.
Martin Kaiser von Greenpeace sagt dazu: "Es wäre ein fatales Signal, wenn Olaf Scholz und die G7 jetzt die Beschlüsse von Glasgow bei der Klimakonferenz, die nicht mal ein halbes Jahr alt sind, kippen würden - nämlich die Zusage, nicht mehr in Kohlekraftwerke in Drittländern zu investieren."
Klimawandel und Ukraine-Krieg befeuern die weltweite Hungerkrise. Nach EU-Angaben stecken wegen der russischen Blockade 20 Millionen Tonnen Weizen in der Ukraine fest, auf die vor allem Afrika dringend angewiesen ist. Der Gipfel hofft auf Vermittlung der Vereinten Nationen, auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres ist per Video zugeschaltet. Die Präsidenten des Senegal und Südafrikas sind in Schloss Elmau dabei.
Millionen Menschen droht Hungertod
Vor allem am Horn von Afrika drohe Millionen Menschen der Hungertod, sagt Stephan Exo-Kreischer von der Entwicklungsorganisation One. Er fordert vom Gipfel konkrete Hilfszusagen: "Es müssen jetzt wirklich Taten folgen. Wenn die Kameras weg sind, dürfen diese Worte nicht vergessen werden, sondern es muss wirklich Geld auf den Tisch gelegt werden." Mit Russland müsse eine diplomatische Lösung gefunden werden: "Ansonsten kommen wir aus dieser Krise nicht heraus."
Der Gipfel der sieben wichtigen demokratischen Industriestaaten dauert noch bis morgen.