Bundesverfassungsgericht Karlsruhe verhandelt über Rechte leiblicher Väter
Eine Mutter trennt sich vom leiblichen Vater des gemeinsamen Kindes. Rechtlicher Vater wird ihr neuer Lebenspartner. Kann der leibliche Vater das anfechten? Darüber entscheidet nun das Bundesverfassungsgericht.
Das Bundesverfassungsgericht befasst sich heute mit der Verfassungsbeschwerde eines Mannes, der als rechtlicher Vater seines leiblichen Sohnes anerkannt werden will. Die Mutter des Kindes hatte sich kurz nach der Geburt von ihm getrennt. Sie hatte einen neuen Lebenspartner gefunden.
Unmittelbar nach der Trennung hatte der leibliche Vater noch die Möglichkeit, sich regelmäßig um seinen Sohn zu kümmern. Doch wenig später verweigerte die Mutter ihm den Umgang.
Gemeinsam mit seiner Ex-Partnerin hatte er beim Standesamt der zuständigen Gemeinde einen Termin für die Anerkennung seiner rechtlichen Vaterschaft vereinbart. Doch die Mutter erschien nicht zum Termin und ließ zwei weitere verstreichen. Stattdessen übernahm der neue Lebenspartner - mit Zustimmung der Mutter - die rechtliche Vaterschaft für das Kind.
Kein Sorgerecht ohne rechtliche Vaterschaft
Der leibliche Vater versuchte dies vor den zuständigen Familiengerichten anzufechten. Er möchte auch der rechtliche Vater sein. Nur der leibliche Vater zu sein, das reiche ihm nicht. "Es ist mein Kind. Ich möchte für mein Kind sorgen", sagt der Vater, der nicht namentlich genannt werden möchte. "Das nicht zu dürfen, ist sehr hart. Die Angst, das Kind komplett zu verlieren, ist da." Die rechtlichen Mittel, die man zur Verfügung habe, seien sehr begrenzt.
Tatsächlich ist es so, dass ein Vater nur im Fall der rechtlichen Vaterschaft gewichtige Mitspracherechte hat, wenn es um Belange des Kindes geht. So ist ein gemeinsames Sorgerecht ohne rechtliche Vaterschaft von vorneherein ausgeschlossen. Umso wichtiger sei es für ihn, auch als rechtlicher Vater anerkannt zu werden, so der Kläger.
"Als leiblicher Vater hat man ein sehr eingeschränktes Umgangsrecht", betont der Mann. "Und das kann man nur erweitern, wenn man auch die rechtliche Vaterschaft innehat."
Kein Anfechtungsrecht bei "sozial-familiärer Beziehung"
Die Familienrichter des Oberlandesgerichts Naumburg in Sachsen-Anhalt wiesen seinen Anfechtungsantrag in zweiter Instanz allerdings ab. Sie sprachen stattdessen dem neuen Lebenspartner per Beschluss die rechtliche Vaterschaft zu. Dabei verwiesen sie auf die einschlägige Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch, Paragraf 1600 BGB. Danach ist es nur in engen Grenzen möglich, eine bestehende rechtliche Vaterschaft anzufechten.
Ein leiblicher Vater hat kein Anfechtungsrecht, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine "sozial-familiäre Beziehung" entstanden ist, wenn sich also zwischen beiden eine engere Bindung entwickelt hat. Eine solche Beziehung sei zwischen dem Kind und dem neuen Lebenspartner entstanden, stellte das Oberlandesgericht Naumburg fest.
Vater sieht sein Grundrecht verletzt
Dagegen legte der leibliche Vater Verfassungsbeschwerde ein. Er meint, dass er durch die gesetzliche Regelung in seinem Grundrecht als Vater verletzt wird. Er möchte mit seiner Klage erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber zwingt, die Vorschrift zu seinen Gunsten zu ändern. Stützen kann er sich dabei auf eine Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer. Dessen Familien- und Verfassungsexperten kommen zum Schluss, dass die Verfassungsbeschwerde begründet ist. Sie verweisen unter anderem darauf, dass der Kläger von Anfang an alles getan habe, um die rechtliche Vaterschaft zu erlangen.
Aus der Verhandlungsgliederung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich, dass sich der zuständige Erste Senat ausführlich mit dem Bindungsverhalten von Kindern beschäftigen wird. Während der mündlichen Verhandlung werden auch Familienexperten zu Wort kommen. Mit einem Urteil ist frühestens in einigen Monaten zu rechnen.
Aktenzeichen: 1 BvR 2017/21