Akten und ein Stethoskop liegen auf einem Schreibtisch in einer Arztpraxis.

Trotz Fachkräftemangels Ausländische Ärzte in der Warteschleife

Stand: 14.08.2024 10:16 Uhr

1.400 Ärzte aus der Ukraine warten darauf, dass ihre Ausbildung in Deutschland vollständig anerkannt wird. Eigentlich sollte das nur Monate dauern, tatsächlich sind es oft Jahre - in einer Zeit, in der Ärzte dringend gesucht werden.

Von Jan Zimmermann, ARD Berlin

Taras Berezhanskyy kommt aus der Ukraine und arbeitet als Arzt in einer Klinik in Oberbayern. Etwa fünf Jahre musste er warten, bis er in vollem Umfang als Chirurg in Deutschland arbeiten durfte und seine Anerkennung, seine Approbation, erhielt - obwohl er in der Ukraine schon als Mediziner tätig war.

Emotional sei das sehr schwierig, so der 39-Jährige. "Du bist richtiger Arzt. Du hast große Erfahrung. Du weißt, Deutschland braucht viele Ärzte." Und trotzdem hing Berezhanskyy lange in der Warteschleife. Zwar bekam er eine eingeschränkte Berufserlaubnis, durfte aber bis zu seiner Anerkennung viele Aufgaben nicht übernehmen und schon gar nicht eine eigene Praxis eröffnen.

Verfahrensdauer von ein bis drei Jahren

Deutschlandweit sind Tausende ausländische Ärzte betroffen, berichtet die Vorsitzende der Ärztevertretung Marburger Bund, Susanne Johna. "Das ist ein Trauerspiel, muss man wirklich sagen. Wir haben in Deutschland einen Fachkräftemangel, wir haben einen Ärztemangel. Das Anerkennungsgesetz soll ja die Ausbildung und die Berufserfahrung aus dem Ausland anerkennen, wertschätzen. Leider passiert dann genau das Gegenteil, wenn die Verfahren ewig dauern."

Eigentlich sollte die Zulassung nur wenige Monate dauern. In der Realität sind es derzeit ein bis drei Jahre. "Das liegt daran, dass die 16 Bundesländer einzeln und auch noch unterschiedlich prüfen", so Johna. Zudem pochten die Länder auf jeweils unterschiedliche Voraussetzungen, die Verfahren seien zu bürokratisch und das Personal in den Behörden zu wenig.

Zentrale Organisation von Zulassungen gefordert

Expertinnen und Experten wie Susanne Johna fordern, die Zulassung auf Bundesebene zentral zu organisieren. Doch da ziehen die Länder nicht mit. Sie wollen, dass der Bund die Anerkennungsverfahren einfacher macht, mehr auf mündliche Wissensprüfungen setzt.

Bayern hatte vor der Sommerpause einen entsprechenden Antrag im Bundesrat gestellt, wie die Gesundheitsministerin des Freistaates, Judith Gerlach, erklärt. "Es geht im Konkreten darum, dass die persönliche Kenntnisprüfung vorrangig genutzt wird. Vorrangig zu dem, dass sehr lange und aufwendig Unterlagen überprüft werden müssen. Zum anderen geht es um Standardisierung und Digitalisierung. Es ist nicht einzusehen, warum ein digitaler Weg möglich ist, parallel dazu aber noch die Papierakte gefüllt werden muss."

Ärztevertreter sind aber skeptisch, ob sich allein dadurch die Anerkennung ausländischer Mediziner deutlich beschleunigen würde. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb auf der Plattform X, dass "an schnellerer Anerkennung ausländischer Ärzte und auch von Pflegekräften" gearbeitet werde. Was genau der SPD-Minister verändern will, ist noch nicht bekannt.

Ärzte bewerben sich in anderen Ländern

Der ukrainische Chirurg aus Oberbayern, Taras Berezhanskyy, berichtet, manche seiner Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine, die lange in der Warteschleife hängen, bewerben sich inzwischen in anderen Ländern. "Diese Ärzte suchen dann einen Platz in der ganzen Welt. Die ganze Welt ist offen für ausländische Ärzte."

Auch er wäre beinahe nach Kanada gegangen, wenn es nicht kurz davor noch mit seiner Anerkennung in Deutschland geklappt hätte.