Bertelsmann-Studie Kita-Personal ist überdurchschnittlich oft krank
30 Tage fehlen Kita-Beschäftigte im Schnitt pro Jahr, Tendenz steigend. Die psychische Belastung nimmt zu - auch, weil das wenige vorhandene Personal die Ausfälle ausgleichen muss. Experten fordern eine gesetzliche Regelung für Vertretungskräfte.
Mitarbeitende in Kindergärten sind häufiger krank als in anderen Berufsgruppen. Zu diesem Schluss kommt die Bertelsmann-Stiftung in einer aktuellen Studie.
Beschäftigte in der Kinderbetreuung seien im Jahr 2023 im Durchschnitt knapp 30 Tage arbeitsunfähig gewesen, erklärten die Stiftung und das Fachkräfte-Forum, in dem Fach- und Leitungskräfte der Branche organisiert sind. Der Durchschnitt aller Berufsgruppen liege bei 20 Tagen. Am häufigsten seien Kita-Beschäftigte wegen Atemwegsinfektionen krankheitsbedingt ausgefallen. Auf Platz zwei folgten psychische Erkrankungen, die im Kita-Bereich in den letzten Jahren stark und überdurchschnittlich angestiegen seien.
Zwischen 2021 und 2023 seien die Arbeitsunfähigkeitstage des Kita-Personals um rund 26 Prozent stark gestiegen. Zusammen mit Urlaubszeiten und Fortbildungen lagen die Ausfallzeiten in den Kitas den Berechnungen zufolge im Jahr 2023 im bundesweiten Durchschnitt insgesamt bei knapp 18 Prozent der jährlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft.
In Ostdeutschland hätten die Ausfallzeiten rund 23 Prozent des regulären Arbeitspensums ausgemacht, im Westen seien es rund 17 Prozent gewesen.
Forderung nach politisch geregelter Entlastung
Die Bertelsmann Stiftung und das Fachkräfte-Forum forderten eine deutliche Entlastung der pädagogischen Fachkräfte. Die Politik müsse das Problem gezielt angehen, um eine gute frühkindliche Bildung sicherzustellen, heißt es in dem Positionspapier. Darin wirken Erziehende, Leitungskräfte und Fachberatende aus allen Bundesländern mit.
"Viele Kitas stecken in einem Teufelskreis", erklärte Anette Stein, Expertin der Stiftung für frühkindliche Bildung. "Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt", so Stein. An gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung sei vielerorts gar nicht mehr zu denken.
Für die Vertretung brauche es qualifiziertes Personal, dessen Finanzierung gesetzlich geregelt werden müsse, so die Forderung. Bislang gebe es lediglich in wenigen Bundesländern konkrete Regelungen für eine verlässliche Vertretung. Im Rahmen der Verhandlungen über die Fortsetzung des Kita-Qualitätsgesetzes sollten sich Bund und Länder auf einen gemeinsamen Standard einigen, der Vertretungen für Ausfallzeiten garantiere, mahnte die Stiftung.
97.000 Vertretungskräfte zusätzlich notwendig
Um die Ausfallzeiten, die durch Krankheit, Urlaub und Fortbildungen anfallen, aufzufangen, bräuchte es laut Stiftung knapp 97.000 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte für Vertretungen zusätzlich - davon 25.000 in Ost- und 72.000 in Westdeutschland. Dies würde zusätzliche Personalkosten von rund 5,8 Milliarden Euro pro Jahr verursachen. Dadurch ließe sich die Personalsituation in den Kitas zumindest kurzfristig stabilisieren.
Das Fachkräfte-Forum nennt die Personalsituation in den Kitas bundesweit ohnehin dramatisch. Es fehle vielerorts an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern sowie an einer angemessenen Finanzierung qualifizierter Vertretungskräfte. Die hohen Krankenstände müssten durch die Teams ausgeglichen werden, die Fachkräfte könnten sich nicht mehr fortbilden und seien psychisch immer stärker belastet oder verließen das Berufsfeld gleich ganz.
Im Osten gibt es laut Stiftung und Fachkräfte-Forum aufgrund zurückgehender Kinderzahlen die Chance, frei werdende Fachkräfte für Vertretungen zu nutzen. Dafür müssten die Länder jedoch die gesetzlichen Grundlagen für die Weiterbeschäftigung schaffen. Unzureichend ausgebildete Mitarbeitende dürften nicht auf die Personalbemessung angerechnet werden. Es komme darauf an, die pädagogische Qualifizierung von Quereinsteigerinnen und -einsteigern berufsbegleitend voranzutreiben.
Grundlage für die Analyse sind Krankenkassendaten. Hierzu hatte die Bertelsmann Stiftung Zahlen der DAK und der Techniker Krankenkasse ausgewertet.