Arbeitsverbot für Frauen bei NGOs Schulze will Afghanistan-Hilfe aussetzen
Entwicklungsministerin Schulze will die internationale Hilfe für Afghanistan vorerst stoppen. Grund ist das Arbeitsverbot für Frauen bei Nichtregierungsorganisationen. Die UN fordern, das Verbot umgehend aufzuheben.
Nachdem die Taliban in Afghanistan ein Beschäftigungsverbot für Frauen bei Nichtregierungsorganisationen erlassen haben, will Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) die Hilfe für das Land überprüfen. Sie sprach sich zunächst für ein Aussetzen aus. Auch mehrere Hilfsorganisationen kündigten bereits an, sie könnten ihre Arbeit so nicht weiterführen.
Mit dem Verbot hätten die Taliban "einen unverantwortlichen Schlag gegen die Hilfe für das afghanische Volk getan", erklärte Schulze. "Ohne weibliche Beschäftigte können Organisationen ihre Arbeit in vielen Bereichen für die Hälfte der Bevölkerung nicht fortführen." Damit sei eine völlig neue Situation entstanden.
Sie sei deshalb dafür, die gegenwärtige Unterstützung, die Deutschland mit anderen leiste, zunächst zu suspendieren, hieß es in der Erklärung weiter. Das Bundesentwicklungsministerium werde kurzfristig gemeinsam mit der Weltbank zu einem Treffen der Beteiligten des Afghanistan Reconstruction Trust Fund einladen, um zu beraten, ob und gegebenenfalls wie die Unterstützungsarbeit für die Menschen in Afghanistan fortgeführt werden könne.
Hilfsorganisationen stellen Arbeit ein
Einige Hilfsorganisationen erklärten, ihre Arbeit in Afghanistan vorerst einstellen zu wollen, darunter das Internationale Rettungskomitee (IRC). Die Organisation teilte mit, sie sei auf all ihren Ebenen "auf weibliche Angestellte angewiesen". "Wenn es uns nicht erlaubt ist, Frauen zu beschäftigen, können wir den Bedürftigen nicht helfen."
Auch die Organisation Aktion gegen den Hunger teilte mit, die Arbeit in Afghanistan größtenteils auszusetzen. Einzig die "lebenswichtigen medizinischen Maßnahmen für Kinder, die an akuter Unterernährung leiden", würden fortgesetzt. Die Organisation betonte, dass die Hilfsprojekte vor allem auf Kinder unter fünf Jahren und Frauen im gebärfähigen Alter abzielten. Die Entscheidung der Taliban sei ein "Hindernis für die Fortsetzung unserer Aktivitäten".
NGOs: Lebensrettende Hilfen unmöglich
Die Hilfsorganisationen Care, Save The Children und die Norwegische Flüchtlingshilfe hatten zuvor in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt, sie könnten Notleidende in Afghanistan nicht ohne die Hilfe ihrer Mitarbeiterinnen erreichen. Die Anweisung der Taliban werde nicht nur lebensrettende Hilfen für Tausende Menschen unmöglich machen, sondern auch Arbeitsplätze in einer Gesellschaft in einer großen wirtschaftliche Krise gefährden. Die Hilfsorganisationen kündigten an, ihre Programme vorläufig zu stoppen, bis Klarheit über die Forderungen bestehe.
UN: Verbot umgehend zurücknehmen
Die Vereinten Nationen forderten die Taliban-Regierung auf, das Arbeitsverbot für Frauen umgehend wieder zurückzunehmen. Der derzeit ranghöchste UN-Vertreter in Kabul, Ramiz Alakbarov, habe sich wegen der international scharf kritisierten Neuregelung mit dem Taliban-Wirtschaftsminister Kari Din Mohammed Hanif getroffen, teilte die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan mit. "Millionen Afghanen sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen und es ist lebensnotwendig, dass Hürden abgebaut werden", hieß es in einem Tweet.
Die radikal-islamischen Taliban hatten das Beschäftigungsverbot am Samstag mit Verweis auf "ernsthafte Beschwerden" über das Nichttragen des Hidschabs im Zusammenhang mit für NGOs tätige Frauen bekannt gegeben. Organisationen, die das Verbot nicht einhalten, drohe der Entzug ihrer Zulassung.