Taliban in Afghanistan Arbeitsverbot für Frauen bei NGOs
Die radikal-islamischen Taliban in Afghanistan schränken die Rechte von Frauen weiter ein. Alle Hilfsorganisationen wurden angewiesen, ihren Mitarbeiterinnen zu verbieten, zur Arbeit zu kommen.
Seit ihrer erneuten Machtübernahme im August 2021 drängen die radikal-islamischen Taliban Frauen aus dem öffentlichen Leben. Erst jüngst hatten sie Studentinnen Hochschulverbot erteilt. Nun wies das Wirtschaftsministerium alle Hilfsorganisationen im Land an, ihren weiblichen Mitarbeiterinnen zu untersagen, zur Arbeit zu kommen. Das gelte für alle in- und ausländische Nichtregierungsorganisationen.
Die weiblichen Angestellten dürften bis auf Weiteres nicht arbeiten, weil sich einige von ihnen nicht an die Auslegung der islamischen Kleiderordnung für Frauen gehalten hätten, sagte ein Sprecher. Wer sich daran nicht halte, dem werde die Lizenz entzogen.
Ob die Anordnung auch für Organisationen der Vereinten Nationen gilt, die in Afghanistan stark vertreten sind, blieb offen. Der Sprecher sagte, die Anordnung gelte für die Organisationen, die unter der afghanischen Koordinationsbehörde Acbar arbeiteten. Das umfasst rund 180 örtliche und internationale NGOs, nicht aber die UN. Allerdings vergeben die Vereinten Nationen Aufgaben oft an in Afghanistan registrierte Organisationen. Hilfsanbieter erklärten, weibliche Mitarbeitende seien oft auch deshalb wichtig, damit Frauen den Zugang zu Hilfe bekämen.
Blinken "zutiefst besorgt"
US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich am Samstagabend auf Twitter "zutiefst besorgt". Dieses Verbot für Frauen werde die Versorgung mit humanitärer Hilfe in Afghanistan durcheinanderbringen. "Frauen spielen bei humanitären Hilfsaktionen weltweit eine zentrale Rolle", so Blinken. Eine solche Entscheidung könnte verheerende Folgen für die Menschen in Afghanistan haben.
Die Europäische Union verurteile das jüngste Verbot der Taliban aufs Schärfste, twitterte EU-Kommissionssprecherin Nabila Massrali in der Nacht zum Sonntag. Es handle sich um einen "klaren Bruch humanitärer Grundsätze". Die EU bewerte derzeit den Einfluss, den das Verbot auf seine Hilfe für Afghanistan haben werde.
Protest gegen Uni-Verbot
Unterdessen reißt der Protest im Land gegen das Uni-Verbot für Frauen nicht ab. Sicherheitskräfte trieben Demonstrierende mit einem Wasserwerfer auseinander. Etwa zwei Dutzend Frauen seien in Herat im Westen des Landes zum Sitz des Gouverneurs gezogen und hätten gerufen: "Bildung ist unser Recht", berichteten Augenzeugen laut Nachrichtenagentur AP. Demnach beteiligten sich etwa 100 bis 150 Frauen. Gouverneurssprecher Hamidullah Mutawakil bezifferte die Zahl der Demonstrantinnen auf vier oder fünf. Den Einsatz von Gewalt und Wasserwerfer erwähnte er nicht.
In der Hauptstadt Kabul zeigten die Taliban erhöhte Militärpräsenz. Auch dort hatten am Donnerstag Dutzende Frauen gegen das Universitätsverbot demonstriert. Berichten zufolge wird seitdem mindestens eine der Frauen vermisst.
Die Entscheidung, Frauen von Universitäten und Mädchen von weiterführenden Schulen auszuschließen, hatte international scharfe Kritik hervorgerufen. "Dieses Verbot ist weder islamisch noch menschlich", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Die G7-Außenminister hatten am Donnerstag die Taliban aufgefordert, das Verbot aufzuheben. Zur G7 gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Japan und die USA. Die EU hat einen Beobachterstatus.
Nach ihrer Machtübernahme im August 2021 war Frauen der Hochschulbesuch unter strengen Auflagen zunächst noch erlaubt. Vorlesungen fanden mit Geschlechtertrennung weiter statt. Die radikal-islamischen Taliban hatten bei ihrer erneuten Machtübernahme zunächst angekündigt, weniger frauenfeindlich vorgehen zu wollen als während ihrer ersten Herrschaft von 1996 bis 2001. Das entpuppte sich inzwischen als Illusion.