Patienten warten im Wartezimmer einer Arztpraxis

Umfrage zum Gesundheitssystem Viel Geld für wenig Zufriedenheit

Stand: 19.03.2025 11:00 Uhr

Steigende Beiträge, lange Wartezeiten auf einen Termin, Ärztemangel: 30 Prozent der Menschen sind laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse unzufrieden mit dem deutschen Gesundheitssystem.

Die Freude währt nur kurz - der nächste verfügbare Termin bei einem Berliner Hautarzt ist heute, allerdings nur für Privatversicherte oder Selbstzahler. Und so geht es weiter. Gesetzlich: August 2025, am Ende dann doch ein Termin im März, am anderen Ende der Stadt. So zieht es sich durch die Fachgebiete.

Es ist nur eine Momentaufnahme in einem Online-Terminportal, aber eine sehr frustrierende. Neurologen zumindest scheinen sehr gefragt zu sein - Termine ab Juni oder gar nicht. "Versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal", heißt es bei diversen Praxen, die den Dienst nutzen. Für Neupatienten steht er auch nicht offen. Und Berlin hat noch eine vergleichsweise hohe Ärztedichte. Im ländlichen Raum gibt es deutlich weniger Praxen.

Die Zufriedenheit sinkt

Das Problem ist nicht neu. Es gibt seit Jahren Versuche von Krankenkassen, kassenärztlichen Vereinigungen und den Gesetzgebern, eine Lösung zu finden.

Die Zufriedenheit der Patienten sinkt. Im "TK Meinungspuls 2025" der Techniker Krankenkasse sind 62 Prozent der Befragten mit den Wartezeiten auf Facharzttermine unzufrieden. 2017 waren es in der repräsentativen Umfrage 50 Prozent.

Vermutlich ist der Terminmangel auch der Grund, dass insgesamt weniger Menschen mit dem Angebot an Facharztpraxen zufrieden sind. 38 Prozent der Befragten sind damit weniger zufrieden oder unzufrieden, 2017 waren es noch 27 Prozent. In kleineren Orten ist diese Zahl noch einmal höher, weil dort noch weniger Fachärzte zur Verfügung stehen.

Die Hausärzte kommen da deutlich besser weg. Sie sind leichter erreichbar, so die Befragten. Doch jeder Fünfte ist mit dem Angebot an Praxen ebenfalls nicht zufrieden.

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Ein System-Problem

Da wundert es nicht, dass auch das deutsche Gesundheitssystem schlecht wegkommt. Fast jeder dritte Befragte ist damit aktuell nicht zufrieden. Vor vier Jahren waren es zehn Prozent. "Das ist eine Trendwende", sagt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK). In den vergangenen Befragungen sei die Zufriedenheit kontinuierlich gewachsen.

Eine Überraschung ist es für Baas nicht. "Viele haben gerade das Gefühl, dass dieses System, für das sie immer mehr zahlen, immer schlechter funktioniert." Dass die Kosten weiter steigen, davon gehen fast alle aus. Nur sechs Prozent der Befragten hoffen, dass es nicht so kommt.

Doch der Meinungspuls gibt auch Grund zur Hoffnung. Die gute Nachricht: Die Menschen sind bereit für Digitalisierung und für Reformen im Gesundheitssystem. Jeder Fünfte sieht umfassenden Bedarf, 73 Prozent befürworten stellenweise Reformen.

Die TK sieht die Politik jetzt endlich in der Pflicht, Reformen anzugehen und die Kostenexplosion zu stoppen. "Wir brauchen sowohl Sofortmaßnahmen wie auch langfristige Ansätze", sagt Jens Baas. Die Krankenkassenreform müsse umgesetzt werden, die Digitalisierung vorangetrieben werden und die Beitragsspirale gestoppt werden.

Priorität für die Gesundheit

Auch der Poltikwissenschaftler Wolfgang Schroeder fordert, dass das Gesundheitssystem mit hoher Priorität behandelt werden muss: "Es ist eine tragende Säule des Sozialstaates und enorm wichtig für das Vertrauen in die Demokratie."

Doch nicht nur der Staat ist gefordert. "Wir sind weit davon entfernt, dass jeder Patient und jede Patientin sofort an der richtigen Stelle behandelt wird", sagt Baas. Eine digitale Ersteinschätzung des Problems könne seiner Ansicht nach Abhilfe schaffen und eine schnellere und zielgenaue Versorgung garantieren.

Vielleicht könnte das auch Praxen, Notaufnahmen und den Rettungsdienst entlasten. Denn wer von Anfang an an der richtigen Stelle behandelt wird, irrt nicht durch alle Facharztpraxen oder landet auf der Suche nach Hilfe in der Notaufnahme, um endlich einen Termin zu bekommen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SR info am 05. Dezember 2024 um 17:00 Uhr.