E-Roller Unfallursache Alkohol
E-Scooter sind ein beliebtes, weil schnell verfügbares Transportmittel in Großstädten. Doch die Unfallzahlen steigen. Auch, weil oft Alkohol im Spiel ist.
Am Wochenende nach der Party in der Innenstadt: Der letzte Bus ist schon weg, die Straßen- oder S-Bahn fährt nicht mehr. Da bieten sich E-Roller an, die an jeder Ecke stehen. Schnell ist die App geöffnet, der Scooter freigeschaltet - und los gehts. Ganz oft trotz Alkohol im Blut.
Die Verkehrsunfallzahlen mit E-Roller-Beteiligung haben sich seit 2020 fast verfünffacht. Wurden 2020 noch 92 Verkehrsunfälle gezählt, so waren es 2022 insgesamt 442 Verkehrsunfälle (2021: 282). In 69,7 Prozent der Fälle wurden die Fahrerinnen und Fahrer als Unfallverursachende festgestellt. Die falsche Straßenbenutzung und der Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln waren die Hauptunfallursachen.
Ein Polizeibeamter hält bei einer Polizeikontrolle einen E-Scooter-Fahrer auf dem Platz vor der Alten Oper in Frankfurt/Main (Hessen) an.
Wer betrunken rollert, riskiert den Führerschein
Spontane Trunkenheitsfahrten mit einem scheinbar harmlosen Gefährt können gravierende Folgen haben. Das zeigen nicht nur die aktuellen Zahlen, sondern beispielhaft auch die Geschichte eines jungen Mannes, über den kürzlich der SWR berichtet hatte. Bei einer Polizeikontrolle waren bei ihm 1,9 Promille Alkohol festgestellt wurden. Die Folgen: Fahrverbot, Führerscheinentzug, Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), regelmäßige Alkohol- und Drogentests sowie Gesamtkosten in Höhe von etwa 8000 Euro.
Bei solchen Konsequenzen wird manchem erst klar, dass bei E-Rollern dieselben Grenzwerte gelten wie beim Autofahren. E-Scooter gelten als Kraftfahrzeuge und werden wie Autos behandelt. Das bedeutet: Bei einer Fahrt mit 0,5 Promille oder mehr begeht der Fahrer eine Ordnungswidrigkeit.
Die Autobahn ist tabu, der Gehweg auch
"Das ist ein Kraftfahrzeug", erinnerte auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) bei der Vorstellung der Statistik für Baden-Württemberg. Und tatsächlich haben die Roller eine amtliche Zulassung. Auch wenn sie schnell verfügbar überall in den Städten herumstehen, sind sie kein Spielzeug. Das Tempo liegt schnell bei bis zu 20 km/h, was für Ungeübte schon eine Herausforderung sein kann.
Für die Fahrt auf der Autobahn reicht es allerdings aufgrund der dort geltenden Mindestgeschwindigkeit nicht. Hier gelten für E-Scooter dieselben Regeln wie für Fahrräder. Das mussten zwei Männer in Rheinland-Pfalz lernen, die kürzlich auf der Autobahn unterwegs waren, dazu noch zu zweit auf einem Roller. Nach ihrer gefährlichen Fahrt auf der A62 bei Kaiserslautern und einer Polizeikontrolle droht ihnen eine Anzeige. Das Fahren auf Schnellstraßen ist mit E-Rollern ebenso verboten wie die Nutzung von Gehwegen.
Ältere verunglücken mit E-Bikes
Die Daten zeigen: Vor allem elektrisch betriebene oder unterstützte Zweiräder unterschiedlicher Art verunglücken überdurchschnittlich oft. Das betrifft neben den beliebten Leih-Scootern vor allem auch E-Bikes. Die Unfallopfer bei E-Rollern sind überdurchschnittlich jung.
Bei Pedelecs dagegen sind es eher Ältere. Beide Fahrzeugarten sollen einen Beitrag zur Verkehrswende leisten, doch beim Statistischen Bundesamt steht "auch das Unfallrisiko im Fokus, da selbst bei hohen Geschwindigkeiten kein Helm oder andere Schutzkleidung getragen werden muss". Zwar ist der Anteil der schweren Unfälle mit Pedelecs und E-Scootern den Zahlen von 2021 zufolge insgesamt gering, doch der Anstieg der Zahl ist sprunghaft - und gerade Unfälle mit Pedelecs endeten häufiger tödlich als bei Fahrrädern ohne Motor, weil wohl oft die Geschwindigkeit oder das Gewicht des Rades unterschätzt wird.
Meistens sind sie auch unfallverursachend. Die Zahl der tödlich verunglückten Personen bei Unfällen mit Pedelecs war demnach doppelt so hoch wie bei herkömmlichen Fahrrädern, und das, obwohl es zehnmal mehr Fahrräder ohne als mit Motor in Deutschland gibt. Ende 2021 gab es bundesweit 8,5 Millionen Pedelecs. Allein in Baden-Württemberg gab es im vergangenen Jahr 3867 Unfälle mit Pedelecs, mit rund 800 Schwerverletzten und 50 Toten.
Fahrtrainings, Kontrollen und Aufklärung
Die baden-württembergische Landesregierung sieht sich zum Handeln gezwungen. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hält deshalb Fahrtrainings gerade für Ältere nötig - und fördert sie finanziell. Für E-Scooter soll es Informationskampagnen und mehr Aufklärung geben. Die Gewerkschaft der Polizei fordert darüber hinaus mehr Kontrollen.
Ob die elektrischen Gefährte zumindest das Versprechen der Umweltfreundlichkeit einlösen, wird weiterhin diskutiert. In Städten wie Dresden oder Berlin werden nur wenige Autofahrten durch E-Scooter ersetzt. Und selbst wenn sie Fahrten ersetzen, bleibt die Frage nach den Produktionsbedingungen - und die nach der Sicherheit im öffentlichen Raum. In Düsseldorf, Stuttgart und anderen Städten gibt es immer wieder Ärger über wild herumstehende E-Roller, die auch eine Gefahr für andere sind, etwa für sehbehinderte Menschen.