Das Atomkraftwerk Neckarwestheim am Ufer des Neckar.

Ausschuss im Bundestag Mehr als 500 Zeugen zum Atomausstieg

Stand: 10.10.2024 06:46 Uhr

Ein Untersuchungsausschuss soll klären, ob der Atomausstieg wirklich ergebnisoffen geprüft wurde. Dazu hat die Union bislang mehr als 500 Zeugen benannt. Eine umstrittene Taktik.

Von Jannik Pentz und Hans-Joachim Vieweger, ARD-Hauptstadtstudio

Schon zum Auftakt ist die Zeugenliste gut gefüllt. Gleich fünf Personen sollen heute vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Bundestag aussagen. Die entscheidende Frage: Haben Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken 2022 ergebnisoffen geprüft? Oder haben sie Einwände in ihren Ministerien ignoriert und eine ideologische Entscheidung getroffen?

Um diesen Vorwurf zu klären, sollen zunächst mehrere Referenten aus dem Umweltministerium sowie eine Abteilungsleiterin des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung aussagen. Der Ausschuss folgt damit einem üblichen Verfahren: Zunächst werden einfache Mitarbeiter vorgeladen, später dann die Leitungsebene und die Minister.

Von Notz: Über Anzahl der Zeugen "sehr gewundert"

Trotzdem sorgen die Zeugenlisten schon jetzt für Diskussionen. Allein die Union hat bislang mehr als 500 Zeugen für den Ausschuss benannt. "Darüber haben wir uns sehr gewundert", sagt Konstantin von Notz (Grüne). CDU und CSU hätten schon jetzt zehnmal so viele Zeugen benannt, als sie tatsächlich laden und hören könnten. 

Das Problem: Der Untersuchungsausschuss muss noch in dieser Legislaturperiode beendet werden - also spätestens in knapp einem Jahr vor der nächsten Bundestagswahl. In der Praxis steht dem Gremium sogar noch deutlich weniger Zeit zur Verfügung. Durch die lange Sommerpause des Parlaments ist davon auszugehen, dass der Ausschuss schon im späten Frühjahr des kommenden Jahres zum größten Teil abgeschlossen sein muss.

Auch im Vergleich mit anderen Untersuchungsausschüssen sind derart viele Zeugen unüblich. So hat der Ausschuss zum Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan in zwölf Monaten rund 50 Personen befragt.

"Wir haben gesagt, dass das einfach zu viele Zeugen sind", sagt von Notz. Denn natürlich möchten die anderen Parteien auch noch ihre eigenen Zeugen benennen.

 

Union will "breiten Prozess"

Im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio verteidigt die Union ihr vorgehen: "Wir haben schon im Juli einen Antrag gestellt an die Ministerien, welche Personen da überhaupt beteiligt sind", sagt Andreas Lenz (CSU). "Dieser Antrag wurde aber abgelehnt".

Die Union wolle deshalb zunächst in einem "breiten Prozess" verantwortliche Personen sondieren. "Es ist schon klar, dass wir jetzt nicht hunderte Personen in den Ausschuss vorladen werden, sondern uns dann auch die raussuchen, die am erwartungsvollsten sind", sagt Lenz. Er gehe davon aus, dass letztendlich etwa 50 Zeugen aussagen können.

Dass sich die Zeugenlisten des Ausschusses ändern, scheint ohnehin sicher. Denn obwohl bislang 511 Personen benannt wurden (510 davon von der Union), sind die Minister Habeck und Lemke noch nicht aufgeführt. Darüber hinaus scheint sicher, dass auch Bundeskanzler Scholz noch vor das Gremium zitiert wird.